Entscheidungsstichwort (Thema)
Voraussetzungen der Gerichtsstandsbestimmung nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO
Leitsatz (amtlich)
1. Ein Antrag auf Bestimmung eines gemeinsamen Gerichts nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO ist auch nach Klageerhebung zulässig. Gleiches gilt nach vorangegangenem Mahnverfahren mit Widerspruch und Abgabe gem. § 696 ZPO.
2. Die Bestimmung eines gemeinsamen Gerichts nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO ist dagegen nicht mehr anwendbar, wenn ein Kläger zunächst über rund ein halbes Jahr nach Anspruchsbegründung vor zwei AG getrennte Gerichtsverfahren gegen Streitgenossen betreibt und erst dann einen entsprechenden Antrag stellt.
3. Der Senat sieht davon ab, insoweit allg. Regeln oder sonst starre Grenzen zu ziehen, bis zu welchem abstrakten Verfahrensabschnitt eine Bestimmung noch möglich ist.
Normenkette
ZPO § 36 Abs. 1 Nr. 3
Verfahrensgang
AG Gifhorn (Aktenzeichen 2 C 860/04) |
AG Gütersloh (Aktenzeichen 14 C 545/04) |
Tenor
Der Antrag der Klägerin auf Bestimmung eines gemeinsamen Gerichts wird zurückgewiesen.
Diese Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
I. Die Klägerin verlangt von den Beklagten als Gesamtschuldnern Zahlung von 3.853,88 Euro. Grundlage der Haftung des Beklagten C. ist dessen Eintritt in einen Leasingvertrag zwischen der Klägerin und einer Frau I. B. über einen Pkw Opel. Der Beklagte B. wird aufgrund einer behaupteten selbstschuldnerischen Bürgschaft in Anspruch genommen. Die Forderung war von der Klägerin zunächst im Mahnverfahren verfolgt worden; nach Einlegung von Widersprüchen begründete die Klägerin den Anspruch, und zwar jeweils mit Schriftsatz vom 23.6.2004 beim Mahngericht (AG Hamburg). Dieses hat die Sachen entsprechend den Angaben der Klägerin in den Mahnbescheidsanträgen hinsichtlich des Beklagten C. an das für ihn örtlich zuständige AG Gifhorn und hinsichtlich des Beklagten B. an das für ihn örtlich zuständige AG Gütersloh abgegeben, wobei das AG Gifhorn zeitlich früher befasst war. Die Beklagten traten jeweils den Klagen entgegen und beriefen sich - neben anderen Zeugen - wechselseitig auf ihr Zeugnis über Absprachen über die Modalitäten bei der Vertragsübernahme. Das AG Gifhorn hatte mit Verfügung vom 23.11.2004 bereits terminiert und zu dem Termin prozessleitend den Beklagten in der Sache des AG Gütersloh, B., in seiner Eigenschaft als Zeuge in dem Verfahren vor dem AG Gifhorn geladen. Das AG Gütersloh hatte im Hinblick auf das weiter "gediehene" Verfahren vor dem AG Gifhorn die Aussetzung des Gütersloher Verfahrens angeregt. Erst in diesem Verfahrensstadium beantragte die Klägerin mit Schriftsatz vom 27.12.2004 die Bestimmung eines gemeinsamen Gerichts; im Termin vom 4.1.2005 vor dem AG Gifhorn ist von einer Vernehmung des Zeugen/Beklagten B. abgesehen und die Sache auf den Bestimmungsantrag der Klägerin dem OLG Celle vorgelegt worden.
Beide Beklagten treten dem Bestimmungsantrag entgegen; die Klägerin habe ihr Wahlrecht nach § 35 ZPO bereits endgültig ausgeübt und sich für jeweils selbständige Klagen vor den jeweiligen Wohnsitzgerichten der Beklagten entschieden. Davon könne sie jetzt, wo sie wechselseitige Zeugenstellungen der Beklagten im jeweiligen Parallelverfahren befürchte, nicht mehr abrücken. Demgegenüber hält die Klägerin eine gemeinsame Rechtsverfolgung wegen des einheitlichen Streitgegenstands für zweckmäßig; ein Antrag nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO könne auch noch nach Klageerhebung gestellt werden.
II. Das OLG Celle ist für die Entscheidung über den Antrag nach § 36 Abs. 2 ZPO zuständig. Der Antrag ist jedoch nicht begründet.
1. Auch wenn der Wortlaut des § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO ("verklagt werden sollen") die Annahme nahe legen könnte, ein Antrag auf Bestimmung eines gemeinsamen Gerichts müsse vor Klageerhebung gestellt werden, ist nach ganz h.M. und ständiger Rechtsprechung auch des erkennenden Senats eine Bestimmung nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO auch noch nach Klageerhebung zulässig (Zöller/Vollkommer, ZPO, 25. Aufl., § 36 Rz. 16). Auch steht die durch entsprechende Bezeichnungen der jeweiligen Wohnsitzgerichte der Beklagten als Streitgericht getroffene Wahl der Klägerin einem Bestimmungsantrag nicht wegen der Bindungswirkung einer Wahl nach § 35 ZPO entgegen. Denn es ist schon zweifelhaft, ob die Klägerin bezüglich der Beklagten überhaupt eine Wahl zwischen mehreren Gerichtsständen, nämlich dem allgemeinen und einem besonderen Gerichtsstand, hatte. Zumindest der Beklagte B., der selbst am Vertrag nicht als Partei beteiligt war und für den deshalb auch der Gerichtsstand des Erfüllungsorts nach § 29 ZPO keinen vom allgemeinen Gerichtsstand abweichenden Gerichtsstand begründen könnte, konnte nur am allgemeinen Gerichtsstand verklagt werden. Die Beklagten unterliegen einem Missverständnis, wenn sie in der Unwiderruflichkeit der Wahl eines Gerichtsstandes nach § 35 ZPO ein Hindernis sehen, welches einer Gerichtsstandsbestimmung entgegenstehe. Denn Zweck des § 35 ZPO ist nur, im Sinne der perpetuatio fori einen Wechsel bereit...