Leitsatz (amtlich)
1. Für Amtshaftungsklagen ist das LG örtlich zuständig.
2. Soweit bei Ansprüchen aus § 826 BGB der Erfolgsort (auch) dort angenommen wird, wo der Schaden eingetreten ist, (BGH NJW 1995, 1295), vermag der Senat keinen entscheidenden Unterschied zu einer Haftung aus § 839 BGB zu sehen. In beiden Vorschriften ist das Vermögen geschützt und der eingriff darin (Erfolgsort) gehört hier wie da zum Tatbestand, denn auch der Verletzungserfolg einer Amtspflichtverletzung tritt erst dann ein, wenn sie auch zum Schaden führt.
Normenkette
GG Art. 34; BGB §§ 826, 839; ZPO § 32
Verfahrensgang
LG Hildesheim (Urteil vom 29.04.2009) |
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das am 29.4.2009 verkündete Urteil der 5. Zivilkammer des LG Hildesheim aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung - auch über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens - an das LG zurückverwiesen.
Der Streitwert für das Verfahren erster und zweiter Instanz wird auf bis zu 2 Millionen EUR festgesetzt, davon entfallen 1.952.000 EUR auf den Antrag zu 2 (80 % von 2,44 Mio. EUR).
Gründe
I. Der Kläger (seit 1978 als Insolvenzverwalter tätig) begehrt von dem beklagten Land (im Folgenden Beklagte) aus Amtspflichtverletzung Schadensersatz (Rechtsanwaltskosten), Feststellung der Ersatzpflicht für entgangenen Gewinn und ein angemessenes Schmerzensgeld wegen überlanger Verfahrensdauer des gegen ihn geführten Ermittlungs- und Strafverfahrens, das nach Einleitung der Ermittlungen im Jahr 2000 bis zu seinem rechtskräftigen Freispruch am 9.6.2008 andauerte.
Er ist der Ansicht, dass die Gesamtdauer des Verfahrens gegen ihn für den Zeitraum von gut 6 Jahren amtspflichtwidrig gewesen sei und für das Verfahren das LG Hildesheim örtlich zuständig sei.
Die Beklagte hat eine Amtspflichtverletzung bestritten und den geltend gemachten Schaden dem Grunde und der Höhe nach bestritten. Sie hat insb. auch die örtliche Zuständigkeit des LG in Abrede genommen, weil der Gerichtsstand nach § 32 ZPO nicht Hildesheim sei.
Das LG, auf dessen Entscheidungsgründe zur weiteren Darstellung des Sach- und Streitstandes Bezug genommen wird, hat die Klage als unzulässig abgewiesen, weil es den Gerichtsstand der unerlaubten Handlung nach § 32 ZPO nicht in seinem Bezirk für gegeben hält.
Dagegen richtet sich die Berufung des Klägers, der seine erstinstanzlichen Anträge weiterverfolgt und insb. den Gerichtstand in Hildesheim für gegeben erachtet.
Der Kläger beantragt,
1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 26.635,84 EUR nebst 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;
2. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihm den entgangenen Gewinn wegen seiner Nichtbestellung als (vorläufiger) Insolvenzverwalter aufgrund des gegen ihn schwebenden Strafverfahrens wegen des Verdachts der Vorteilsgewährung in der Zeit vom 9.3.2002 bis zum 9.6.2008 zu ersetzen;
3. die Beklagte zu verurteilen, an ihn ein Schmerzensgeld nach dem Ermessen des Gerichts zu zahlen;
4. die Sache gem. § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 ZPO an das Gericht des ersten Rechtszuges zu ihrer weiteren Verhandlung zurückzuverweisen und
5. über die Frage der örtlichen Zuständigkeit des Ausgangsgerichts gem. §§ 280, 303 ZPO im Wege des Zwischenurteils zu entscheiden.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angefochtene Urteil.
II. Die Berufung des Klägers hat dahin Erfolg, dass die Klage zum LG
Hildesheim zulässig ist, weil das LG gem. § 32 ZPO örtlich zuständig ist.
Gemäß § 538 Abs. 2 Nr. 3 ZPO ist die Sache an das LG zurückzuverweisen; der Kläger hat dies auch beantragt.
1. Der Senat vermag der vom LG (und der Beklagten) vertretenen Auffassung, die Klage sei mangels Zuständigkeit des angerufenen Gerichts nicht zulässig, nicht zu folgen.
Die örtliche Zuständigkeit des LG folgt hier aus der Anwendung des § 32 ZPO. Der besondere Gerichtsstand der unerlaubten Handlung ist (auch) in Hildesheim begründet, so dass die Klage schon nicht aus diesem Grund als unzulässig abgewiesen werden kann.
Der Gerichtsstand der unerlaubten Handlung gilt auch für die hier allein in Rede stehende Haftung der Beklagten aus Amtspflichtverletzung gem. § 839 BGB, Art. 34 GG, die der Kläger aus der umfassend dargestellten überlangen Verfahrensdauer des gegen ihn gerichteten Ermittlungs- und Strafverfahrens herleitet. Maßgebend ist nach § 32 ZPO der Begehungsort der unerlaubten Handlung, der nach einhelliger Meinung sowohl der Handlungs- als auch der Erfolgsort sein kann (vgl. nur BGHZ 132, 105). Jedenfalls unter dem Gesichtspunkt des Erfolgsortes ist die Zuständigkeit des LG Hildesheim im vorliegenden Fall gegeben. Als Erfolgsort wird allgemein der Ort verstanden, an dem die Verletzung des geschützten Rechtsguts eintritt (BGHZ 124, 237; BGHZ 132, 105). In Abgrenzung dazu soll dagegen der Ort des Schadenseintritts für die Bestimmung des Gerichtsstands nicht maßgebend sein. Auf § 839 BGB angewendet ist folglich darauf abzustellen, wo ein wesentliches Tatbestandsmerkmal der unerlaubten Handlung - hier der behaupteten ...