Verfahrensgang

AG Celle (Aktenzeichen 23a FH 20008/19)

 

Tenor

Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Unterhaltsfestsetzungsbeschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Celle vom 6. Dezember 2019 geändert. Der Unterhalt, den der Antragsgegner zum Ersten eines jeden Monats an das Land ..., vertreten durch den Landkreis ... - Unterhaltsvorschusskasse - für ... (geboren am ... 2008) zu zahlen hat, wird ab dem 1. September 2019 auf 100% des Mindestunterhalts der zweiten Altersstufe nach § 1612 a Abs. 1 BGB abzüglich des vollständigen Kindergeldes für ein erstes oder zweites Kind und ab dem 1. November 2020 auf 100% des Mindestunterhalts der zweiten Altersstufe nach § 1612 a Abs. 1 BGB abzüglich des vollständigen Kindergeldes für ein erstes oder zweites Kind festgesetzt. Soweit der Unterhaltszeitraum bis einschließlich August 2019 betroffen ist, wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Celle vom 6. Dezember 2019 aufgehoben.

Die Kostenentscheidung aus dem Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Celle vom 6. Dezember 2019 wird aufgehoben. Gerichtliche Kosten für das Beschwerdeverfahren werden nicht erhoben, die Entscheidung über die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens bleibt der Entscheidung im streitigen Verfahren vorbehalten.

 

Gründe

I. Der Antragsgegner wendet sich gegen einen im Verfahren zur vereinfachten Festsetzung des Kindesunterhalts ergangenen Beschluss, der ihn zur Zahlung von Kindesunterhalt seit Januar 2018 verpflichtet.

Der Antragsgegner ist der Vater der am ... 2008 geborenen ..., die bei ihrer Mutter lebt und jedenfalls seit Januar 2018 Leistungen der Unterhaltsvorschusskasse in Höhe von 100% des Mindestunterhalts abzüglich des vollständigen Kindergeldes erhält. Er lebt in ....

Mit Schreiben vom 9. Januar 2018 teilte das Land ... - Unterhaltsvorschusskasse - (im Folgenden Antragsteller) dem Antragsgegner die Leistung von Unterhaltsvorschuss mit, informierte ihn über den damit verbundenen Anspruchsübergang und forderte ihn auf, den Mindestunterhalt abzüglich vollen Kindergeldes an den Antragsteller zu zahlen. Dieses Schreiben sandte der Antragsteller nicht an den Antragsgegner, dessen Adresse ihm zu diesem Zeitpunkt nicht bekannt war, sondern stellte es ihm öffentlich gemäß § 1 des Niedersächsischen VwZG in Verbindung mit 10 VwZG zu.

Das Amtsgericht - Familiengericht - Celle hat den an den Antragsteller zu zahlenden Kindesunterhalt zunächst durch Beschluss vom 18. Juni 2019 antragsgemäß auf 100% des Mindestunterhaltes abzüglich des vollen Kindergeldes ab Januar 2018 festgesetzt. Dabei hatte es sowohl den Antrag als auch den Beschluss nicht dem Antragsgegner unter dessen tatsächlicher Anschrift zugestellt.

Mit Verfügung vom 20. August 2019 hat das Amtsgericht sodann die erneute Zustellung des Antrages an den Antragsgegner veranlasst, der mit Schriftsatz vom 28. Oktober 2019 den Antrag ab dem Monat September 2019 anerkannt, für den Zeitraum davor aber die fehlende Aufforderung zum Unterhalt und die fehlende Belehrung nach § 7 Abs. 2 UVG gerügt hat. Mit Schreiben vom 30. Oktober 2019 hat das Amtsgericht die Einwendungen dem Antragsteller zusammen mit dem Hinweis auf ein mögliches streitiges Verfahren mitgeteilt, gleichwohl aber den Unterhalt mit Beschluss vom 6. Dezember 2019 ebenso festgesetzt wie im Beschluss vom 18. Juni 2019.

Gegen diesen Beschluss wendet sich der Antragsgegner mit seiner auf den Unterhaltszeitraum bis einschließlich August 2019 beschränkten Beschwerde, mit der er weiterhin den fehlenden Zugang der Aufforderung zum Unterhalt rügt. Darüber hinaus beanstandet er die Kostenentscheidung.

Der Antragsgegner beantragt,

unter teilweiser Abänderung des angefochtenen Beschlusses den Antrag zurückzuweisen, soweit dem Antragsgegner aufgegeben worden ist, für den Zeitraum vom 1. Januar 2018 bis zum 31. August 2019 Zahlungen zu leisten.

Der Antragsteller beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

II. Die nach § 58 Abs. 1 statthafte Beschwerde ist nach § 256 FamFG zulässig. Der Antragsgegner rügt die unrichtige Festsetzung des Zeitpunktes, ab dem Unterhalt gezahlt werden soll. Seit Neufassung des § 252 FamFG durch Gesetz vom 20. November 2015 (BGBl. I, 2015 S. 2018) fällt diese Einwendung unter § 252 Abs. 2 bis 4 FamFG (vgl. Macco, in: Münchener Kommentar zum FamFG, 3. Aufl. 2018, § 252 Rz. 11). Darauf kann die Beschwerde gestützt werden, sofern die Einwendung bis zum Erlass des angefochtenen Beschlusses erhoben war (§ 256 Satz 2 FamFG). Das ist hier der Fall. Der Antragsgegner hat den Beginn der Zahlungspflicht mit Schriftsätzen vom 13. Oktober 2019 und vom 28. Oktober 2019, mithin vor Erlass des angefochtenen Beschlusses, gerügt. Auf den erlassenen Beschluss vom 18. Juni 2019 kommt es insofern nicht an, weil das Amtsgericht diesen (ohnehin unter Verletzung des rechtlichen Gehörs des Antragsgegners ergangenen) Beschluss selbst als nichtig behandelt hat. Der Grundsatz des fairen Verfahrens, nach dem der Richter das Verfahren widerspruchsfrei und so zu gestalten hat, ...

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