Leitsatz (amtlich)
1. Eine wirksame Beschlussfassung nach § 23 Abs. 3 WEG setzt eine unmissverständliche Initiative zur schriftlichen Universalentscheidung voraus, die einer bloßen Aufforderung zu einer "Meinungsabgabe" nicht hinreichend deutlich zu entnehmen ist.
2. Die Zustimmungserklärung im schriftlichen Beschlussverfahren gem. § 23 Abs. 3 WEG ist widerruflich, bis der Beschlussinitiator das Zustandekommen des Beschlusses festgestellt und eine an alle Wohnungseigentümer gerichtete Mitteilung über das Beschlussergebnis veranlasst hat.
Normenkette
WEG § 23 Abs. 3
Verfahrensgang
LG Lüneburg (Beschluss vom 10.04.2006; Aktenzeichen 5 T 13/06) |
AG Celle (Aktenzeichen 1-II 37/05 WEG) |
Tenor
Die weitere sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens der weiteren sofortigen Beschwerde hat die Antragsgegnerin zu tragen, die auch die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Antragsteller im weiteren Beschwerdeverfahren zu erstatten hat.
Wert für das Verfahren der weiteren sofortigen Beschwerde: 3.000 EUR.
Gründe
Die weitere sofortige Beschwerde ist gem. den §§ 45 Abs. 1 WEG, 27, 29 FGG statthaft und zulässig, insb. form- und fristgerecht eingelegt worden (§§ 29 Abs. 1 und 4, 22 Abs. 1 FGG). In der Sache hat die weitere sofortige Beschwerde jedoch keinen Erfolg. Gemäß § 27 Abs. 1 FGG wäre die weitere sofortige Beschwerde nur begründet, wenn das Beschwerdegericht eine Rechtsnorm nicht oder nicht richtig angewendet hat und dessen Entscheidung gerade auf einer derartigen Verletzung des Rechts i.S.v. §§ 27 Abs. 1 S. 1 und 2 FGG, 546 ZPO n.F. beruht. Bei der Überprüfung der angefochtenen Entscheidung vermag der Senat jedoch keine Rechtsfehler festzustellen. Der Senat nimmt zwecks Vermeidung von Wiederholungen zunächst Bezug auf die zutreffenden Gründe des Kammerbeschlusses vom 10.4.2006 sowie den Beschluss des AG vom 24.1.2006 mit gleichem Ergebnis. Im Einzelnen ist im Hinblick auf die Begründung der weiteren sofortigen Beschwerde der Antragsgegnerin ergänzend auszuführen:
1. Die weitere sofortige Beschwerde ist schon deshalb unbegründet, weil die Vorinstanzen mit Recht angenommen haben, dass die Antragsgegnerin im Rahmen ihrer Beschlussinitiative mit Schreiben vom 27.4.2005 (Bl. 10 d.A.) nicht ausreichend deutlich klargestellt hat, dass eine verbindliche Stimmabgabe über eine Zustimmung zur Baumaßnahme des Weiteren Beteiligten S. getroffen werden sollte.
Denn eine Beschlussfassung nach § 23 Abs. 3 WEG setzt zunächst eine unmissverständliche Initiative zur schriftlichen Universalentscheidung voraus, damit für jeden Wohnungseigentümer erkennbar ist, dass eine verbindliche Entscheidung und nicht lediglich eine unverbindliche Meinungsäußerung herbeigeführt werden soll (Bärmann/Pick/Merle, WEG, 9. Aufl., § 23 Rz. 96; soweit ersichtlich einhellige Meinung). Diese Voraussetzung hat die Antragsgegnerin nicht erfüllt.
Denn in der Wohnungseigentümerversammlung vom 8.4.2005 zu Ziff. 4 des Protokolls (Bl. 9 d.A.) wurde der Antrag des Weiteren Beteiligten S. zur Loggienverkleidung nach ausführlicher Diskussion von den Versammlungsteilnehmern abgelehnt und die Verwaltung lediglich beauftragt, von allen Eigentümern, insb. den an der Versammlung nicht teilnehmenden (so wörtlich:) "eine Meinungsabgabe" einzuholen. Die Einholung einer Meinungsabgabe umschreibt aber allenfalls das Ziel, den Meinungsstand innerhalb der Eigentümerversammlung festzustellen und lässt nicht ausreichend erkennen, dass damit bereits ein verbindliches Abstimmungsverfahren i.S.v. § 23 Abs. 3 WEG beabsichtigt war.
Dies lässt auch das Begleitschreiben der Antragsgegnerin vom 27.4.2005 an die Wohnungseigentümer, wovon beispielsweise das an die Antragsteller gerichtete Schreiben zu den Akten gereicht worden ist (Bl. 10 d.A.), nicht erkennen. Im letzten Absatz dieses Schreibens wird vielmehr auf die kontroverse und ggü. dem Begehren des Weiteren Beteiligten S. in der Versammlung vom 8.4.2005 ablehnende Haltung der Versammlungsteilnehmer Bezug genommen und lediglich ausgeführt, dass alle Miteigentümer von diesem Begehren informiert würden und sie gebeten würden, ihr Votum bis zum 15.4.2005 der Antragsgegnerin zur Kenntnis zu geben. Auch das lässt allenfalls erkennen, dass eine Meinungsumfrage beabsichtigt war. Die Bedeutung der Initiative der Antragsgegnerin als verbindliche Stimmrechtsabgabe im Rahmen eines schriftlichen Beschlussverfahrens wird nicht ausreichend deutlich. Die Verwendung des Ausdrucks "Votum" ändert hieran nichts. Der Begriff des "Votums" mag unter Juristen als Stimmrechtsabgabe im Rahmen der Entscheidungsfindung vor allem in einem Kollegialgericht gebräuchlich und bekannt sein. Unter juristischen Laien ist er es nicht ohne Weiteres.
Auch der mit dem Schreiben der Antragsgegnerin vom 27.4.2005 überreichte Stimmzettel (beispielhaft für die Antragsteller überreicht zu Bl. 12 d.A.) ändert an dieser Beurteilung nichts. Die Überschrift über diesem Stimmzettel lautet zwar "Abstimmung im schriftlichen Verfahren". Dass es sich da...