Leitsatz (amtlich)
Zu den erforderlichen Verdachtsgraden im Rahmen einer Arrestanordnung nach § 111 b StPO.
Tenor
Der angefochtene Beschluss und die Anordnung des dinglichen Arrests in das bewegliche und unbewegliche Vermögen des Beschuldigten und des Drittbeteiligten durch Beschluss des Amtsgerichts H. vom 18. Juli 2007 (270 Gs 1616/07) werden aufgehoben.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens und des weiteren Beschwerdeverfahrens sowie die dem Beschuldigten und dem Drittbeteiligten insoweit erwachsenen notwendigen Auslagen fallen der Landeskasse zur Last.
Gründe
I.
Der Beschuldigte ist der 1. Vorsitzende des N.F.D. Nds. e. V. (NFD). Gegen ihn wird derzeit von der Staatsanwaltschaft H. ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts des Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt geführt. Auf der Grundlage von Angaben des Zeugen T. H., eines ehemaligen Schichtleiters in der Funkeinsatzzentrale des NFD, ergab sich der Verdacht, dass der Beschuldigte durch unzutreffende Meldungen gegenüber den zuständigen Einzugsstellen entsprechend fällige Sozialversicherungsbeiträge nicht in zutreffender Höhe abgeführt hat. Der Zeuge H. hat bekundet, dass in der Funkeinsatzzentrale des NFD "pro Tag in den verschiedenen Schichten insgesamt acht Sitzwachen und jeweilige Schichtleiter im Einsatz" seien, wobei man davon ausgehen könne, dass "durchschnittlich ca. vier Zivildienstleistende täglich vorhanden" seien und "der Rest aus Ehrenamtlichen und Minijobbern" bestehe. Auf der Basis dieser Angaben hat die Deutsche Rentenversicherung für den Einsatz von jeweils vier ehrenamtlich Tätigen über acht Stunden an 365 Tagen im Jahr in der Zeit vom 1. Januar 2005 bis zum 30. März 2007 eine Lohnsumme von 131.232,00 EURO errechnet, was nicht abgeführte Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von 87.257,97 EURO ergebe.
Mit Beschluss vom 18. Juli 2007 hat das Amtsgericht H. auf Antrag der Staatsanwaltschaft H. den dinglichen Arrest zum Zweck der Rückgewinnungshilfe in das bewegliche und unbewegliche Vermögen des Beschuldigten und des Drittbeteiligten in Höhe von gesamtschuldnerisch 87.257,97 EURO angeordnet. Die gegen diese Anordnung gerichtete Beschwerde des Beschuldigten und des Drittbeteiligten hat das Landgericht mit Beschluss vom 5. Oktober 2007 als unbegründet zurückgewiesen. Hiergegen wenden sich der Beschuldigte und der Drittbeteiligte mit ihrer weiteren Beschwerde, der das Landgericht nicht abgeholfen hat. Sie machen geltend, dass die Angaben des Zeugen H. und die Schadenberechnung der Deutschen Rentenversicherung nicht zuträfen. Ganztags beschäftigte Mitarbeiter seien ordnungsgemäß angemeldet gewesen. Die letzte Rentenversicherungsprüfung vom Oktober/November 2006 habe keine Beanstandungen ergeben. Soweit daneben ehrenamtliche Kräfte in der Telefonzentrale eingesetzt worden seien, unterfalle deren Tätigkeit der Privilegierung nach § 3 Nr. 26 EStG und sei bis zu einer Höhe von 1.848,00 EURO steuerfrei und damit zugleich gemäß § 14 Abs. 1 SGB IV auch sozialversicherungsfrei. Aus den mit der Beschwerde vorgelegten Umsatzstatistiken der Sparkasse H. für den Tatzeitraum ergebe sich, dass in dem vorgeworfenen Tatzeitraum nur in ganz geringem Umfang den Freibetrag übersteigende Zahlungen geleistet worden seien. Hiernach sei ein Gesamtschaden von höchstens 5.000,00 EURO anzunehmen. Jedoch sei die Vereinsführung davon ausgegangen, dass die jeweiligen Beschäftigten die den Freibetrag übersteigenden Einkünfte selbst anmeldeten. Hierüber seien die Beschäftigten auch belehrt worden. Im Übrigen seien zahlreiche ehrenamtlich Tätige Studenten gewesen, für die zudem andere Freibeträge gälten. Schließlich seien die vom Zeugen Herbst erwähnten "Minijobber" von der Arbeitsagentur bezahlt worden.
II.
Die weitere Beschwerde ist zulässig (§ 310 Abs. 1 Nr. 3 StPO) und begründet.
Die Anordnung des dinglichen Arrests ist gemäß § 111 b Abs. 3 Satz 1 StPO aufzuheben, weil seit ihrer Anordnung am 18. Juli 2007 sechs Monate vergangen sind und keine dringenden Gründe für die Annahme vorhanden sind, dass der Verfall von Wertersatz gegen die Beschwerdeführer angeordnet werden wird.
1.
§ 111 b Abs. 2 StPO verlangt für die Annahme, dass die Voraussetzungen des Verfalls von Wertersatz vorliegen, lediglich "Gründe" und siedelt damit die Prognosewahrscheinlichkeit auf dem Niveau des einfachen Tatverdachts an (vgl. OLG Jena StV 2005, 90. LR-Schäfer, StPO, 25. Aufl., § 111 b Rdnr. 15). Die Absenkung der Eingriffsschwelle durch das Gesetz zur Bekämpfung der organisierten Kriminalität vom 4. Mai 1998 gegenüber den bis dahin erforderlichen "dringenden Gründen" hat der Gesetzgeber damit begründet, dass es gerade in der Anfangsphase eines Ermittlungsverfahrens den Ermittlungsbehörden häufig noch nicht möglich sei, genügend Beweismittel für die erhöhte Verdachtsschwelle zu präsentieren (vgl. BT-Drucks. 138651 S. 15). Danach genügt es für die Anordnung des dinglichen Arrests, wenn wie beim Anfangsverdacht des § 152 StPO "zureichende tatsächliche Anhaltspunkte" vorliegen, also eine gewisse ...