Entscheidungsstichwort (Thema)
Kostenfolge bei der Verletzung von Mitwirkungspflichten im Rahmen einer Begutachtung
Leitsatz (amtlich)
Trägt ein Elternteil durch schuldhaftes Verletzen seiner Mitwirkungspflichten zu einer erheblichen Verzögerung des Umgangsverfahrens bei, können ihm gemäß § 81 Abs. 2 Nr. 4 FamFG die Kosten des Verfahrens vollständig auferlegt werden.
Normenkette
FamFG § 81 Abs. 2 Nr. 4, § 83 Abs. 2
Verfahrensgang
AG Hannover (Aktenzeichen 607 F 224/18) |
Tenor
Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Hannover vom 4. November 2019, mit welchem ihr die Kosten des Verfahrens auferlegt wurden, wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf die Gebührenstufe bis 2.500 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Im vorliegenden, Mitte Januar 2018 eingeleiteten Kindschaftsverfahren hat der ehemalige Lebensgefährte der Antragsgegnerin einen regelmäßigen Umgang mit deren Tochter erstrebt, der nach der Trennung der Beteiligten Ende 2015 aus seiner Sicht zunehmend seltener durchgeführt werden konnte und schließlich endete. Das Amtsgericht hat in dem Verfahren nach Anhörung der Beteiligten sowie des bestellten Verfahrensbeistandes und Stellungnahme des Jugendamtes zunächst einen begleiteten Umgangstermin angeordnet. Nachdem dieser Termin, der bereits verschoben worden ist, aufgrund der Verweigerungshaltung des Kindes erfolglos abgebrochen werden musste, hat das Amtsgericht ein psychologisches Sachverständigengutachten in Auftrag gegeben, um die Kindeswohldienlichkeit von Umgängen näher aufzuklären. Die Antragsgegnerin hat die Mitwirkung bei der Begutachtung für sich und die Tochter ausdrücklich verweigert. Nachdem das Amtsgericht einen Termin zur Kindesanhörung in Anwesenheit der Sachverständigen anberaumt hatte, hat die Antragsgegnerin gegen die zuständige Richterin einen Befangenheitsantrag gestellt, welcher zurückgewiesen worden ist. Das Oberlandesgericht hat die zurückweisende Entscheidung des Amtsgerichts in der Beschwerdeinstanz bestätigt. Die Kindesanhörung fand schließlich am 12. August 2019 in Anwesenheit der Sachverständigen und des Verfahrensbeistandes statt. Im anschließenden Erörterungstermin am 14. August 2019 hat der Antragsteller um Bedenkzeit wegen der Weiterverfolgung seines Antrags gebeten und schließlich die Rücknahme seines Umgangsantrags mit Schriftsatz vom 10. September 2019 erklärt. Zum Kostenantrag des Antragstellers hat die Antragsgegnerin ihrerseits Stellung genommen.
Mit der vorliegenden Beschwerde wendet sich die Antragsgegnerin gegen die Kostenentscheidung des Amtsgerichts vom 4. November 2019, mit welcher ihr die Kosten des Verfahrens nach § 81 Abs. 2 Nr. 4, § 83 Abs. 2 FamFG auferlegt wurden. Die Antragsgegnerin habe ihre Mitwirkungspflicht im Verfahren dadurch verletzt, dass sie bei der Erstellung des Gutachtens nicht mitgewirkt habe, obwohl sie hiernach gemäß § 27 Abs. 1 FamFG verpflichtet sei. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den angefochtenen Beschluss sowie die Beschwerdebegründung der Antragsgegnerin ergänzend Bezug genommen.
II. Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen die Entscheidung, mit welcher ihr nach § 83 Abs. 2, § 81 Abs. 2 Nr. 4 FamFG die Kosten des Verfahrens auferlegt wurden, ist zulässig, aber nicht begründet.
1. Die Kostenentscheidung nach der Rücknahme des Antrags hat das Amtsgericht im Rahmen des ihm eingeräumten Ermessens nach § 83 Abs. 2 i.V.m. § 81 FamFG getroffen. Dabei kann die Ermessensausübung vom Beschwerdegericht allein auf Ermessensfehler und nur im beschränkten Umfang darauf überprüft werden, ob die Voraussetzungen für einen der in § 81 Abs. 2 FamFG genannten Sonderfälle tatsächlich vorliegen (vgl. OLG Celle, FamRZ 2015, 326).
2. Der Senat vermag bei der vom Amtsgericht getroffene Ermessensentscheidung keine Ermessensfehler zu erkennen, sondern tritt ihr vollumfänglich bei. Es ist im Streitfall auch aus Sicht des Senats gemäß § 81 Abs. 2 Nr. 4 FamFG zutreffend, der Antragsgegnerin die Kosten vollständig aufzuerlegen, weil sie durch schuldhaftes Verletzen ihrer Mitwirkungspflichten zu einer erheblichen Verzögerung des Umgangsverfahrens beigetragen hat. Die Regelung erfordert auch nach der Gesetzesbegründung ganz bewusst keine Kausalität des vorwerfbaren Verhaltens für die aufzuerlegenden Kosten oder auch nur die Entstehung von Kosten überhaupt (BT-Drs. 16/6308 S. 215), sondern will vielmehr allgemein zur Einhaltung der namentlich in § 27 Abs. 1 FamFG begründeten Mitwirkungspflichten der Beteiligten anhalten (vgl. OLG Celle, NZFAm 2014, 916).
a) Die Antragsgegnerin hat ihre Mitwirkungspflichten im Verfahren wiederholt schuldhaft verletzt. Es ist mehrfach deutlich geworden, dass sie es bewusst unterlassen hat, zur Aufklärung der Umstände im Umgangsverfahren beizutragen und etwa die geänderte Haltung des Kindes zu Kontakten mit dem Antragsteller durch Außenstehende überprüfen zu lassen. Das während des gesamten Verfahrens zu Tage getretene Verhalten der Antragsgegnerin lässt den ...