Entscheidungsstichwort (Thema)
Wegfall des Vergütungsanspruchs des Sachverständigen
Leitsatz (amtlich)
Der Sachverständige erhält eine Vergütung auch dann, wenn die wegen der teilweisen Übertragung des Auftrags auf einen Dritten fehlende Verwertbarkeit seines Gutachtens auf einer unzulänglichen Anleitung durch das Gericht beruht.
Normenkette
JVEG § 8a Abs. 2 Nr. 1; ZPO § 407a
Verfahrensgang
LG Hannover (Beschluss vom 05.08.2015; Aktenzeichen 20 OH 5/13) |
Tenor
Die Beschwerde der Landeskasse vom 7.8.2015 gegen den Beschluss des Einzelrichters der 5. Zivilkammer des LG Hannover vom 5.8.2015 wird zurückgewiesen.
Die Entscheidung ergeht gebührenfrei, außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Die Entscheidung ist unanfechtbar.
Gründe
I. Die Beschwerde der Landeskasse vom 7.8.2015 gegen den auf ihren Antrag gemäß § 4 Abs. 1 JVEG eine Vergütung des Beschwerdegegners in Höhe von 2.393,86 EUR brutto festsetzenden Beschluss des LG vom 5.8.2015 ist gemäß § 4 Abs. 3 JVEG zulässig; insbesondere übersteigen die mit der Beschwerde beanstandeten Festsetzungen, das für den Sachverständigen P. abgerechnete Honorar von 1.039,58 EUR brutto sowie die weiteren Positionen für den "Ortstermin am 01.9.2014 in H. (SV-Büro P.)" in Höhe von insgesamt 394,84 EUR brutto, den Beschwerdewert von 200,00 EUR.
In der Sache hat die Beschwerde jedoch keinen Erfolg. Der Einzelrichter des LG hat die Vergütung des Beschwerdegegners im Ergebnis mit Recht antragsgemäß auf 2.393,86 EUR festgesetzt, weil die streitigen Positionen nach dem Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz (JVEG) letztlich trotz von der Landeskasse zutreffend erkannter Unverwertbarkeit des Gutachtens des Beschwerdegegners festsetzungsfähig sind; zudem sind auch die streitigen Positionen für den Ortstermin des Beschwerdegegners mit dem Sachverständigen P. als notwendig anzusehen. Die Beschwerde der Landeskasse war daher zurückzuweisen.
1. Die dem Beschwerdegegner durch die Beauftragung des Sachverständigen P. entstandenen Kosten für dessen Honorar in Höhe von 1.039,58 EUR brutto sind im vorliegenden Einzelfall ausnahmsweise ersatz- und vergütungsfähig.
a) § 413 ZPO regelt, dass der Sachverständige eine Vergütung nach dem Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz (JVEG) erhält. Das JVEG enthält mit den von der Rechtsprechung zu seiner Ergänzung entwickelten Grundsätzen eine abgeschlossene und spezielle Regelung darüber, unter welchen Voraussetzungen und in welchem Umfang ein Sachverständiger für ein von ihm erstattetes Gutachten zu entschädigen ist (vgl. BGH NJW 1984, 870 f.; OLG Braunschweig, Beschl. v. 25.8.2005 - 2 W 90/05, zit. aus juris).
§ 1 Abs. 1 JVEG bestimmt dementsprechend, dass dem beauftragten Sachverständigen eine Vergütung zusteht, die sich nur nach diesem Gesetz bestimmt. In § 8 Abs. 1 JVEG ist weiterhin abschließend geregelt, für welche Tätigkeiten der Sachverständige eine Vergütung erhält. Nach § 8 Abs. 1 Nr. 4 JVEG sind dem Sachverständigen auch besondere Aufwendungen i.S.d. § 12 JVEG zu ersetzen. Dazu zählen auch "die für die Vorbereitung und Erstattung des Gutachtens oder der Übersetzung aufgewendeten notwendigen besonderen Kosten, einschließlich der insoweit notwendigen Aufwendungen für Hilfskräfte".
Hilfskraft in diesem Sinne ist eine Person, die - angestellt oder selbständig - auf demselben Gebiet wie der beauftragte Sachverständige tätig ist, den fachlichen Weisungen und der Kontrolle des Sachverständigen in jeder Phase der Gutachtenerstellung unterliegt und dem Sachverständigen entsprechend ihren Fähigkeiten zuarbeitet, wobei der Sachverständige diese Zuarbeit auch selbst hätte erledigen können; trotz der Mitarbeit der Hilfskraft muss daher die Hauptverantwortung des Sachverständigen für sein Gutachten bestehen bleiben (vgl. BeckOK KostR-Bleutge, § 12 JVEG Rz. 25 ff. m.w.N., Binz/Dörndorfer/Petzold/Zimmermann-Binz, GKG, FamGKG, JVEG, 3. Aufl., § 12 Rz. 4; Hartmann, Kostengesetze, 45. Aufl., § 12 Rz. 6; Bleutge, Die Hilfskräfte des Sachverständigen - Mitarbeiter ohne Verantwortung?, NJW 1985, 1185, 1188; Zöller-Greger, ZPO, 30. Aufl., § 404 Rz. 1a). Der Sachverständige P. war jedoch keine solche Hilfskraft. Vielmehr war er eigenständiger Sachverständiger mit einem eigenen Fachgebiet, das sich von dem des Beschwerdegegners unterschied und für das dieser selbst gerade keine Fachkunde hatte, so dass er für die Mitarbeit des Sachverständigen P. auch keine Verantwortung übernehmen konnte.
Eine Vergütung für einen vom Sachverständigen selbst beauftragten (Unter-) Sachverständigen sieht das JVEG nicht vor. So kommt als Grundlage eines Vergütungsanspruches des Beschwerdegegners für das für den Sachverständigen P. abgerechnete Honorar allenfalls die über § 8 Abs. 1 Nr. 4 JVEG anwendbare Auffangklausel des § 7 Abs. 1 JVEG in Betracht, wonach auch die in den §§ 5, 6 und 12 JVEG nicht besonders genannten baren Auslagen ersetzt werden, soweit sie notwendig sind.
b) Die Landeskasse rügt im vorliegenden Fall zu Recht die Unverwertbarkeit des vom Beschwerdegegner erstatte...