Entscheidungsstichwort (Thema)
Höhe der Kilometerpauschale für Fahrten des Sachverständigen mit einem Kraftfahrzeug
Leitsatz (amtlich)
1. § 5 Abs. 3 JVEG ermöglicht keine Erstattung der Fahrtkosten des Sachverständigen für die Benutzung eines Kraftfahrzeugs über die Kilometerpauschale von 0,30 EUR hinaus bis zu der Höhe, in der sie bei einer Reise mit öffentlichen Verkehrsmitteln anfallen.
2. Billigt das Gericht ohne das erforderliche Einverständnis der Parteien dem Sachverständigen eine Kilometerpauschale von 0,80 EUR zu, kann das Vertrauen des Sachverständigen auf diese Zusage schutzwürdig sein und die Erstattung zumindest dann rechtfertigen, wenn die Gesamtvergütung des Sachverständigen durch den geleisteten Kostenvorschuss gedeckt ist.
Normenkette
JVEG §§ 5, 13
Verfahrensgang
LG Stade (Beschluss vom 12.06.2015; Aktenzeichen 4 O 42/14) |
Tenor
Auf die Beschwerde des Sachverständigen vom 11.8.2015 wird der Beschluss des Einzelrichters der 4. Zivilkammer des LG Stade vom 12.6.2015 teilweise geändert: Die dem Sachverständigen Dr. S. zu gewährende Vergütung wird auf insgesamt 1.176,83 EUR festgesetzt.
Die Entscheidung ergeht gebührenfrei, außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Die Entscheidung ist unanfechtbar.
Gründe
I. Die Beschwerde des Sachverständigen vom 11.8.2015 gegen den eine Vergütung in Höhe von (nur) 962,63 EUR brutto festsetzenden Beschluss des Einzelrichters der 4. Zivilkammer des LG Stade vom 12.6.2015 ist gemäß § 4 Abs. 3 JVEG zulässig; insbesondere übersteigt die entgegen dem Antrag des Sachverständigen vom 9.7.2014 (vgl. § 4 Abs. 1 JVEG) unterbliebene Festsetzung für Fahrtkostenersatz von weiteren 180,00 EUR zzgl. MWSt, mithin von weiteren 214,20 EUR, den Beschwerdewert von 200,00 EUR.
In der Sache hat die Beschwerde auch Erfolg. Der Einzelrichter des LG hat die Vergütung des Sachverständigen zu Unrecht auf nur 962,63 EUR festgesetzt und damit eine Festsetzung weiterer 214,20 EUR versagt. Die streitige Position des Fahrtkostenersatzes ist zwar nach dem Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz (JVEG) grundsätzlich nicht weiter gehend festsetzungsfähig, als dies im angefochtenen Beschluss erfolgt ist; der Sachverständige durfte jedoch aufgrund des Beschlusses des LG vom 12.6.2014, mit dem ihm auf seinen Antrag vom 5.5.2014 hin für den Pkw-Einsatz eine Kilometerpauschale von 0,80 EUR zugebilligt wurde, darauf vertrauen, dass der ihm zustehende Fahrtkostenersatz auch auf dieser Grundlage berechnet werden würde.
Auf die Beschwerde des Sachverständigen hin war daher die durch den angefochtenen Beschluss festgesetzte Vergütung um den streitigen Betrag unter Anwendung einer Kilometerpauschale von 0,80 EUR statt nur 0,30 EUR pro gefahrenem Kilometer, insgesamt um 214,20 EUR brutto (360 km × 0,50 EUR pro km = 180,00 EUR netto bzw. 214,20 EUR brutto), zu erhöhen.
Im Einzelnen:
1. Die vom Sachverständigen für den Ortstermin vom 2.7.2014 geltend gemachten Fahrtkosten für gefahrene 360 km sind gemäß §§ 8 Abs. 1 Nr. 2, 5 Abs. 2 Nr. 2 JVEG grundsätzlich nur mit einer Kilometerpauschale von 0,30 EUR pro km und nicht mit einer Kilometerpauschale von 0,80 EUR pro km ersatz- und vergütungsfähig.
a) § 413 ZPO regelt, dass der Sachverständige eine Vergütung nach dem Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz (JVEG) erhält. Das JVEG enthält mit den von der Rechtsprechung zu seiner Ergänzung entwickelten Grundsätzen eine abgeschlossene und spezielle Regelung darüber, unter welchen Voraussetzungen und in welchem Umfang ein Sachverständiger für ein von ihm erstattetes Gutachten zu entschädigen ist (vgl. BGH NJW 1984, 870 f.; OLG Braunschweig, Beschl. v. 25.8.2005 - 2 W 90/05, zit. aus juris).
§ 1 Abs. 1 JVEG bestimmt dementsprechend, dass dem beauftragten Sachverständigen eine Vergütung zusteht, die sich nur nach diesem Gesetz bestimmt. In § 8 Abs. 1 JVEG ist weiterhin abschließend geregelt, für welche Tätigkeiten der Sachverständige eine Vergütung erhält. Nach § 8 Abs. 1 Nr. 2 JVEG erhält der Sachverständige als Vergütung auch Fahrtkostenersatz gemäß § 5 JVEG.
§ 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 JVEG sieht für die Benutzung eines eigenen Kraftfahrzeugs wie hier vor, dass dem Sachverständigen zur Abgeltung der Anschaffungs-, Unterhaltungs- und Betriebskosten sowie zur Abgeltung der Abnutzung des Kraftfahrzeugs 0,30 EUR für jeden gefahrenen Kilometer ersetzt werden.
Auf dieser Grundlage ist die Vergütung des Sachverständigen, insbesondere auch der Fahrtkostenersatz, im angefochtenen Beschluss grundsätzlich zutreffend festgesetzt worden.
b) Soweit der Sachverständige geltend macht, dass gemäß § 5 Abs. 3 JVEG eine Kilometerpauschale von 0,80 EUR für jeden gefahrenen Kilometer Anwendung zu finden habe, trifft seine Rechtsauffassung nicht zu.
Nach § 5 Abs. 3 JVEG werden höhere als die in Absatz 1 oder Absatz 2 bezeichneten Fahrtkosten ersetzt, soweit dadurch Mehrbeträge an Vergütung oder Entschädigung erspart werden.
Der Sachverständige hat zwar mit der seinem Antrag vom 5.5.2014 auf Zubilligung einer Kilometerpauschale von 0,80 EUR beig...