Entscheidungsstichwort (Thema)
Kosten bei Erfolg eines nur bestimmte, aber nicht wirksam beschränkbare Beschwerdepunkte angreifenden Rechtsmittels im Strafverfahren
Leitsatz (amtlich)
1. Die Regelung des § 473 Abs. 3 StPO ist auch dann anzuwenden, wenn eine wirksame Beschränkung auf einen bestimmten Beschwerdepunkt rechtlich nicht möglich ist, der Rechtsmittelführer aber von vornherein erklärt, dass er nur das beschränkte Ziel verfolgt, und dieses im Ergebnis auch erreicht.
2. Gibt der Rechtsmittelführer die Erklärung über das beschränkte Ziel erst nachträglich ab, so hat er diejenigen gerichtlichen und außergerichtlichen Auslagen zu tragen, die bei einer alsbald nach Rechtsmitteleinlegung abgegebenen Erklärung hierüber vermeidbar gewesen wären.
Normenkette
StPO §§ 302, 318, 464 Abs. 3 S. 1, § 467 Abs. 1, § 473 Abs. 1, 3-4
Verfahrensgang
LG Stade (Entscheidung vom 18.10.2018; Aktenzeichen 41 Ns 60/18) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft wird die Kosten- und Auslagenentscheidung des Urteils der 4. kleinen Strafkammer des Landgerichts Stade vom 18. Oktober 2018 dahin abgeändert, dass die Landeskasse die Kosten des Berufungsverfahrens und die dem Angeklagten insoweit entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen hat, jedoch mit Ausnahme derjenigen gerichtlichen und außergerichtlichen Auslagen, die bei einer innerhalb der Berufungsbegründungsfrist abgegebenen Erklärung des Angeklagten über das beschränkte Berufungsziel vermeidbar gewesen wären; diese trägt der Angeklagte.
Im Übrigen wird die sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft als unbegründet verworfen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens sowie die dem Angeklagten insoweit entstandenen notwendigen Auslagen fallen der Landeskasse zur Last.
Gründe
I.
Das Amtsgericht Geestland verurteilte den Angeklagten wegen fahrlässiger Gefährdung des Straßenverkehrs zu einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu je 10 Euro, entzog dem Angeklagten die Fahrerlaubnis und ordnete eine Sperrfrist für die Wiedererteilung der Fahrerlaubnis von zwölf Monaten an. Nach den Feststellungen des Amtsgerichts führte der Angeklagte am 12. Mai 2016 mit einer Blutalkoholkonzentration von mindestens 2,47 Promille ein Fahrzeug im öffentlichen Straßenverkehr, kam infolge der Alkoholisierung mit seinem Fahrzeug ins Schleudern und geriet auf die Gegenfahrbahn, wobei er nur knapp einen entgegenkommenden Pkw verfehlte.
Gegen das Urteil legte der Angeklagte ein unbestimmtes Rechtsmittel ein, welches mangels Konkretisierung und Begründung nach Ablauf der Revisionsbegründungsfrist als Berufung durchgeführt wurde. In der Berufungshauptverhandlung, zu der keine Zeugen oder Sachverständigen geladen waren, erklärte der Verteidiger für den Angeklagten, dass das Ziel der Berufung eine Verurteilung ohne Entziehung der Fahrerlaubnis unter Feststellung einer Blutalkoholkonzentration von nicht mehr als 0,85 Promille sei, um die von der Verurteilung ausgehende negative Indizwirkung für die Wiedererteilung der dem Angeklagten zwischenzeitlich in einem anderen Verfahren rechtskräftig entzogenen Fahrerlaubnis abzuschwächen.
Durch Urteil vom 18. Oktober 2018 hat die 4. kleine Strafkammer des Landgerichts Stade nach Feststellung einer Blutalkoholkonzentration von lediglich 0,85 Promille den Rechtsfolgenausspruch des angefochtenen Urteils dahingehend abgeändert, dass die Geldstrafe auf 30 Tagessätze reduziert und ein Fahrverbot für die Dauer von drei Monaten verhängt wurde. Die Kosten der Berufung und die insoweit entstandenen notwendigen Auslagen des Angeklagten hat das Landgericht der Landeskasse auferlegt mit der Begründung, dass der Angeklagte sein Berufungsziel, auf das eine rechtlich wirksame Beschränkung nicht möglich gewesen sei, erreicht und daher § 467 Abs. 1 StPO analog anzuwenden sei.
Gegen die Kosten- und Auslagenentscheidung wendet sich die Staatsanwaltschaft mit ihrer sofortigen Beschwerde. Sie vertritt die Auffassung, dass der Angeklagte die Kosten des Berufungsverfahrens einschließlich seiner eigenen Auslagen in voller Höhe zu tragen habe, weil er die Berufung unbeschränkt eingelegt und nur einen geringfügigen Teilerfolg erzielt habe.
II.
Die gemäß § 464 Abs. 3 Satz 1 StPO statthafte sowie form- und fristgerecht erhobene sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft hat nur zu einem geringen Teil Erfolg.
Hinsichtlich der Kosten des Verfahrens und der notwendigen Auslagen des Angeklagten im Berufungsrechtszug kommt entgegen der Auffassung des Landgerichts nicht § 467 Abs. 1 StPO analog zur Anwendung; die Kostenentscheidung ergibt sich vielmehr aus der sinngemäßen Anwendung von § 473 Abs. 1 und Abs. 3 StPO.
1. Ausgangspunkt für die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens und die dort dem Angeklagten entstandenen notwendigen Auslagen ist vorliegend § 473 Abs. 3 StPO. Danach sind die notwendigen Auslagen des Beschuldigten der Staatskasse aufzuerlegen, wenn dieser sein Rechtsmittel auf bestimmte Beschwerdepunkte beschränkt und das Rechtsmittel Erfolg hat. Dass er in diesem Fall auch nicht d...