Leitsatz (amtlich)
Der Gerichtsstand der unerlaubten Handlung bei Ansprüchen aus Amtspflichtverletzung nach § 839 BGB ist (auch) dort gegeben, wo in das geschützte Rechtsgut (Vermögen) des Klägers eingegriffen wird. Das ist regelmäßig der Wohnsitz des Klägers.
Normenkette
ZPO § 32; BGB § 839
Verfahrensgang
LG Hannover (Aktenzeichen 2 O 380/09) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers wird der angefochtene Beschluss des LG Hannover aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats an das LG zurückgegeben.
Gründe
I. Der Antragsteller begehrt vom Antragsgegner (gemeint ist ersichtlich das Land Nordrhein-Westfalen, vertreten durch den Innenminister; insoweit dürfte das Rubrum zu berichtigen sein) Schadensersatz infolge der Sicherstellung/Beschlagnahme seines Fahrzeuges (VW-Bus T4) im Rahmen eines gegen Andere geführten Ermittlungsverfahrens der Staatsanwaltschaft Bielefeld bzw. der Polizei (Landrat als Kreispolizeibehörde G.) am 20.11.2005. Er begehrt Ersatz der seit dem 2.12.2005 bis zur Rückführung des Fahrzeugs vergeblich von ihm aufgewandten Versicherungsbeiträge, Kfz-Steuern und Nutzungsausfall i.H.v. insgesamt 5.900,64 EUR (Berechnung Bl. 4, 5) und hält den Antragsgegner für ersatzpflichtig, weil er sein Fahrzeug trotz mehrfacher Nachfragen bei der örtlichen Polizei und schließlich bei der später offenbar zuständigen Staatsanwaltschaft in Hannover erst am 21.4.2006 habe zurückerhalten können. Hintergrund war wohl, dass in dem vom Antragsteller zunächst in Hannover zur Reparatur gegebenen Fahrzeug mittlerweile ein aus einer Straftat stammender Motor eingebaut worden war.
Der Antragsgegner ist dem entgegen getreten und hat vorgetragen, die Sicherstellung des Fahrzeugs sei nach weiteren Ermittlungen schließlich an die Staatsanwaltschaft in Hannover abgeben worden. Es sei falsch, dass die Beschlagnahme des Fahrzeugs am 2.12.2005 bereits aufgehoben und der Antragsteller davon versehentlich nicht benachrichtigt worden sei. Insbesondere hält der Antragsgegner das angerufene LG in Hannover örtlich nicht für zuständig und beruft sich auf Verjährung.
Das LG hat die nachgesuchte Prozesskostenhilfe versagt, weil es sich nicht für örtlich zuständig erachtet. Dagegen richtet sich die sofortige Beschwerde des Antragstellers.
II. Die Beschwerde hat Erfolg. Das LG wird zunächst in der Sache über die Erfolgsaussichten der beabsichtigten Klage zu entscheiden haben.
1. Der Senat vermag der vom LG vertretenen Auffassung, dass keine örtliche Zuständigkeit bestehe, nicht zu folgen. Er hat bereits in der Entscheidung vom 25.2.2010 (DVBl. 2010, 532) im Einzelnen dargelegt, dass für den aus einer Amtspflichtverletzung hergeleiteten Schaden nach § 32 ZPO auch der Ort maßgeblich ist, an dem der Verletzungserfolg der behaupteten Amtspflichtverletzung eingetreten ist. Dies ist vorliegend jedenfalls auch der Wohnsitz des Antragstellers, denn an diesem Ort ist in das von § 839 BGB geschützte Vermögen des Antragstellers durch die streitige Sicherstellung seines Fahrzeugs eingegriffen worden.
Der Senat hat in der oben zitierten Entscheidung (16 U 55/09) Folgendes ausgeführt:
"Als Erfolgsort wird allgemein der Ort verstanden, wo die Verletzung des geschützten Rechtsguts eintritt (BGHZ 124, 237; BGHZ 132, 105). In Abgrenzung dazu soll dagegen der Ort des Schadenseintritts für die Bestimmung des Gerichtsstands nicht maßgebend sein. Auf § 839 BGB angewendet ist folglich darauf abzustellen, wo ein wesentliches Tatbestandsmerkmal der unerlaubten Handlung - hier der behaupteten Amtspflichtverletzung - verwirklicht wird. Im Sinne des soeben dargelegten Erfolgsortes der Amtspflichtverletzung kommt es damit darauf an, wo der mit der Pflichtverletzung verursachte Eingriff in das durch § 839 BGB geschützte Rechtsgut eingetreten ist. Diese Norm schützt allgemein das Vermögen des Geschädigten (und das auch hier in Rede stehende allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers durch das gegen ihn geführte Strafverfahren). Ist somit das Vermögen als solches - wie bei der Amtspflichtverletzung nach § 839 BGB - das geschützte Rechtsgut, so liegt auch dort (Erfolgsort der Pflichtverletzung) ein Gerichtsstand der unerlaubten Handlung nach § 32 ZPO. Dies entspricht auch der herrschenden Lehre, in der ausgeführt wird, dass bei reinen Vermögensschäden neben dem Handlungsort auch der Ort des Schadenseintritts als Begehungsort i.S.d. § 32 ZPO anzusehen ist (Roth in Stein/Jonas ZPO 2003, § 32 Rz. 30; Zöller/Vollkommer, ZPO, 28. Aufl., § 32 Rz. 16; MÜKO/Patzina, § 32 Rz. 20). So hat auch der BGH (BGHZ 132, 105, Rz. 15, zitiert nach juris) für den Fall des § 823 Abs. 2 i.V.m. § 263 StGB einen Gerichtsstand auch dort angenommen, wo in das geschützte Rechtsgut des Klägers (Vermögen) eingegriffen wurde. Für § 839 BGB kann nichts anderes gelten, weil auch dort das Vermögen geschütztes Rechtsgut ist, in das durch die (behauptete) Amtspflichtverletzung eingegriffen wird. Insoweit gehört der Eingriff in das Vermögen (oder das e...