Leitsatz (amtlich)

Zur Kürzung der Vergütung des Sachverständigen gemäß § 8a Abs. 4 JVEG: keine einschränkende Auslegung

 

Normenkette

JVEG § 8 a Abs. 4; ZPO § 407a Abs. 4 S. 2

 

Verfahrensgang

LG Frankfurt am Main (Beschluss vom 13.06.2019; Aktenzeichen 2-13 T 48/19)

 

Tenor

§ 8a Abs. 4 JVEG ist nicht dahin einschränkend auszulegen, dass die Kürzung der Vergütung des Sachverständigen unterbleibt, wenn davon auszugehen ist, dass es auch bei pflichtgemäßer Anzeige gemäß § 407a Abs. 4 Satz 2, 2. Var. ZPO zu einer Fortsetzung seiner Tätigkeit gekommen wäre. Dies ist auch nicht für die Erheblichkeit im Sinne von § 407a Abs. 4 Satz 2, 2. Var. ZPO vorausgesetzt (entgegen OLG Stuttgart, Beschluss vom 12.11.2007 - 8 W 452/07, OLG Naumburg, Beschluss vom 19.06.2012 - 1 W 30/12, OLG Dresden, Beschluss vom 26.09.2014 - 3 W 980/14 und OLG Karlsruhe, Beschluss vom 10.04.2017 - 13 W 25/17).

Die Entscheidung ist nicht anfechtbar.

 

Gründe

Auf die weitere Beschwerde des Vertreters der Staatskasse vom 23.08.2019 wird der Beschluss des Landgerichts Frankfurt am Main vom 13.06.2019 wie folgt abgeändert:

Die Beschwerde des Sachverständigen vom 14.02.2019 gegen den Beschluss des Amtsgerichts Bad Schwalbach vom 18.12.2018 wird zurückgewiesen.

Das Verfahren zur Entscheidung über die weitere Beschwerde ist gerichtsgebührenfrei.

Kosten werden nicht erstattet.

1. Die mit Schreiben des Vertreters der Staatskasse vom 23.08.2019 (Bl. 699, 700 d. A.) erhobene weitere Beschwerde gegen den Beschluss des Landgerichts Frankfurt am Main vom 13.06.2019 (Bl. 320 bis 324 d. A.) ist gemäß § 4 Abs. 5 Satz 1 JVEG zulässig, weil das Landgericht dieses Rechtsmittel im angefochtenen Beschluss wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage zugelassen hat.

2. Die weitere Beschwerde hat in der Sache Erfolg, weil der Beschluss des Landgerichts vom 13.06.2019 auf einer Verletzung des Rechts beruht, § 4 Abs. 5 Satz 2 JVEG.

Zu Unrecht hat das Landgericht angenommen, § 8a Abs. 4 JVEG sei mit der Folge einschränkend auszulegen, dass die Vergütungen des Sachverständigen für das Gutachten vom 18.04.2017 auf EUR 14.236,39 und für das Gutachten vom 04.10.2017 auf EUR 642,- festzusetzen sind, und mit dem angefochtenen Beschluss den Beschluss des Amtsgerichts vom 18.12.2018 (Bl. 646 bis 648 d. A.) auf die Beschwerde des Sachverständigen vom 14.02.2019 (Bl. 666, 667, 669 d. A.) entsprechend abgeändert. Deshalb ist der Beschluss des Landgerichts vom 13.06.2019 auf die weitere Beschwerde des Vertreters der Staatkasse dahin abzuändern, dass die Beschwerde des Sachverständigen vom 14.02.2019 zurückgewiesen wird.

Die Beschwerde des Sachverständigen vom 14.02.2019 gegen den Beschluss des Amtsgerichts vom 18.12.2018 ist zwar gemäß § 4 Abs. 3 Satz 1 JVEG statthaft und zulässig, nicht aber begründet gewesen.

Denn das Amtsgericht hat mit seinem Beschluss vom 18.12.2018 zu Recht die Vergütungen des Sachverständigen für das Gutachten vom 18.04.2017 auf EUR 10.500,- und für das Gutachten vom 04.10.2017 auf EUR 400,- festgesetzt.

Dies folgt aus § 8a Abs. 4 JVEG. Nach dieser Regelung erhält der Berechtigte die Vergütung nur in Höhe des Auslagenvorschusses, wenn die Vergütung den angeforderten Auslagenvorschuss erheblich übersteigt und der Berechtigte nicht rechtzeitig gemäß § 407a Abs. 4 Satz 2, 2. Var. ZPO auf diesen Umstand hingewiesen hat.

a) So liegt der Fall hier. Sowohl hinsichtlich des Gutachtens vom 18.04.2017 (Bl. 284 bis 314 d. A.) als auch des Gutachtens vom 04.10.2017 (Bl. 487, 488 d. A.) hat der Sachverständige die ihm nach § 407a Abs. 4 Satz 2 Alt. 2, 2. Var. ZPO obliegende Pflicht verletzt, rechtzeitig darauf hinzuweisen, dass voraussichtlich Kosten erwachsen, die einen angeforderten Kostenvorschuss erheblich übersteigen.

aa) Nachdem der Sachverständige mit Beschluss des Amtsgerichts vom 28.12.2015 (Bl. 171 d. A.) bestellt worden war, hatte er mit Schreiben vom 06.12.2016 (Bl. 242 d. A.) - insofern seiner Pflicht aus § 407 Abs. 4 Satz 2, 2. Var. ZPO genügend - um die Erhöhung des Vorschusses auf EUR 8.800,- und für den Fall der Durchführung einer Thermografie auf EUR 10.500,- gebeten. Daraufhin war ihm mit gerichtlichem Schreiben vom 05.01.2017 (Bl. 274 d. A.) u. a. mitgeteilt worden, dass die Thermografie erfolgen soll. Sodann hat er am 18.04.2017 eine Vergütung in Höhe von EUR 14.236,39 in Rechnung gestellt (Bl. 282 d. A.), ohne zuvor darauf hinzuweisen, dass der Vorschuss von EUR 10.500,- nicht ausreichen wird. Soweit er mit Schreiben vom 19.04.2017 (Bl. 281 d. A.) gleichzeitig mit der Übersendung des schriftlichen Gutachtens vom 18.04.2017 und der Rechnung vom selben Tage die Anforderung eines weiteren Kostenvorschusses vor Übersendung des Gutachtens an die Parteien angeregt hat, ist dies nicht im Sinne von § 407 Abs. 4 Satz 2, 2. Var. ZPO rechtzeitig gewesen, weil das Gutachten zu diesem Zeitpunkt schon fertig gestellt und damit die Kosten bereits entstanden waren.

bb) Für das (Ergänzungs-) Gutachten, das der Sachverständige gemäß dem Beschluss des Amtsgeric...

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