Entscheidungsstichwort (Thema)
Materielle Rechtskraft der Entscheidung zur Nichtdurchführung des Versorgungsausgleichs aufgrund Ehevertrages
Leitsatz (amtlich)
Eine im Scheidungsverbund ergangene Entscheidung, dass der Versorgungsausgleich aufgrund einer entsprechenden ehevertraglichen Regelung nicht stattfindet, erwächst in materielle Rechtskraft und steht einem späteren isolierten Versorgungsausgleichsverfahren entgegen, wenn in der Entscheidung im Scheidungsverbund eine materiell-rechtliche Prüfung der Wirksamkeit des Ehevertrages erfolgt ist, auch wenn diese nicht der neueren Rechtsprechung des BGH zur Inhaltskontrolle von Eheverträgen entsprechen konnte.
Normenkette
BGB §§ 1408, 1587f; FGG § 53d
Verfahrensgang
AG Peine (Beschluss vom 21.06.2007; Aktenzeichen 10 F 469/06) |
Tenor
I. Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des AG - FamG - Peine vom 21.6.2007 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Anträge der Antragstellerin als unzulässig abgewiesen werden.
II. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
III. Die Antragstellerin trägt die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens.
Die Antragstellerin hat die dem Antragsgegner im Beschwerdeverfahren entstandenen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
IV. Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 1.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Beteiligten streiten um die Durchführung des Versorgungsausgleichs.
Sie hatten am 3.9.1975 die Ehe geschlossen. Durch notariellen Ehevertrag vom 20.10.1977 - Urkunderolle Nr. .../1977 des Notars Dr. ... in P. - haben sie bei gleichzeitigem Ausschluss der Zugewinngemeinschaft den Güterstand der Gütertrennung vereinbart (Ziff. 1), den Versorgungsausgleich ausgeschlossen (Ziff. 2) und zugunsten der Ehefrau eine Freistellungsvereinbarung bezüglich der Verbindlichkeiten, die auf dem im Alleineigentum des Ehemannes stehenden Hausgrundstück lasteten, getroffen (Ziff. 3).
Auf den am 27.8.1991 zugestellten Scheidungsantrag des Antragsgegners wurde die Ehe durch Urteil des AG P. vom 29.10.1992 - ... - rechtskräftig geschieden, nachdem die Folgesache Versorgungsausgleich im Hinblick darauf, dass Streit über die Wirksamkeit von dessen Ausschluss bestand, aus dem Scheidungsverbund abgetrennt worden war.
Mit Beschluss vom 4.3.1993 stellte das AG fest, dass ein Versorgungsausgleich nicht stattfindet. Zur Begründung führte es aus, dass die Eheleute im Ehevertrag ausdrücklich und gem. § 1408 BGB wirksam den Versorgungsausgleich ausgeschlossen hätten. Anhaltspunkte dafür, dass diese Vereinbarung sittenwidrig sei, habe die Ehefrau nicht substantiiert vorgetragen. Ihr Hinweis, dass sie bei Abschluss der Vereinbarung deren Tragweite nicht übersehen habe, sei nach entsprechender Belehrung durch den beurkundenden Notar nicht ausreichend. Rechtsmittel gegen diesen Beschluss wurden damals nicht eingelegt.
Im vorliegenden Verfahren begehrt die Antragstellerin die Feststellung, dass der Ehevertrag bezüglich des Ausschlusses des Versorgungsausgleichs unwirksam sei (Ziff. 1), und eine Regelung des Versorgungsausgleichs dahin, dass Versorgungsanwartschaften "i.H.v. damals 352,84 DM" unter Aufhebung des Beschlusses des AG vom 4.3.1993 auf das Versicherungskonto der Antragstellerin übertragen werden.
Durch den angefochtenen Beschluss hat das AG nach mündlicher Verhandlung die Anträge zurückgewiesen, weil eine Abänderung des Beschlusses vom 4.3.1993 gem. § 18 Abs. 2 FGG bzw. § 621e Abs. 1 und 3 ZPO nicht zulässig sei.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Antragstellerin, mit der sie ihr Begehren weiterverfolgt und die Unwirksamkeit der notariellen Vereinbarung im Hinblick auf die Rechtsprechung zur Inhaltskontrolle von Eheverträgen geltend macht.
II. Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet.
1. Die erstinstanzlichen Anträge der Antragstellerin, die sie im Beschwerdeverfahren erkennbar weiterverfolgt, sind in der Sache darauf gerichtet, den Versorgungsausgleich nunmehr durchzuführen, weil die diesen ausschließende ehevertragliche Regelung aus heutiger Sicht unwirksam sei.
2. Das dahingehend auszulegende Rechtsschutzbegehren der Antragstellerin ist nicht zulässig, weil diesem aus der Sicht des Senats die materielle Rechtskraft des Beschlusses vom 4.3.1993 entgegensteht.
Das isolierte Verfahren auf Durchführung des öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleichs bestimmt sich gem. §§ 621 Abs. 1 Nr. 6, 621a Abs. 1 Satz 1 ZPO nach den Vorschriften des Gesetzes über die Angelegenheiten der Freiwilligen Gerichtsbarkeit. Es handelt sich um ein echtes Streitverfahren (privatrechtliche Streitsache), bei dem über subjektiv private Rechte der Beteiligten entschieden wird. Die gerichtlichen Entscheidungen sind der formellen und materiellen Rechtskraft fähig (BGH FamRZ 1983, 44; 2002, 1553; 2007, 536; Schmidt in: Keidel/Kuntze/Winkler, FG, 15. Aufl., Rz. 226, 227 zu § 12).
a) Gemäß § 53d Satz 1 FGG findet eine Entscheidung über den Versorgungsausgleich nach § 1587b BGB u.a. insoweit nicht statt, als die Ehegatten den Versorgungsausgleich nach § 1408 Abs. 2 BGB ausg...