Leitsatz (amtlich)

Beschränkung der Vergütung des Sachverständigen bei Verletzung der Hinweispflicht nach § 407a ZPO

 

Normenkette

JVEG § 8a; ZPO § 407a

 

Verfahrensgang

LG Frankfurt am Main (Beschluss vom 15.03.2019; Aktenzeichen 2-04 O 488/15)

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Staatskasse vom 20.03.2019 wird der Beschluss des Landgerichts Frankfurt am Main vom 15.03.2019 wie folgt abgeändert:

Auf den Vergütungsfestsetzungsantrag des Sachverständigen und Beschwerdegegners vom 06.02.2019 wird dessen Vergütung auf EUR 4.000,- festgesetzt. Der weitergehende Vergütungsfestsetzungsantrag vom 06.02.2019 wird abgelehnt.

Das Beschwerdeverfahren ist gerichtsgebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.

 

Gründe

I. Das Landgericht hat den Beschwerdegegner mit Beschluss 05.03.2018 (Bl. 415 d. A.) zum Sachverständigen bestellt und mit der Erstellung eines schriftlichen Gutachtens beauftragt. Mit Schreiben vom selben Tage (Bl. 417, 418 d. A.) hat das Landgericht dem Beschwerdegegner die Akten übersandt und ihm mitgeteilt, dass ein Kostenvorschuss von EUR 4.000,- eingeholt worden sei. Dieses Schreiben endet mit folgendem Hinweis:

"Erwachsen voraussichtlich Kosten, die erkennbar außer Verhältnis zum Wert des Streitgegenstandes stehen oder den angeforderten Kostenvorschuss erheblich übersteigen, müssen Sie das Gericht hierauf rechtzeitig hinweisen, damit Ihnen bei der späteren Festsetzung Ihrer Entschädigung keine Nachteile entstehen."

Ohne zuvor darauf hinzuweisen, dass wegen der Gutachtenerstattung höhere Kosten als EUR 4.000,- anfallen könnten, hat der Sachverständige und Beschwerdegegner ein von ihm am 21.11.2018 erstelltes Gutachten (Bl. 436 bis 468 d. A.) zur Akte gereicht, für dieses eine Vergütung in Höhe von insgesamt EUR 5.600,- in Rechnung gestellt (Bl. 494 d. A.) und mit Schreiben vom 06.02.2019 (Bl. 496 d. A.) deren Festsetzung beantragt.

Mit Beschluss vom 15.03.2019 (Bl. 502 bis 505 d. A.) hat das Landgericht die Vergütung des Beschwerdegegners auf EUR 5.600,- festgesetzt. Gegen diesen Beschluss richtet sich die mit Schreiben vom 20.03.2018 (Bl. 513 d. A) eingelegte Beschwerde der Staatskasse. Die Staatskasse hat ihr Rechtsmittel mit Schreiben vom 15.04.2019 (Bl. 515 d. A.) begründet und die Abänderung des angefochtenen Beschlusses dahin begehrt, dass die Vergütung des Beschwerdegegners auf EUR 4.000,- festgesetzt wird. Der Beschwerdegegner hat die ihm mit Verfügung des Landgerichts vom 17.04.2019 (Bl. 513R d. A.) eingeräumte Gelegenheit, binnen zwei Wochen zur Beschwerde Stellung nehmen, nicht genutzt. Das Landgericht hat der Beschwerde mit Beschluss vom 24.05.2019 (Bl. 523, 524 d. A.) nicht abgeholfen.

II. Der Beschluss des Landgerichts vom 15.03.2019 ist auf die Beschwerde der Staatskasse vom 20.03.2019 dahin abzuändern, dass die Vergütung des Sachverständigen und Beschwerdegegners auf EUR 4.000,- festgesetzt wird.

1. Die gemäß § 4 Abs. 3 Satz 1 JVEG statthafte Beschwerde der Staatskasse ist zulässig, insbesondere ist der für die Zulässigkeit der Beschwerde vorausgesetzte Beschwerdewert von mehr als EUR 200,- erreicht.

2. Die Beschwerde ist auch begründet.

Zu Unrecht hat das Landgericht mit dem angefochtenen Beschluss vom 15.03.2019 zu Gunsten des Sachverständigen und Beschwerdegegners eine Vergütung in Höhe von EUR 5.600,- gegen die Staatskasse festgesetzt. Der Beschwerdegegner kann lediglich eine Vergütung in Höhe von EUR 4.000,- beanspruchen.

Dies folgt aus §8 a Abs. 4 JVEG. Nach dieser Regelung erhält der Berechtigte die Vergütung nur in Höhe des Auslagenvorschusses, wenn die Vergütung den angeforderten Auslagenvorschuss erheblich überschreitet und der Berechtigte nicht rechtzeitig gemäß § 407a Abs. 4 S. 2 ZPO auf diesen Umstand hingewiesen hat.

a) So liegt der Fall hier. Der Sachverständige und Beschwerdegegner hat die ihm nach § 407a Abs. 4 S. 2 Alt. 2 ZPO obliegende Hinweispflicht verletzt. § 407 a Abs. 4 S. 2 Alt. 2 ZPO bestimmt, dass ein Sachverständiger rechtzeitig darauf hinzuweisen hat, wenn voraussichtlich Kosten erwachsen, die einen angeforderten Kostenvorschuss erheblich übersteigen. Diese Anzeigepflicht trägt dem schutzwürdigen Interesse der Parteien Rechnung, ihr Prozessrisiko gegen das Kostenrisiko abzuwägen (vgl. Greger in: Zöller, ZPO, 32. Aufl., § 407a Rdnr. 3a). Der Sachverständige und Beschwerdegegner hat es unterlassen, darauf hinzuweisen, dass voraussichtlich Kosten anfallen, die den angeforderten Kostenvorschuss um EUR 1.600,- überschreiten. Diese Überschreitung um 40 Prozent ist im Sinne des § 407a Abs. 4 Satz 2 ZPO erheblich.

b) Der Anwendung von § 8a Abs. 4 JVEG steht hier § 8a Abs. 5 JVEG nicht entgegen. § 8a Abs. 5 JVEG bestimmt, dass § 8a Abs. 4 JVEG nicht anwendbar ist, wenn der Vergütungsberechtigte die Verletzung der ihm obliegenden Hinweispflicht nicht zu vertreten hat. Das Vertreten müssen wird nach der Systematik des § 8a JVEG vermutet, so dass es dem jeweiligen Berechtigen obliegt, entlastende Umstände darzulegen (OLG Hamm; Beschluss v. 8.5.2015 - 12 U 62/14 - zitiert nach juris). Derartige Um...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?