Entscheidungsstichwort (Thema)
Zuständigkeit im Beschwerdeverfahren nach § 4 JVEG
Leitsatz (amtlich)
Bei gerichtlichen Entscheidungen des AG nach dem JVEG ist Beschwerdegericht i.S.d. § 4 Abs. 4 S. 2 JVEG auch dann das LG (nicht das OLG), wenn das AG als FamG entschieden hat.
Normenkette
JVEG § 4 Abs. 4 S. 2
Verfahrensgang
AG Hannover (Beschluss vom 01.02.2005; Aktenzeichen 607 F 5865/03) |
Tenor
Der Vorlagebeschluss des AG - FamG - Hannover v. 1.2.2005 wird teilweise geändert; das Verfahren wird dem hier zuständigen LG Hannover zur Entscheidung vorgelegt.
Gründe
I. Der Beschwerdeführer ist vom AG im vorliegenden Scheidungsverfahren mit am 16.7.2004 abgegangenem Schreiben für die Auslandszustellung der Antragsschrift, eines gerichtlichen Beschlusses sowie der Terminsladung als Übersetzer in die lettische Sprache beauftragt worden. Seine diesbezüglich eingereichte Rechnung hat der Kostenbeamte des AG - entsprechend der Stellungnahme des angehörten Vertreters der Landeskasse - aus mehreren Gründen um rund 135 Euro gekürzt.
Die dem Beschwerdeführer zu zahlende Vergütung ist anschließend auf seinen Antrag hin auch mit Beschluss v. 10.12.2004 richterlich nur in der gekürzten Höhe festgesetzt worden; zugleich hat das AG allerdings wegen grundsätzlicher Bedeutung die Beschwerde zugelassen.
Gegen den Festsetzungsbeschluss hat der Beschwerdeführer nunmehr Beschwerde erhoben ...
Das AG hat mit Beschluss v. 1.2.2005 der Beschwerde nicht abgeholfen und die Akten dem OLG Celle zur Entscheidung vorgelegt.
II. Der Vorlagebeschluss des AG war insofern zu ändern, als darin eine Vorlage an das OLG (Celle) ausgesprochen wird. Zuständig für das vorliegende Beschwerdeverfahren ist das LG (Hannover).
1. Zutreffend ist das AG davon ausgegangen, dass im Streitfall für die Vergütung des Übersetzers und das anzuwendende Verfahrensrecht das JVEG maßgeblich ist, da die Beauftragung des Übersetzers nach dem 1.7.2004 erfolgt ist (§ 25 JVEG).
2. Die gerichtliche Festsetzung von Vergütungen nach dem JVEG sowie die insofern eröffneten Rechtsbehelfe sind in § 4 JVEG gesondert geregelt. Nach § 4 Abs. 4 S. 2 JVEG ist Beschwerdegericht "das nächsthöhere Gericht".
"Nächsthöheres Gericht" in diesem Sinne ist jedoch bei Entscheidungen des AG - auch wenn es als FamG entscheidet - nicht das OLG, sondern das LG (Zöller/Gummer, GVG § 119 Rz. 8 a.E.; Meyer/Höver/Bach, Die Vergütung und Entschädigung von Sachverständigen, Zeugen, Dritten und ehrenamtlichen Richtern nach dem JVEG, § 4 Rz. 4. 17 lit. a); anders - jedoch jeweils ohne nähere Begründung - (Hartmann, Kostengesetze, § 4 JVEG Rz. 26 unter Hinweis auf § 119 Abs. 1 Ziff. 1a GVG; Musielak, GVG, § 119 Rz. 16, allerdings ausdrücklich noch zu Beschwerden gem. § 16 ZSEG; Kissel/Mayer, GVG, 2005, § 119 Rz. 20 unter Berufung auf zwei ältere, zum ZSEG ergangene Entscheidungen; Rechtsprechung dazu ist bislang nicht ersichtlich).
Die Beschwerdezuständigkeit des LG ist insb. einer Gesamtbetrachtung der kürzlich erfolgten umfassenden Neugestaltung des Kostenrechts zu entnehmen.
Dabei hat der Gesetzgeber in der Vorschrift des § 66 Abs. 3 S. 2 GKG n.F., die ebenso wie § 4 Abs. 4 S. 2 JVEG auf dem KostRMoG beruht, bereits hinreichend deutlich gemacht, dass das dem AG "nächsthöhere Gericht" (im Sinne des KostRModG) nicht das OLG ist (sondern das LG), indem er dort anordnet "Beschwerdegericht ist das nächsthöhere Gericht, in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten der in § 119 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 und 3 des GVG bezeichneten Art jedoch das OLG."
Weiter heißt es in der Begründung des Gesetzentwurfes zum Kostenrechtsmodernisierungsgesetz (KostRMoG, BT-Drucks. 15/1971, 179; abgedruckt auch bei Otto/Klüsener/May, Das neue Kostenrecht, 260 f.) zu § 4 Abs. 4 JVEG: "... im Übrigen ist dieser Absatz an § 66 Abs. 3 GKG-E angepasst, so dass auf die Begründung hierzu verwiesen werden kann. Allerdings fehlt eine Bestimmung, nach der in bürgerlichen Rechtstreitigkeiten der in § 119 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 und 3 GVG bezeichneten Art das OLG auch dann als Beschwerdegericht entscheiden soll, wenn das AG die angefochtene Entscheidung erlassen hat. Für den Bereich des JVEG besteht - anders als für den Bereich des GKG - kein Bedürfnis für eine solche Ausnahmeregelung, da die im Bereich des JVEG zu treffenden Beschwerdeentscheidungen jedenfalls nicht in gleichem Maße besondere Kenntnisse auf dem Gebiet des Familienrechts voraussetzen, wie dies im Bereich des GKG - insb. in Zusammenhang mit der Wertfestsetzung - anzunehmen ist".
Gegen dieses - sowohl dem Wortlaut als auch dem gesetzgeberischen Willen eindeutig zu entnehmende - Verständnis sind auch den bereits genannten, Gegenteiliges wiedergebenden Kommentarstellen keinerlei inhaltliche Gründe zu entnehmen. Angesichts der ausdrücklichen spezialgesetzlichen Regelung zur Beschwerdezuständigkeit ist schließlich auch für einen "Rückgriff" auf § 119 Abs. 1 Nr. 1 lit. a) GKG kein Raum.
Fundstellen
FamRZ 2006, 141 |
NJW-RR 2005, 660 |
MDR 2005, 707 |
DS 2005, 391 |
OLGR-Nord 2005, 252 |
www.judicialis.de 2005 |