Leitsatz (amtlich)
Das LG hat als nächst höheres Gericht i.S.v. § 4 Abs. 4 S. 2 JVEG über Beschwerden hinsichtlich Kosten für Sachverständige zu entscheiden, sofern die Beauftragung nach dem 1.7.2004 erfolgte.
Normenkette
JVEG §§ 4, 25; GVG § 119
Verfahrensgang
AG Lampertheim (Beschluss vom 12.01.2006; Aktenzeichen 2 F 628/04 UG) |
Tenor
Der Vorlagebeschluss des AG - FamG - Lampertheim vom 26.1.2006 wird teilweise geändert; das Verfahren wird dem hier zuständigen LG Darmstadt zur Entscheidung vorgelegt.
Gründe
In dem vorliegenden Verfahren wurde die Beschwerdeführerin als Sachverständige beauftragt, ein Gutachten zu erstatten. Ihre diesbezügliche Rechnung vom 2.12.2005 wurde durch das AG - FamG - nach Anhörung der Bezirksrevisorin beim LG durch richterlichen Beschl. v. 12.1.2006 in einer um 1.360 EUR gekürzten Höhe festgesetzt.
Gegen den Festsetzungsbeschluss hat die Beschwerdeführerin Beschwerde erhoben.
Durch Beschluss des AG Lampertheim vom 26.1.2006 wurde der Beschwerde nicht abgeholfen. Die Akten wurden dem OLG Frankfurt zur Entscheidung vorgelegt.
Der Vorlagebeschluss des AG Lampertheim war insoweit abzuändern, als darin eine Vorlage an das OLG Frankfurt ausgesprochen wird. Für das vorliegende Beschwerdeverfahren ist das LG Darmstadt zuständig.
Da die Beauftragung der Sachverständigen nach dem 1.7.2004 erfolgt ist, ist für die Vergütung der Sachverständigen nicht mehr das Gesetz über die Entschädigung von Zeugen und Sachverständigen (ZSEG) sondern vielmehr das JVEG maßgeblich (§ 25 JVEG). Nach § 4 Abs. 4 S. 2 JVEG entscheidet über Beschwerden gegen die gerichtliche Festsetzung von Vergütungen nach dem JVEG "das nächsthöhere Gericht". Vorliegend ist das nächsthöhere Gericht nicht das OLG, sondern das LG.
Die Frage, welches das nächsthöhere Gericht ist, wird in der Kommentierung und in der Rechtsprechung - soweit vorhanden - unterschiedlich beantwortet. Baumbach/Albers geht unter Bezugnahme auf Entscheidungen des BGH, welche vor dem In-Kraft-Treten des JVEG ergangen sind, davon aus, dass nach der maßgeblichen formellen Anknüpfung immer dann das übergeordnete OLG zuständig ist, wenn das AG als FamG entschieden hat. (Baumbach/Albers, 64. Aufl., § 119 GVG Rz. 2). Dem folgen Zöller/Gummer und Hartmann, jedoch auch wieder unter Bezugnahme auf Rechtsprechung, die vor dem In-Kraft-Treten des JVEG ergangen sind (Zöller/Gummer, ZPO, GVG, 25. Aufl., § 119 Rz. 8; Hartmann, Kostengesetze; 34. Aufl., § 4 JVEG Rz. 26). Demgegenüber hat das OLG Celle vom 10.2.2005 entschieden, dass das nächsthöhere Gericht i.S.v. § 4 Abs. 4 S. 2 JVEG das LG ist (OLG Celle v. 10.2.2005 - 10 WF 48/05, OLGReport Celle 2005, 252 = MDR 2005, 707 = NJW-RR 2005, 660). Weitere Rechtsprechung ist zu dieser Frage - soweit ersichtlich - bislang nicht ergangen.
Der Senat folgt der Entscheidung des OLG Celle.
Angesichts der umfassenden Neugestaltung des gesamten Kostenrechts im Jahre 2004 kann diesbezüglich auf ältere Rechtsprechung auch nur eingeschränkt Bezug genommen werden. Entscheidend ist die Intention des Gesetzgebers, welche zuverlässig der amtlichen Begründung des Gesetzentwurfs zum Kostenrechtsmodernisierungsgesetz, abgedruckt in BT-Drucks. 15/1971, 1 ff. entnommen werden kann.
In der Begründung zum Gesetzentwurf zu § 4 Abs. 4 JVEG wird zunächst Bezug genommen auf die Begründung zur Änderung von § 66 Abs. 3 GKG. Dort ist ausgeführt, dass "unabhängig vom Instanzenzug der Hauptsache als Beschwerdegericht grundsätzlich das allgemein dem erkennenden Gericht übergeordnete Gericht anzusehen ist. In Verfahren vor den ordentlichen Gerichten ist hinsichtlich des AG ohne Rücksicht auf den Instanzenzug der Hauptsache grundsätzlich das LG als Beschwerdegericht anzusehen. Da das Beschwerdegericht sich ausschließlich mit kostenrechtlichen Fragen zu befassen hat, erscheint eine Anbindung an den Instanzenzug der Hauptsache nicht zwingend geboten". Lediglich in den Fällen, "in denen das OLG nach § 119 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 und 3 GVG für die Entscheidung über Rechtsmittel gegen Entscheidungen der AG zuständig ist, soll wegen des häufig engen Sachzusammenhangs zwischen Hauptsache und der Kostenproblematik auch über die Beschwerde nach Abs. 2 das OLG entscheiden". (BT-Drucks. 15/1971, 157). In der Begründung zu § 4 JVEG heißt es dann weiter: "Allerdings fehlt eine Bestimmung, nach der in bürgerlichen Rechtstreitigkeiten der in § 119 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 und 3 GVG bezeichneten Art das OLG auch dann als Beschwerdegericht entscheiden soll, wenn das AG die angefochtene Entscheidung erlassen hat. Für den Bereich des JVEG besteht - anders als für den Bereich des GKG - kein Bedürfnis für eine solche Ausnahmeregelung, da die den Bereich des JVEG zu treffenden Beschwerdeentscheidungen jedenfalls nicht in gleichem Maße besondere Kenntnisse auf dem Gebiet des Familienrechts voraussetzen, wie dies im Bereich des GKG - insb. im Zusammenhang mit der Wertfestsetzung - anzunehmen ist" (BT-Drucks. 15/1971, 180). Angesichts dieses eindeutigen Wortlautes ist damit "als nächsthöheres Gericht" ...