Leitsatz (amtlich)
Maßgeblich für den Streitwert des selbständigen Beweisverfahrens ist nach der ständigen Rechtsprechung des Senats der ungekürzte Hauptsachestreitwert, der sich in der Regel entsprechend den objektivierbaren Angaben des Antragstellers aus der Antragsschrift ergibt. Die Ausrichtung an den objektivierbaren Kosten der Mangelbeseitigung dient dabei der Korrektur offensichtlicher Über- oder Unterbewertungen des zu Verfahrensbeginn vom Antragsteller geschätzten Betrages.
Verfahrensgang
LG Hannover (Beschluss vom 11.03.2004; Aktenzeichen 13 OH 123/01) |
Tenor
Auf die Beschwerde wird der Beschluss des LG vom 11.3.2004 unter Abänderung des Beschlusses vom 6.9.2001 geändert und der Gegenstandswert des selbständigen Beweisverfahrens auf 37.365 Euro festgesetzt.
Gründe
Die Beschwerde ist zulässig und hat in der Sache Erfolg.
1. Die Antragstellerin hat mit Schriftsatz vom 31.7.2003 beantragt, den Wert des selbständigen Beweisverfahrens abweichend von dem Beschluss des LG vom 6.9.2001, mit dem der Wert auf vorläufig 30.000 DM festgesetzt worden war, auf nunmehr 37.365 Euro festzusetzen, was dem vom Sachverständigen ermittelten Betrag der Mängelbeseitigungskosten und dem Streitwert des mittlerweile durchgeführten Hauptsacheprozesses entspricht. Dem ist das LG unter Hinweis auf die Rechtsprechung des OLG Celle (OLG Celle vom 15.9.1998 - 16 W 70/98, OLGReport Celle 1999, 199) nicht gefolgt. Dagegen richtet sich die Beschwerde der Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin.
2. Die Beschwerde ist begründet.
a) Zunächst ist der Antrag auf anderweitige Festsetzung des Gegenstandswertes des Beweisverfahrens nicht im Hinblick auf § 25 Abs. 2 S. 3 GKG verfristet, denn beendet im Sinne dieser Vorschrift ist das selbständige Beweisverfahren bei nachfolgendem Hauptsacheverfahren - wie hier - erst mit dessen Abschluss (vgl. nur Zöller, ZPO, 23. Aufl., § 492 Rz. 4 m.w.N.). Der Antrag ist mithin rechtzeitig gestellt worden, weil das Urteil des Senats im Hauptsacheprozess erst am 13.1.2004 verkündet worden ist.
b) Maßgeblich für den Streitwert des selbständigen Beweisverfahrens ist nach überwiegender Auffassung und der ständigen Rechtsprechung des Senats der ungekürzte Hauptsachestreitwert, der sich in der Regel entsprechend den objektivierbaren Angaben des Antragstellers aus der Antragsschrift ergibt. Entscheidend ist dabei regelmäßig das zu Verfahrensbeginn vorgetragene Hauptsacheinteresse, nicht dagegen das Ergebnis der Beweisaufnahme am Ende des Verfahrens. Insbesondere kann für den Streitwert des Beweisverfahrens grundsätzlich nicht maßgebend sein, in welchem Umfang der Sachverständige nach Überprüfung die behaupteten Mängel tatsächlich bestätigt und wie hoch er danach die Höhe der Mängelbeseitigungskosten einschätzt. Wie auch sonst ist für die Bewertung des zu sichernden Anspruchs grundsätzlich auf die Tatsachenbehauptungen des Antragstellers bei Einleitung des selbständigen Beweisverfahrens abzustellen (ebenso OLG Celle, Beschl. v. 9.12.2003 - 16 W 63/03, OLGReport Celle 2004, 257 = Nds. Rpfl. 2004, 77; Beschl. v. 11.7.2000 - 16 W 27/00; vom 15.9.1998 - 16 W 70/98, OLGReport Celle 1999, 199; vom 30.5.1996 - 14 W 15/96, OLGReport Celle 1996, 142; OLG Oldenburg OLGReport Oldenburg 1995, 64; ebenso aus neuerer Zeit: OLG Dresden, Beschl. v. 20.2.2002, OLGReport Dresden 2002, 240, zitiert nach juris; OLG Braunschweig, Beschl. v. 26.11.2002, OLGReport Braunschweig 2003, 115, zitiert nach juris; OLG Celle vom 14.11.2002 - 6 W 129/02, OLGReport Celle 2003, 136, zitiert nach juris).
Die Ausrichtung an den objektivierbaren Kosten der Mangelbeseitigung dient dabei der Korrektur offensichtlicher Über- oder Unterbewertungen des zu Verfahrensbeginn vom Antragsteller geschätzten Betrages. In diesem Sinne muss der Streitwert nicht in jedem Fall mit den Angaben des Antragstellers übereinstimmen, insb. wenn dieser die voraussichtlichen Kosten nur grob geschätzt hat.
Gemessen an diesen Grundsätzen, von denen abzuweichen der Senat auch keinen Anlass sieht, ist der Streitwert des Beweisverfahrens hier auf den Wert des anschließenden Hauptsacheverfahrens und damit auf die vom Sachverständigen im Beweisverfahren angegebenen Mängelbeseitigungskosten, mithin auf 37.365 Euro festzusetzen.
Die Antragstellerin verfolgte mit den Anträgen im Beweisverfahren die Feststellung diverser Mängel und des dafür erforderlichen Beseitigungsaufwandes, wobei sie - wie die Frage zu d) im Beweissicherungsantrag vom 3.9.2001 zeigt - die Kosten mangels genauerer eigener Möglichkeiten mit ca. 25.000 DM veranschlagt und einen vorläufigen Streitwert von 30.000 DM angegeben hat. Diesen Angaben lagen aber ersichtlich gegriffene Beträge zugrunde, weil die Antragstellerin zunächst zu genaueren Angaben nicht in der Lage war. Deshalb ist es hier geboten, auf die objektivierbaren Angaben der Antragstellerin und deren Interesse, bezogen auf den Zeitpunkt der Verfahrenseinleitung abzustellen, die sich eben erst aus der Kostenermittlung des später eingeholten Gutachtens letztl...