Leitsatz (amtlich)
1. Der Kläger darf nicht durch Vorenthalten entsprechenden Vortrages zum Zusammenhang im Sinne des § 266 Abs. 1 Nr. 3 FamFG - hier zum Zeitpunkt der Eröffnung eines gemeinsamen Sparkontos - den Rechtsweg zu den allgemeinen Zivilgerichten einseitig vorgeben. Das angerufene allgemeine Zivilgericht darf deshalb gemäß § 139 Abs. 3 ZPO auf seine diesbezüglichen Bedenken hinweisen, wobei keineswegs feststehen muss, dass die Partei tatsächlich oder rechtlich unvollständig oder widersprüchlich vorgeht.
2. Es ist dann die Aufgabe des Klägers, die vom allgemeinen Zivilgericht geäußerten Bedenken zu entkräften, die tatsächlichen Grundlagen für die Begründung der funktionellen Zuständigkeit des angerufenen Gerichts vorzutragen und nachzuweisen. Kommt der Kläger dem nicht nach, verstößt er sowohl gegen den Beibringungsgrundsatz als auch gegen seine Prozessförderungspflicht und muss sich an der Verweisung an das Amtsgericht - Familiengericht - nach § 17a Abs. 6, Abs. 2 S. 1 GVG festhalten lassen, soweit auch die übrigen Voraussetzungen für eine Verweisung vorliegen.
3. Auseinandersetzungen zwischen ehemals Verheirateten um die Verteilung von Kontoguthaben nach Trennung und Scheidung stellen als naheliegende und häufig vorkommende Folge oder Begleiterscheinung der Beendigung einer Ehe regelmäßig eine sonstige Familiensache im Sinne des § 266 Abs. 1 Nr. 3 FamFG dar. Dem steht es nicht entgegen, wenn zwischen Ehescheidung und Einleitung des gerichtlichen Verfahrens gegen den ehemaligen Ehegatten ein mehr als zehnjähriger zeitlicher Abstand liegt.
4. Ist der Aufenthaltsort des Beklagten unbekannt, sodass ihm bis zum Entscheidungszeitpunkt die Klage nicht zugestellt werden konnte, kann von der in § 17a Abs. 6, Abs. 2 S. 1 GVG grundsätzlich vorgesehenen Anhörung beider Parteien vor Verweisung des Rechtsstreits an das zuständige Gericht des zulässigen Rechtsweges ausnahmsweise abgesehen werden.
Verfahrensgang
LG Verden (Aller) (Beschluss vom 25.03.2024; Aktenzeichen 7 O 281/23) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Klägers vom 28.03.2024 gegen den Beschluss der Einzelrichterin der 7. Zivilkammer des Landgerichts Verden vom 25.03.2024 - 7 O 281/23 - wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.740,- EUR festgesetzt.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Der Kläger wendet sich gegen die Verweisung einer vor dem allgemeinen Zivilgericht erhobenen Klage an ein Familiengericht, mit der er die Beklagte auf Abgabe einer Willenserklärung, gerichtet auf Zustimmung zur Auflösung eines gemeinsamen Sparkontos und Auszahlung des vorhandenen Guthabens in Höhe von rund 13.700 EUR an den Kläger in Anspruch nimmt.
Bei den Parteien handelt es sich um ehemalige Eheleute; die Ehe wurde im März 2011 geschieden. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt sind die Parteien über das gemeinsame Sparkonto und einer in L. gelegenen Eigentumswohnung miteinander verbunden. Die Finanzierung der Eigentumswohnung sollte durch zwei Bausparverträge abgesichert werden, die im Jahr 2019 nach Kündigung zur Auszahlung gelangten. Die Auszahlungsbeträge in Höhe von 17.239,90 EUR und 7.372,98 EUR wurden dem gemeinsamen Sparkonto gutgeschrieben. In der Folge wurden die Bausparverträge jedoch nicht für die Finanzierung der Wohnung eingesetzt; der Kläger trug die Kosten für die Wohnung seit 2015 allein. Nach der schriftlichen Aufforderung des Klägers vom 08.01.2020 gegenüber der Beklagten, dass diese ihren Kostenanteil an der Wohnung übernehmen solle, führten die Parteien ein Gespräch mit dem Ziel, das Sparkonto aufzulösen. Der Kläger stimmte dabei der Auszahlung eines Betrages in Höhe von 5.000,00 EUR an die Beklagte zu; nachfolgend verweigerte die Beklagte ihrerseits die Unterzeichnung der für die Auflösung des Kontos und Auszahlung des Restguthabens an den Kläger erforderlichen Erklärung gegenüber der Bank.
Die Klage ist zunächst vor dem Landgericht Verden erhoben worden mit dem Antrag, die Beklagte zur Abgabe einer Willenserklärung - gerichtet auf Zustimmung zur Auflösung des gemeinsamen Kontos und Erklärung des Einverständnisses mit der Auszahlung des auf diesem Konto vorhandenen Guthabens an den Kläger - zu verurteilen. Das Landgericht Verden hat den Kläger mit Verfügung vom 19.01.2024 darauf hingewiesen, dass es nicht zuständig sein dürfte, weil es sich bei der vorliegenden Streitigkeit um eine sonstige Familiensache im Sinne des § 266 Abs. 1 Nr. 3 FamFG handeln dürfte. Das Gericht gehe davon aus, dass das gemeinsame Konto noch aus der Zeit der Ehe stamme. Nach Anhörung des Klägers hat sich die Kammer mit Beschluss vom 25.03.2024 für funktionell unzuständig erklärt und den Rechtsstreit an das Amtsgericht - Familiengericht - Stolzenau verwiesen. Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, dass eine sonstige Familiensache nach § 266 Abs. 1 Nr. 3 FamFG gegeben sei, nämlich ein Verfahren, das Ansprüche zwischen ehemals miteinander verheirateten Personen im Zusammenhang mit...