Verfahrensgang

LG Hannover (Entscheidung vom 24.09.2022; Aktenzeichen 6 O 96/20)

 

Tenor

1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung des Klägers gegen das am 24. September 2020 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 6. Zivilkammer des Landgerichts Hannover durch Beschluss nach § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO zurückzuweisen.

2. Den Parteien wird Gelegenheit zur Stellungnahme binnen 3 Wochen nach Zustellung dieses Beschlusses gegeben.

3. Der auf den 15. März 2021 bestimmte Termin zur mündlichen Verhandlung wird aufgehoben.

4. Der Senat beabsichtigt, den Streitwert für das erstinstanzliche Verfahren und das Berufungsverfahren auf jeweils bis 19.000,- EUR festzusetzen.

 

Gründe

I. Der Kläger begehrt mit seiner Klage die Rückabwicklung eines Lebensversicherungsvertrages nach Widerspruch.

Mit Antrag vom 8. Juni 2000 (Anlage BLD 1, Bl. 25 ff. d. A.) beantragte der Kläger den Abschluss einer fondsgebundenen Lebensversicherung mit Berufsunfähigkeitszusatzversicherung mit einem anfänglichen Monatsbeitrag in Höhe von 100,00 EUR und einer jährlichen Dynamik von 6 %. Versicherungsbeginn sollte der 1. August 2000, Versicherungsablauf der 31. Juli 2029 sein. Versicherte Leistung aus der Berufsunfähigkeitszusatzversicherung sollte Beitragsbefreiung sein. Bei Antragstellung erhielt der Kläger die Allgemeinen und Besonderen Versicherungsbedingungen (AVB) sowie eine Verbraucherinformation. Das Antragsformular enthält auf der vierten Seite unter anderem eine Belehrung über das Rücktrittsrecht, die der Kläger unterzeichnete.

Zum Zeitpunkt der Antragstellung am 8. Juni 2000 galt ein Höchstrechnungszins in Höhe von 4,00 %. Zum 1. Juli 2000 wurde der Höchstrechnungszins durch das Bundesministerium der Finanzen durch Verordnung auf 3,25 % herabgesetzt.

Die Beklagte policierte den Vertrag mit Versicherungsschein vom 17. Juli 2000. Mit dem Versicherungsschein erhielt der Kläger erneut Versicherungsbedingungen sowie eine Verbraucherinformation. Im Policenbegleitschreiben ist dazu Folgendes ausgeführt:

"Ihre Versicherung gehört zu einer am 01.07.2000 neu eingeführten Tarifgeneration. Diese berücksichtigt u. a. die Absenkung des Höchst-Rechnungszinses von 4,00 % auf 3,25 %, die - nach einer Verordnung des Bundesfinanzministeriums - ab diesem Zeitpunkt für alle Versicherungen mit Zinsgarantie wirksam wird. Bei Antragstellung wurde allerdings noch ein altes Antragsformular verwendet, so dass die Ihnen mit der Antragsdurchschrift ausgehändigten Versicherungsbedingungen sowie die zugehörige Verbraucherinformation nicht mehr dem aktuellen Stand entsprechen. Die für Ihren Vertrag maßgeblichen neuen Versicherungsbedingungen sowie die hieran angepasste neue Verbraucherinformation haben wir dem Versicherungsschein beigefügt."

Auf Seite 2 der Verbraucherinformation unter Nr. 7 sowie auf Seite 2 der Versicherungsbedingungen in § 4 findet sich jeweils eine Belehrung über ein Rücktritts- und Widerspruchsrecht. Wegen der Einzelheiten des Versicherungsscheins, des Policenbegleitschreibens, der Verbraucherinformation und der Versicherungsbedingungen wird auf die Anlagen K 1 bis K 4 Bezug genommen.

Während der Vertragslaufzeit widersprach der Kläger mehrfach - soweit ersichtlich: viermal - der Dynamik. Insgesamt zahlte er bis März 2020 Beiträge in Höhe von 18.157,76 EUR.

Mit Anwaltsschreiben vom 30. November 2017 erklärte der Kläger den Widerspruch bezüglich seiner Vertragserklärung. Die Beklagte trat dem mit Schreiben vom 18. Dezember 2017 entgegen.

Der Kläger hat gemeint, er sei wegen einer unzureichenden Belehrung über das Widerspruchsrecht nach wie vor zum Widerspruch befugt gewesen. Er hat einen Gesamtanspruch in Höhe von 32.950,83 EUR ermittelt; wegen der Berechnung wird auf die Ausführungen auf Seite 10-15 der Klageschrift (Blatt 6R ff. d. A.) Bezug genommen.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 32.950,83 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 18. Dezember 2017 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat gemeint, der Vertrag sei im Antragsmodell zustande gekommen, die Belehrung über das Rücktrittsrecht sei ausreichend. Ein etwaiges Widerspruchsrecht sei ohnehin verwirkt.

Hinsichtlich der Anspruchshöhe hat die Beklagte behauptet, ein Beitragsanteil von 1.461,16 EUR sei auf die Berufsunfähigkeitszusatzversicherung entfallen. Die Risikokosten der Hauptversicherung betrügen 1.785,01 EUR, die Abschlusskosten 1.052,76 EUR und die Verwaltungskosten 2.131,05 EUR. Die investierten Fonds hätten einen Gewinn in Höhe von 9.778,43 EUR generiert.

Das Landgericht hat mit Urteil vom 24. September 2020 (Bl. 64 ff. d. A.), auf das wegen der tatsächlichen Feststellungen und der Einzelheiten der Entscheidungsgründe Bezug genommen wird, die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, der Vertrag sei im Antragsmodell zustande gekommen, weil der Kläger die Versicherungsbedingungen und die Verbraucherinformation bei Antragstellung erhalten habe. Die Belehrung im...

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