Entscheidungsstichwort (Thema)
Umgangshäufigkeit bei Fremdunterbringung eines Kleinstkindes
Leitsatz (amtlich)
Der begleitete Umgang von fremduntergebrachten Kindern mit deren Eltern hat sich an den individuellen Umständen des Einzelfalles unter Berücksichtigung der bei getrenntlebenden Eltern entwickelten Grundzüge zu orientieren. In der Regel genügt es wegen des kindlichen Zeitempfindens nicht, dass nur einmal monatlich Umgang zwischen einem Kleinstkind und seiner Mutter stattfindet.
Normenkette
BGB §§ 1666a, 1666
Verfahrensgang
AG Hannover (Entscheidung vom 13.04.2018; Aktenzeichen 607 F 4588/17) |
Tenor
Die Beschwerde der Kindesmutter gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Hannover vom 13. April 2018 wird mit folgender Berichtigung in Abs. 1 des Tenors, welcher künftig wie folgt lautet, zurückgewiesen:
Der Mutter wird die elterliche Sorge für Q. E., geboren am ... 2017, entzogen.
Gerichtskosten werden für das Beschwerdeverfahren nicht erhoben. Die außergerichtlichen Kosten trägt jeder Beteiligte selbst.
Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 3.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I. In dem Verfahren geht es um einen Sorgerechtsentzug betreffend die einjährige Tochter der Beschwerdeführerin. Die langjährig unter einer schizoaffektiven Störung leidende Kindesmutter war vor der Entbindung des Kindes wegen einer verstärkten psychotischen Symptomatik in der Medizinischen Hochschule H. geschlossen untergebracht worden (Beschluss des Amtsgerichts Hannover vom 26. April 2018, Az. 674 XVII E 1051). Für den notwendigen Kaiserschnitt musste die zwangsweise Behandlung der Mutter und Fixierung gerichtlich genehmigt werden (vgl. Beschluss des Amtsgerichts Hannover vom 4. Mai 2018, Az. 674 XVII E 1051). Die Tochter ist gleich nach der Geburt in Obhut genommen worden. Wegen der weiteren Einzelheiten zum Sachverhalt wird auf den angegriffenen amtsgerichtlichen Beschluss Bezug genommen.
Ergänzend ist anzumerken, dass der Kindesvater nach wie vor nicht bekannt ist. Die Kindesmutter lebt derzeit noch im Frauenhaus und gibt an, regelmäßig das Medikament Olanzapin einzunehmen. Ihr Betreuer bemüht sich darum, ihre Wohnsituation zu verbessern. Der Beschwerdeführerin ist nicht bekannt, in welcher Pflegefamilie ihre Tochter lebt, sie hat jedoch einmal monatlich begleitete Umgangskontakte, die vom Pflegekinderdienst organisiert werden. Die Kindesmutter wünscht sich häufigere Kontakte.
Auch im Beschwerdeverfahren ist der Kindesmutter, dem Verfahrensbeistand sowie dem Jugendamt Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden. Auf das Anhörungsprotokoll vom 27. September 2018 wird ergänzend verwiesen.
II. Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg und ist damit zurückzuweisen. Der Senat schließt sich den Erwägungen des Amtsgerichts vollumfänglich an, wonach derzeit allein der Entzug der elterlichen Sorge gemäß §§ 1666, 1666a BGB die notwendige Gewähr zur Abwendung einer Kindeswohlgefährdung bietet. Aufgrund ihrer psychischen Erkrankung ist die Kindesmutter unverschuldet nicht dazu in der Lage, hinreichend die Bedürfnisse des Kindes zu erkennen und auf diese zu reagieren. Ebenso wenig kann sie das noch besonders schutzbedürftige Kleinkind vor den allgemeinen Gefahren hinreichend bewahren.
1. Der Senat geht ebenso wie das Amtsgericht angesichts der Erkenntnisse aus dem Betreuungsverfahren beim Amtsgericht Hannover zum Az.: 674 XVII E 1051 von einer chronischen psychischen Erkrankung der Kindesmutter aus, die danach an einer gemischten schizoaffektiven Störung leidet. Sie steht seit mehreren Jahren unter Betreuung und wird medikamentös behandelt. Insbesondere in psychotischen Phasen waren immer wieder Unterbringungen in geschlossenen Einrichtungen notwendig. Die Kindesmutter ist auch aus ärztlicher Sicht unterstützungsbedürftig, und im Falle der fehlenden Medikamenteneinnahme drohen immer wieder neue Dekompensationen (vgl. Stellungnahme Dr. C. vom 11. Juli 2016, Az.: 674 XVII E 1051).
Die Kindesmutter verfügt nur über eine eingeschränkte Krankheitseinsicht, wie sich auch in der mündlichen Anhörung vor dem Senat erneut bestätigt hat. Obgleich die Kindesmutter in der Anhörung durchaus ruhig und einigermaßen stabil gewirkt hat, waren ihre psychischen Auffälligkeiten evident. So kreisten ihre Gedanken allein um ihre eigene aktuelle Situation, ohne dass sie Fragen zum Kind beantworten konnte. Zugleich fehlte ihr die Fähigkeit zur kritischen Reflexion und die geäußerten Zukunftspläne ließen jeglichen Realitätsbezug fehlen. Ihre aktuellen Probleme im Frauenhaus führte sie allein auf die dortigen Mitbewohnerinnen und das Fehlen von afrikanischen Bekannten zurück. Die Kindesmutter wünscht sich weiterhin, dass sie eine eigene Wohnung mit dem - nicht näher bekannten - Kindesvater sowie dem Kind beziehen kann. Ferner deutete der Vormund des Kindes an, dass die Mutter es in Erwägung gezogen habe, mit der Tochter zurück nach Afrika zu gehen.
Diese gesundheitliche Verfassung der Kindesmutter verhindert, dass sie mit dem Kind in eine kindgere...