Entscheidungsstichwort (Thema)
Wirkung der Prozesskostenhilfebewilligung für eine Stufenklage
Leitsatz (amtlich)
Hat das Gericht für die Geltendmachung von Unterhalt im Wege der Stufenklage Prozesskostenhilfe (PKH) bewilligt, so ist auch bei einem Vorbehalt, die Erfolgsaussichten des Zahlungsanspruches gesondert zu überprüfen, eine Versagung der PKH für die Leistungsstufe allein im Hinblick auf ein nunmehr angenommenes Fehlen der wirtschaftlichen Voraussetzungen ausgeschlossen; soweit nicht ausnahmsweise eine Aufhebung der Bewilligung nach § 124 ZPO eröffnet ist, ist etwa geänderten wirtschaftlichen Verhältnissen allein durch Anordnungen nach § 120 Abs. 4 ZPO Rechnung zu tragen.
Normenkette
ZPO §§ 115, 119, 120 Abs. 4
Verfahrensgang
AG Hannover (Beschluss vom 13.09.2010; Aktenzeichen 609 F 4229/09) |
Tenor
Auf die Beschwerde wird der Beschluss des AG - Familiengericht - Hannover vom 13.9.2010 geändert:
Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Klägerin erstreckt sich für die Leistungsstufe auf die mit Schriftsatz vom 24.6.2010 angekündigten Anträge mit der Maßgabe, dass ab Januar 2010 Kindesunterhalt lediglich i.H.v. 115 % des Mindestunterhaltes abzgl. des hälftigen Kindergeldes sowie ein monatlicher Trennungsunterhalt in Höhe 902 EUR geltend gemacht werden kann, insgesamt also auf einen Streitwert der Gebührenstufe bis 22.000 EUR.
Gründe
I. Die Klägerin ist die getrenntlebende Ehefrau des Beklagten; aus der Ehe sind die beiden Kinder L. und T. hervorgegangen, die in der Obhut der Klägerin leben. Im vorliegenden, am 31.8.2009 eingeleiteten Verfahren verfolgt die Klägerin im Wege einer Stufenklage eigene Trennungs- sowie (als Prozessstandschafterin) Kindes-Unterhaltsansprüche jeweils für die Zeit ab Juli 2009.
Das AG - welches das Verfahren bislang nach den seit dem 1.9.2009 geltenden Vorschriften behandelt - hat ihr mit Beschluss vom 18.10.2009 die nachgesuchte Prozesskostenhilfe (PKH) - als Verfahrenskostenhilfe (VKH) bezeichnet - unter Anwaltsbeiordnung bewilligt und dabei ausdrücklich klargestellt, dass sich die Bewilligung auf die Stufenklage insgesamt erstreckt und dem Vorbehalt unterliegt, den noch zu beziffernden Zahlungsantrag auf seine Erfolgsaussicht hin zu überprüfen.
Nach zwischenzeitlich erfolgter Auskunftserteilung durch den Beklagten hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 24.6.2010 ihre Anträge beziffert und - im Hinblick auf den ausdrücklichen Vorbehalt - um Zustellung erst nach "endgültiger Entscheidung" über die PKH gebeten. Nach (ergebnislos gebliebenem) Ablauf der dem Beklagten gesetzten und antragsgemäß verlängerten Stellungnahmefrist hat das AG mit Beschluss vom 13.9.2010 den "Antrag der Antragstellerin vom 24.6.2010 auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe und Beiordnung eines Rechtsanwalts ... zurückgewiesen" und zur Begründung ausgeführt, die Klägerin habe nicht glaubhaft gemacht, dass sie von ihrem getrenntlebenden Ehemann keinen "Verfahrenskostenvorschuss" erlangen könne.
Dagegen richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde der Klägerin, die - unter Hinweis auf die bereits für die Stufenklage insgesamt erfolgte Bewilligung und Beiordnung - weiter die Erstreckung auf die Zahlungsanträge begehrt und ergänzende Ausführungen zu der vom AG angenommenen Möglichkeit einer Inanspruchnahme des Beklagten auf einen Vorschuss macht.
Das AG hat der Beschwerde unter Bezugnahme auf die Begründung der angefochtenen Entscheidung nicht abgeholfen und lediglich hinzugefügt, erst aufgrund der Auskünfte sei nunmehr bekannt, dass dem Beklagten ein Nettoeinkommen von gut 2.700 EUR zur Verfügung stehe.
Der Einzelrichter hat die Sache dem Senat zur Entscheidung übertragen.
II. Die sofortige Beschwerde der Klägerin ist zulässig und hat den aus dem Tenor ersichtlichen Erfolg.
1. Das vorliegende Verfahren ist ausweislich des Eingangsstempels der Telefaxannahmestelle des AG [Bl. 1 d.A.] am 31.8.2009 - also vor Inkrafttreten des FGG-ReformG am 1.9.2009 - eingeleitet worden; mithin sind hier, da offenkundig auch keine der Sondervorschriften nach Art. 111 Abs. 3 bis 5 FGG-ReformG einschlägig sind, weiter die bis zu diesem Tage geltenden Vorschriften anzuwenden (vgl. Art. 111 Abs. 1 Satz 1 FGG-ReformG). Soweit das AG bislang fälschlich von der Anwendbarkeit der ab 1.9.2009 geltenden Vorschriften ausgeht, wirkt sich dies auf die im Beschwerdeverfahren maßgeblichen Rechtsfragen - schon aufgrund der Verweisung in § 113 Abs. 1 FamFG auf die Vorschriften der ZPO über die Prozesskostenhilfe - nicht entscheidend aus; das AG wird aber im weiteren Verfahren auf das tatsächlich maßgebliche Verfahrensrecht abzustellen haben.
2. Für eine - wie vom AG mit dem angefochtenen Beschluss ausgesprochene - "Versagung" der PKH besteht im Streitfall schon aus Rechtsgründen keine Möglichkeit.
Bei der Stufenklage werden mit dem Auskunftsantrag zugleich auch alle weiteren Stufenantrage rechtshängig (BGH, Urt. v. 8.2.1995 - XII ZR 24/94, FamRZ 1995, 797 ff.); zugleich bestimmt sich der Gegenstandswert der Stufenklage insge...