Entscheidungsstichwort (Thema)
Strafbarkeit des Hochladens von fremdenfeindlichen und nationalsozialistische Symbole verherrlichenden Bildern über WhatsApp
Leitsatz (amtlich)
1. Das Hochladen eines Bildes, das einen fremdenfeindlichen und dunkelhäutige Menschen herabwürdigenden Charakter aufweist, in einer WhatsApp-Gruppe, deren 60 Mitglieder rechte und ausländerfeindliche Tendenzen aufweisen, erfüllt den Tatbestand der Volksverhetzung gem. § 130 Abs. 1 Nr. 2 StGB, denn angesichts der massenhaften, über den Instant-Messaging-Dienst vorgenommenen Weiterverbreitung dort ausgetauschter Bild-Dateien ist mit einer Weiterverbreitung des Bildes an eine unbekannte Vielzahl von Personen und damit mit einer Störung des öffentlichen Friedens zu rechnen.
2. Vor diesem Hintergrund stellt auch das Hochladen von nationalsozialistische Symbole verherrlichenden Bildern in einer derartigen WhatsApp-Gruppe ein Verbreiten im Sinne von § 86a Abs. 1 Nr. 1 StGB dar.
Normenkette
StGB § 86a Abs. 1 Nr. 1, § 130; GG Art. 5 Abs. 3 S. 1
Verfahrensgang
LG Bückeburg (Entscheidung vom 19.05.2022; Aktenzeichen 4 Ns 32/21) |
Tenor
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil der VII. kleinen Strafkammer des Landgerichts Bückeburg vom 19. Mai 2022 wird als unbegründet verworfen (§ 349 Abs. 2 StPO).
Der Angeklagte hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.
Gründe
I.
Das Amtsgericht Rinteln hat den Angeklagten am 26. Oktober 2021 wegen Volksverhetzung und Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen zu einer Gesamtgeldstrafe von 100 Tagessätzen zu je 50 € verurteilt. Die hiergegen eingelegte Berufung hat die VII. kleine Strafkammer des Landgerichts Bückeburg mit Urteil vom 19. Mai 2022 verworfen.
Nach den Feststellungen zur Sache postete der Angeklagte am 3. Juni 2019 gegen 12:27:04 Uhr (Tat 1) in einer zu diesem Zeitpunkt aus jedenfalls 60 Personen bestehenden WhatsApp-Gruppe namens "B. H." ein Farbbild, das einen weißen Mann zeigt, der auf einem blauen Fahrrad fahrend ein dunkelhäutiges Kleinkind verfolgt. Dabei hält er in der rechten Hand eine Schusswaffe, mit der er auf das Kind zielt. Über dem Foto befindet sich der Schriftzug: "wenn beim Grillen die Kohle abhaut."
Am 21. August 2019 postete der Angeklagte erneut in der weiter aus mindestens 60 Personen bestehenden Gruppe "B. H." binnen weniger Sekunden drei Bilder. Nach den Feststellungen des Landgerichts zeigt das erste dieser Bilder zwei offensichtlich als Bäcker oder Konditoren bekleidete Männer, die eine große Torte präsentieren, auf der sich in der Mitte ein Hakenkreuz sowie der Text: "Unserem Führer zum Geburtstag" befinden (Bild 1). Das zweite Bild beinhaltet die Überschrift "Jung, Brutal, Gutaussehend" und zeigt A. H. in Hakenkreuz-Uniform mit einer Sonnenbrille, wobei unten rechts der Slogan "Reich-Ban, Genuine Since 1933" abgebildet ist. Auf dem dritten Farbbild ist schließlich eine Eule zu sehen, die eine Armeemütze der Reichswehr trägt, auf der vorne in der Mitte ein Totenkopf-Symbol angebracht ist. Das Bild weist unten in fetter weißer Schrift die Textzeile "Der Holokauz kommt dich holen" auf (Bild 3).
Nach den Feststellungen des Landgerichts war dem Angeklagten bei Weiterleitung der Bilder, die früher von anderen Gruppen-Mitgliedern bereits einmal in die Gruppe eingestellt und dem Angeklagten so zugänglich geworden waren, der fremdenfeindliche und herabwürdigende Charakter des bzgl. Tat 1 geposteten Bildes ebenso bewusst wie der Umstand, dass die Bilder zu Tat 2 nationalsozialistische Symbole verherrlichten. Er wusste, dass die Mitglieder der Gruppe "B. H." derartigem Gedankengut positiv gegenüberstanden und ausländerfeindliche Gedanken hegten.
Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte mit seiner Revision, mit der er die Verletzung materiellen Rechts rügt.
Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, die Revision des Angeklagten gem. § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet zu verwerfen.
II.
Die Nachprüfung des Urteils auf die zulässig erhobene Sachrüge hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben (§ 349 Abs. 2 StPO).
Einleitend bemerkt der Senat, dass die vom Landgericht im angefochtenen Urteil vorgenommene Aufnahme der unter I. beschriebenen Lichtbilder in die Urteilsurkunde zwar grundsätzlich nicht zu beanstanden ist (BayObLG, Beschluss vom 04.04.1996 - 2 ObOWi 223/96, NStZ-RR 1996, 211; BeckOK StPO/Peglau, 36. Ed. 1.1.2020, StPO § 267 Rn. 10; Meyer-Goßner/Schmitt, 65. Auflage 2022, § 267, Rn. 10). In Fällen, bei denen die Lichtbilder jedoch - wie vorliegend - die zentrale Grundlage für den Schuldspruch eines Strafurteils darstellen, verbietet sich deren Aufnahme in die schriftlichen Urteilsgründe schon deshalb, weil der Angeklagte notwendigerweise in den Besitz zumindest einer Abschrift des Urteils einschließlich der darin wiedergegebenen Aufnahmen gelangt (vgl. hierzu: BGH, Beschluss vom 2. 2. 2006 - 4 StR 570/05, NJW 2006, S. 1890).
Dies gefährdet den Bestand des Urteils allerdings hier nicht, weil die Urteilsgründe eine ausreichende Beschreibung...