Entscheidungsstichwort (Thema)

Zuständigkeit für Beschwerde nach § 4 Abs. 3 JVEG

 

Leitsatz (amtlich)

Unzuständigkeit des OLG für die Beschwerde nach § 4 Abs. 3 JVEG gegen die Vergütungsfestsetzung durch Beschluss eines AG (Familiengericht).

 

Normenkette

JVEG § 4 Abs. 3-4

 

Verfahrensgang

AG Ahrensburg (Verfügung vom 28.02.2011; Aktenzeichen 28 F 690/09)

 

Tenor

Die Vorlageverfügung des AG - Familiengericht - Ahrensburg vom 28.2.2011 wird abgeändert.

Das Beschwerdeverfahren gegen den Beschluss des AG - Familiengericht - Ahrensburg vom 9.2.2011 wird dem zuständigen LG Lübeck zur Entscheidung vorgelegt.

 

Gründe

I. Mit Beschluss vom 9.2.2011 hat das AG - Familiengericht - Ahrensburg die Vergütung der Sachverständigen S. gem. § 4 Abs. 1 Satz 1 JVEG auf einen Betrag i.H.v. 3.000 EUR festgesetzt. Gegen die am 15.2.2011 zugestellte Entscheidung hat die Sachverständige mit Schreiben vom 24.2.2011 Beschwerde eingelegt. Das AG hat der Beschwerde mit Beschluss vom 28.2.2011 nicht abgeholfen und dem OLG Schleswig das Verfahren zur Entscheidung über die Beschwerde der Sachverständigen vorgelegt.

II. Für die Entscheidung über die nach § 4 Abs. 3 JVEG zulässige Beschwerde ist nicht das Schleswig-Holsteinische OLG, sondern gem. § 4 Abs. 4 Satz 2 JVEG das LG Lübeck zuständig. § 4 Abs. 4 Satz 2 JVEG sieht vor, dass Beschwerdegericht das "nächsthöhere Gericht" ist. Das nächsthöhere Gericht ist nicht das im Instanzenzug in der Hauptsache zuständige Schleswig-Holsteinische OLG, sondern das LG Lübeck, das für das AG Ahrensburg nach der Organisation der ordentlichen Gerichtsbarkeit für den Bezirk zuständiges LG ist.

Diese Auslegung ergibt sich aus einem Vergleich der Formulierung der Beschwerdezuständigkeiten in dem RVG, der KostO und dem GKG a.F.

In § 33 Abs. 4 Satz 2 RVG heißt es ausdrücklich: "Das Beschwerdegericht ist das nächsthöhere Gericht, in Zivilsachen der in § 119 Abs. 1 Nr. 1 des Gerichtsverfassungsgesetzes bezeichneten Art jedoch das OLG." In § 14 Abs. 4 KostO heißt es: "Beschwerdegericht ist das nächsthöhere Gericht; in Verfahren der nach § 119 Abs. 1 Nr. 1b des Gerichtsverfassungsgesetzes bezeichneten Art jedoch das OLG." Auch die Vorschrift des § 66 Abs. 3 Satz 2 GKG in der bis zum 31.8.2009 geltenden Fassung sah folgendes vor: "Beschwerdegericht ist das nächsthöhere Gericht, in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten der in § 119 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 und 3 des Gerichtsverfassungsgesetzes bezeichneten Art jedoch das OLG."

Hieraus ergibt sich, dass mit dem Begriff "nächsthöheres Gericht" allgemein das dem erkennenden Gericht organisatorisch übergeordnete Gericht zu verstehen ist unabhängig vom Instanzenzug in der Hauptsache. Denn anderenfalls hätte es nicht der Ausnahmeregelung für die Verfahren nach § 119 Abs. 1 Nr. 1 GVG bedurft, die für diese Verfahren eine Beschwerdezuständigkeit des OLG vorsieht.

Diese Auslegung wird auch durch die Gesetzesmaterialien zum Kostenrechtsmodernisierungsgesetz gestützt. Die BT-Drucks. 15/1971 vom 11.11.2003 sieht in der Begründung zu § 4 JVEG folgendes vor (S. 180): "Allerdings fehlt eine Bestimmung, nach der in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten der in § 119 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 und 3 GVG bezeichneten Art das OLG auch dann als Beschwerdegericht entscheiden soll, wenn das AG die angefochtene Entscheidung erlassen hat. Für den Bereich des JVEG besteht - anders als für den Bereich des GKG - kein Bedürfnis für eine solche Ausnahmeregelung, da die im Bereich des JVEG zu treffenden Beschwerdeentscheidungen jedenfalls nicht im gleichen Maß besondere Kenntnisse auf dem Gebiet des Familienrechts voraussetzen, wie dies für den Bereich des GKG - insbesondere im Zusammenhang mit der Wertfestsetzung - anzunehmen ist."

Mit der vorstehenden Auslegung des Begriffs "nächsthöheres Gericht" folgt der Senat der einhelligen obergerichtlichen Rechtsprechung (OLG München, Beschluss vom 6.7.2010 -11 WF 636/10, MDR 2010, 1484; KG, Beschluss vom 23.8.2007 -19 WF 194/07, JurBüro 2008, 378; OLG Frankfurt, Beschluss vom 17.7.2007 -1 WF 154/07, OLGReport Frankfurt 2008, 194; OLG Brandenburg, Beschl. v. 25.6.2005 - 9 WF 119/05, MDR 2006, 227; OLG Celle, Beschl. v. 10.2.2005 - 10 WF 48/05, FamRZ 2006, 141; s. auch Zöller/Lückemann, ZPO, 28. Aufl., § 119 GVG Rz. 8; anderer Auffassung Hartmann, Kostengesetze, 39. Aufl., § 4 JVEG Rz. 26).

 

Fundstellen

Dokument-Index HI2667405

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