Entscheidungsstichwort (Thema)
Kostenhaftung des Übernahmeschuldners bei Prozess-/Verfahrenskostenhilfe und ersatzweise Kostenhaftung des Veranlassungsschuldner
Leitsatz (amtlich)
1. Ein Beteiligter, dem Verfahrenskostenhilfe bewilligt ist, kann gem. § 122 Abs. 1 Nr. 1 ZPO durch die Landeskasse grundsätzlich auch dann nicht mit Erfolg auf Gerichtskosten in Anspruch genommen werden, wenn er durch die Kostenregelung in einem gerichtlichen Vergleich teilweise Übernahmeschuldner geworden ist aber keine Anzeichen für einen missbräuchlichen Vergleich zu Lasten der Landeskasse vorliegen; letzteres ist bei einem ausdrücklich vom Gericht vorgeschlagenen Vergleich auszuschließen (Anschluss an KG - Beschl. v. 14.2.2012 - 5 W 11/12 - juris u.a.; gegen OLG Frankfurt - Beschl. v. 4.11.2010 - 18 W 226/10 - A GS 2011, 545 u.a.).
2. Ein Antragsgegner, der (allein) gegen die erstinstanzliche Entscheidung Beschwerde eingelegt hat, haftet als Veranlassungsschuldner gem. § 21 Abs. 1 Satz 1 FamGKG für die gesamten Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens, wenn die Beteiligten in dem abschließenden gerichtlichen Vergleich zwar Kostenaufhebung vereinbart haben, eine Inanspruchnahme des Antragstellers durch die Landeskasse jedoch gem. § 122 Abs. 1 Nr. 1 ZPO ausgeschlossen ist.
Normenkette
ZPO § 122 Abs. 1 S. 1; FamGKG § 21 Abs. 1 S. 1, § 24 Nr. 2, § 26 Abs. 3
Verfahrensgang
AG Hannover (Aktenzeichen 606 F 602/10) |
Tenor
Die Erinnerung des Antragsgegners vom 15.3.2012 gegen den Kostenansatz betreffend die Kosten des Beschwerdeverfahrens wird zurückgewiesen.
Diese Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
I. Im vorliegenden Verfahren hatten die Antragsteller, die minderjährigen Kinder des Antragsgegners, diesen auf Kindesunterhalt in Anspruch genommen und hierfür um Verfahrenskostenhilfe nachgesucht. Diese wurde ihnen durch das AG ratenfrei bewilligt. Nachdem der Antragsgegner den laufenden Kindesunterhalt sodann in unterschiedlicher Höhe anerkannt hatte, hat das AG ihn darüber hinausgehend zur Zahlung laufenden Kindesunterhalts ab Mai 2011 sowie rückständigen Kindesunterhalts für den Antragsteller zu 2. für den Zeitraum von Oktober 2010 bis April 2011 verpflichtet. Hiergegen legte der Antragsgegner Beschwerde mit dem Ziel einer Abweisung der Anträge der Antragsteller ein, soweit die Unterhaltsbeträge nicht von ihm anerkannt worden waren. Die Antragsteller verteidigten die erstinstanzliche Entscheidung, wofür sie wiederum um Verfahrenskostenhilfe nachsuchten, die der Senat ihnen ebenfalls ratenfrei bewilligte. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat schlossen die Beteiligten sodann auf Vorschlag des Senats einen Vergleich, in dem sie zugleich vereinbarten, dass die Kosten des Verfahrens und des Vergleichs gegeneinander aufgehoben werden.
In der Schlusskostenrechnung des OLG wurden daraufhin Gerichtsgebühren nach Nr. 1224 der Anlage 1 zum FamGKG nach dem festgesetzten Verfahrenswert des Beschwerdeverfahrens von 5.000 EUR in einer Höhe von 242 EUR und damit in vollem Umfang zu Lasten des Antragsgegners angesetzt. In der abschließenden Kostenrechnung des AG Hannover vom 12.3.2012 wurden sodann diese wie auch die Gerichtsgebühren des erstinstanzlichen Verfahrens (Nr. 1220 der Anlage 1 zum FamGKG) ebenfalls in vollem Umfang gegen den Antragsgegner angesetzt. Gegen den Ansatz vom 12.3.2012 wendet sich der Antragsgegner mit seiner Erinnerung, der das AG, soweit es die bei ihm angesetzten Kosten betrifft, nach entsprechender Stellungnahme des dortigen Bezirksrevisors auch abgeholfen hat. Wegen der bei dem OLG angesetzten Kosten des Beschwerdeverfahrens hat das AG die Akten dem OLG vorgelegt. Die hiesige Kostenbeamtin hat nach abschlägiger Stellungnahme des hiesigen Bezirksrevisors der insoweit noch verbliebenen Erinnerung nicht abgeholfen, sondern die Akten dem Einzelrichter vorgelegt. Dieser hat die Sache wegen grundsätzlicher Bedeutung auf den Senat zur Entscheidung übertragen.
II.1. Die gem. § 57 Abs. 1 Satz 1 FamGKG zulässige Erinnerung gegen die Ziff. 2 der Kostenrechnung des AG Hannover vom 12.3.2012 in Verbindung mit dem Kostenansatz der Schlusskostenrechnung des OLG Celle vom 27.10.2011 (KR I) ist unbegründet. Zu Recht sind gegen den Antragsgegner die Gerichtskosten des durch Vergleich beendeten Beschwerdeverfahrens (Nr. 1224 Anlage 1 zum FamGKG) in voller Höhe angesetzt worden.
Zwar trifft den Antragsgegner hier in seiner Eigenschaft als Übernahmeschuldner i.S.v. § 24 Nr. 2 FamGKG lediglich eine Haftung in Höhe der Hälfte der vorgenannten Gerichtsgebühren. Er haftet jedoch daneben, soweit es das hier nur noch in Rede stehende Beschwerdeverfahren betrifft, auch als Veranlassungsschuldner gem. § 21 Abs. 1 Satz 1 FamGKG, denn dieses Verfahren hat er als Beschwerdeführer veranlasst. Verfahren im Sinne dieser Bestimmung ist dabei der jeweilige Rechtszug, Antragsteller derjenige Beteiligte, der die jeweilige Instanz durch seinen diesbezüglichen Antrag eingeleitet hat. Im Falle eines Rechtsmi...