Entscheidungsstichwort (Thema)
Bestimmung des Bezugsberechtigten für das Kindergeld. zuständiges Gericht für die Beschwerde gegen eine Entscheidung des Vormundschaftsgerichts
Leitsatz (amtlich)
Für die Beschwerde gegen die - zutreffenderweise - vom AG als Vormundschaftsgericht getroffene Bestimmung des Bezugsberechtigten für das Kindergeld nach § 64 EStG ist das LG (nicht das OLG) zuständig.
Normenkette
FGG §§ 19, 64; GVG § 119; EStG § 64
Verfahrensgang
AG Uelzen (Aktenzeichen 9 X 5/05) |
Tenor
Das OLG erklärt sich für unzuständig; das Beschwerdeverfahren wird an das LG Lüneburg verwiesen.
Gründe
I. Im vorliegenden Verfahren hat das - vom Antragsteller ausdrücklich angerufene - AG - Vormundschaftsgericht - Uelzen, an das ein gegenläufiges, von der Antragsgegnerin beim AG - Vormundschaftsgericht - Wolfsburg - eingeleitetes Verfahren abgegeben worden war, das mit dem vorliegenden Verfahren verbunden worden ist, mit Beschluss vom 8.11.2005 gem. § 64 Abs. 3 EStG die Antragsgegnerin als Bezugberechtigte des Kindesgeldes für das gemeinsame Kind der Parteien bestimmt.
Gegen diesen Beschluss hat der Antragsteller mit am 30.11.2005 beim AG - Vormundschaftsgericht - Uelzen eingereichtem Schriftsatz Beschwerde eingelegt; dieser hat das AG nicht abgeholfen und das Verfahren dem LG Lüneburg zur Entscheidung über die Beschwerde vorgelegt. Die Vorsitzende der dort befassten Kammer geht unter Bezugnahme auf eine Einscheidung des OLG Schleswig von einer funktionellen Zuständigkeit des FamG aus und hat das Verfahren dem OLG zur Entscheidung übersandt.
II. Das OLG ist für die vorliegende Beschwerde gegen die Entscheidung des Vormundschaftsgerichtes nicht zuständig, so dass sie - bindend - an das zuständige LG zu verweisen ist.
Nach § 64 Abs. 2 EStG ist zur Bestimmung des Kindergeldberechtigten ausdrücklich das Vormundschaftsgericht berufen, ohne dass es sich insofern etwa um ein der Korrektur durch die Rechtsprechung offenstehendes "Redaktionsversehen" handeln würde (vgl. dazu ausdrücklich OLG Zweibrücken, Beschl. v. 18.9.2000 - 2 AR 42/00, OLGReport Zweibrücken 2001, 276 = FamRZ 2001, 551 f.); auch in der einschlägigen Kommentarliteratur wird dies nicht in Zweifel gezogen (vgl. etwa Zöller/Philippi, ZPO § 621 Rz. 45; Keidel/Kuntze/Winkler/5Weber, Freiwillige Gerichtsbarkeit, Vorb. § 64 Rz. 10a). Dementsprechend und richtigerweise hat vorliegend das AG ausdrücklich als Vormundschaftsgericht entschieden. Zur Entscheidung über Beschwerden gegen Entscheidungen des Vormundschaftsgerichtes ist aber das LG berufen (§ 19 Abs. 2 FGG).
Der Fall einer sich aus § 119 Abs. 1 Nr. 1 GVG ergebenden, insofern § 19 Abs. 2 FGG verdrängenden (vgl. Keidel/Kuntze/Winkler/Kahl, FGG, § 19 Rz. 45) Zuständigkeit des OLG, die auf Rechtsmittel gegen Entscheidungen des AG in den von den FamG entschiedenen Sachen beschränkt ist (sog. formelle oder prozessuale Anknüpfung - vgl. Keidel/Kuntze/Winkler/Weber, Freiwillige Gerichtsbarkeit, Vorb. § 64 Rz. 10a), liegt offenkundig nicht vor. Eine von dieser formellen Anknüpfung bei der Rechtsmittelzuständigkeit abweichende Regelung ist auch durch die andere Formulierung ("Angelegenheiten, die vor das FamG gehören") in § 64 Abs. 3 Satz 1 FGG nicht beabsichtigt (vgl. Keidel/Kuntze/Winkler/Weber, FGG Vorb. § 64 Rz. 24 ff.), wobei vorliegend auch nicht einmal eine vor das FamG gehörende Angelegenheit gegeben ist.
Gegenteiliges kann schließlich auch dem angesprochenen Beschluss des OLG Schleswig vom 1.12.2003 - 13 WF 187/03 - NJOZ 2004, 2145 ff. nicht durchgreifend entnommen werden; soweit dort das OLG als Familiensache über die Beschwerde gegen eine Bestimmung des Kindergeldberechtigten entschieden hat, ist schon nicht ersichtlich, dass (auch) dort die Ausgangsentscheidung durch das AG als Vormundschaftsgericht (und nicht etwa - sachlich unzutreffend - als FamG mit der Zuständigkeitsfolge nach § 119 Abs. 1 Nr. 1 lit. a. GVG) getroffen worden wäre; der in der Entscheidung - ohne weitergehende Begründung oder Auseinandersetzung mit der älteren gegenteiligen obergerichtlichen Rechtsprechung (vgl. etwa OLG Zweibrücken, Beschl. v. 18.9.2000 - 2 AR 42/00, OLGReport Zweibrücken 2001, 276 = FamRZ 2001, 551 f) - zum Ausdruck gebrachten Auffassung, dass mit der ausdrücklichen Bestimmung der Zuständigkeit des Vormundschaftsgerichtes in § 64 Abs. 2 EStG "funktionell" nicht das Vormundschaftsgericht, sondern vielmehr das FamG gemeint sei, vermag sich der Senat - aus den bereits oben dargelegten Gründen - nicht anzuschließen.
Fundstellen
Haufe-Index 1614290 |
FuR 2006, 471 |
OLGR-Nord 2007, 200 |
www.judicialis.de 2006 |