Leitsatz (amtlich)

1. Die Beantwortung der Frage der Hofeigenschaft bedarf einer umfassenden Gesamtwürdigung und Bewertung aller in Betracht kommender Tatsachen, insbesondere, ob aus betriebswirtschaftlicher Sicht unter Berücksichtigung des erforderlichen Kapitaleinsatzes die Wiederinbetriebnahme des Hofes aus den Erträgnissen des Hofes bezahlt werden kann, ohne dessen Existenz in Frage zu stellen.

2. Maßgebliche Bedeutung kommt darüber hinaus auch dem geäußerten, ggf. an Kriterien festzumachenden Willen des Hofeigentümers - hier des Erblassers - zu, da die endgültige Aufgabe des landwirtschaftlichen Betriebes naturgemäß von seinem Willen getragen sein muss.

3. Die Begünstigung, die die HöfeO für den Hoferben im Vergleich zu den allgemeinen Regeln des Erbrechts vorsieht, ist nur zu rechtfertigen, wenn der Zweck der HöfeO, der in der Erhaltung leitungsfähiger landwirtschaftlicher Betriebe liegt, erreicht werden kann und dazu der Hoferbe die subjektiven Voraussetzungen für eine eigene, selbstständige und verantwortliche Fortführung des landwirtschaftlichen Betriebes mit der erforderlichen Sicherheit erfüllt.

 

Verfahrensgang

AG Otterndorf (Beschluss vom 09.03.2016; Aktenzeichen 9b Lw 68/14)

 

Tenor

Die Beschwerde des Beteiligten zu 2 gegen den Beschluss des AG Otterndorf - Landwirtschaftsgericht - vom 09.03.2016 - 9b Lw 68/14 - wird zurückgewiesen.

Es wird festgestellt, dass

1. der im Grundbuch von Altendorf Blatt 727 eingetragene Hof ein Hof i.S.d. Höfeordnung ist;

2. der Beteiligte zu 1 Hoferbe ist.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Beteiligte zu 2. Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten findet nicht statt.

Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren sowie für das Verfahren erster Instanz - in Abänderung der Wertfestsetzung durch das Landwirtschaftsgericht - wird auf 197.972,20 EUR festgesetzt.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die Beteiligten streiten um das Hoffolgezeugnis und den Erbschein in Bezug auf den Nachlass des Erblassers T. H. B.. Die Beteiligten zu 1 bis 3 sind Geschwister. Nach der angefochtenen Entscheidung des Landwirtschaftsgerichts sollen der Hof und das hoffreie Vermögen allein an den Beteiligten zu 1 als Hoferben fallen.

Wegen der Einzelheiten wird Bezug genommen auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des angefochtenen Beschlusses.

Gegen diese Entscheidung wendet sich der Beteiligte zu 2, der die Wertungen des Landwirtschaftsgerichts sowohl zur Frage der Hofeseigenschaft und der Hofstelle einschließlich des Erblasserwillens zur Hoferhaltung und einer etwaigen Möglichkeit zum Wiederanspannen als auch die letztwillige Verfügung vom 8.7.1991 angreift; überdies rügt er Verfahrensfehler.

Zunächst tritt der Beteiligte zu 2 der Ansicht des Landwirtschaftsgerichts entgegen, dass es sich um einen Hof im Sinne der Höfeordnung gehandelt habe. Nach Ansicht des Beteiligten zu 2 bestand nicht mehr eine zur Bewirtschaftung geeignete Hofstelle. Dabei stützt er sich auf die Stellungnahme der Landwirtschaftskammer Niedersachsen vom 22.5.2016, wonach sich der Hofplatz und das Hofumfeld jedenfalls zum damaligen Zeitpunkt in einem verwahrlosten Zustand befunden haben sollen. Nach Ansicht des Beteiligten zu 2 habe das Landwirtschaftsgericht auch nicht die Bewertungen und Grundsätze des Senats aus dem Beschluss vom 11.2.2013 - 7 W 57/12 L - berücksichtigt. Die vom Senat dort aufgestellten Kriterien seien hier ebenso erfüllt. Demnach hätte das Landwirtschaftsgericht wie der Senat damals entscheiden müssen und keine Hofstelle annehmen dürfen. Im Hinblick auf die langfristige Verpachtung über 20 Jahre an Dritte bestünden auch Bedenken an einem Eigennutzungsvorbehalt des Beteiligten zu 1, über den der Erblasser auch nicht informiert gewesen sei. Entgegen der Bewertung des Landwirtschaftsgerichts habe der Erblasser vorgehabt, den Hof aufzugeben, und nicht die Hofbewirtschaftung ausschließlich aufgrund seiner Gesundheit eingestellt. Bis auf wenige verpachtete Flächen seien alle Flächen stillgelegt und in keiner Weise für eine landwirtschaftliche Produktion genutzt worden. Es habe lediglich eine Pferdezucht gegeben.

Der Erblasser habe auch nicht weiter die "Fäden in der Hand gehalten". Er stand unter Betreuung und seine Entscheidungen unterlagen ab dem 22.12.2008 einem Einwilligungsvorbehalt. Der Erblasser habe sich zwar tatsächlich mit zahlreichen Schriftsätzen im Betreuungsverfahren gewehrt. Ihm sei es jedoch allein darum gegangen, die Vernichtung seines Vermögens zu verhindern. Das habe sowohl das Pferdevermögen als auch Geldvermögen aus Pachteinnahmen, Immobilienvermögen am Deich und Betriebsvermögen betroffen. Dem Erblasser sei es nicht um den Erhalt des Hofes gegangen, sondern um den Erhalt seines Vermögens in den bestehenden Werten. Der Bezug des Landwirtschaftsgerichts auf Zahlen der LTG Steuerberatungsgesellschaft sei in diesem Zusammenhang verfehlt. Diese Zahlen stünden im Gegensatz zu den Feststellungen der Landwirtschaftskammer, die nach der Betriebsbegehung in ihrer gutachterlichen St...

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