Leitsatz (amtlich)
Nimmt der Kläger nach der Abweisung der Klage im ersten Rechtszug im Berufungsverfahren die Klage mit Zustimmung des Beklagten zurück, steht ihm ein Anspruch auf Verzinsung der festgesetzten Kosten nicht bereits seit Eingang seines nach der erst-instanzlichen Kostengrundentscheidung eingereichten Kostenfestsetzungsantrages zu.
Normenkette
ZPO § 104 Abs. 1 S. 1
Verfahrensgang
LG Hannover (Beschluss vom 16.11.2011; Aktenzeichen 21 O 61/08) |
Tenor
Die am 23.12.2011 eingegangene sofortige Beschwerde der Nebenintervenientinnen der Beklagten zu 1 und 2 vom 22.12.2011 gegen den am 22.12.2011 zugestellten Kostenfestsetzungsbeschluss der Rechtspflegerin der 1. Kammer für Handelssachen des Land-gerichts Hannover vom 16.11.2011 wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens haben die Nebenintervenientinnen der Beklagten zu 1 und 2 zu tragen.
Der Wert des Beschwerdeverfahrens beträgt 27.014,47 EUR.
Gründe
I. Die gem. § 11 Abs. 1 RPflG i.V.m. §§ 104 Abs. 3 Satz 1, 567 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2, 569 ZPO zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde der Nebenintervenientinnen der Beklagten zu 1 und 2 hat keinen Erfolg. Das LG hat mit Recht ausgesprochen, dass die festgesetzten Kosten (erst) ab dem 31.5.2011 zu verzinsen sind, § 104 Abs. 1 S. 2 ZPO.
1. Nach § 104 Abs. 1 S. 2 ZPO ist auf Antrag auszusprechen, dass festgesetzte Kosten vom Eingang des Festsetzungsantrages mit fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB zu verzinsen sind. Dies betrifft den prozessualen Kostenerstattungsanspruch, der als aufschiebend bedingter Anspruch mit Klageerhebung entsteht. Allein die Entstehung des Anspruchs führt aber noch zu keiner Verzinsungspflicht des Kostenschuldners. Zinsen können vielmehr erst ab dem Zeitpunkt des Vorliegens eines vollstreckbaren Titels als Kostengrundentscheidung zugesprochen werden (Musielak-Wolst, ZPO, 8. Aufl., Rz. 12 zu § 104; Zöller/Herget, ZPO, 29. Aufl., Rz. 10 Vor § 91; Bork in Stein/Jonas, ZPO, Band 2, 22. Aufl., Rz. 27 zu § 104).
Bei einer vollständigen Klagerücknahme in zweiter Instanz ist, soweit wie hier die Kostenfolge in einem Beschluss nach § 269 Abs. 4, Abs. 3 S. 2 ZPO festgestellt wird, dieser Beschluss der maßgebliche Vollstreckungstitel.
2. Zwar ist bei einer im Berufungsrechtszug getroffenen Kostengrundentscheidung nach der Rechtsprechung des BGH (NJW 2006, 1140) bei einer damit vorgenommenen Änderung der Kostenquote derjenige Betrag der erstinstanzlichen Kosten, der sowohl nach der erst- als auch nach der zweitinstanzlichen Kostengrundentscheidung zu erstatten ist, schon seit dem Eingang des ursprünglichen Kostenfestsetzungsantrages zu verzinsen. Der BGH hat diese Entscheidung aber in dem Kontext jeweils teilweiser Rücknahmen der Klage und der Berufung der Beklagten getroffen und dazu ausgeführt (Juris Rz. 5):
"... Erkennt jedoch das Berufungsgericht auf eine andere Kostenquote als das erstinstanzliche Gericht, ist darin regelmäßig keine Aufhebung der erstinstanzlichen Kostengrundentscheidung zu sehen. Vielmehr wird die Kostenentscheidung - wie die Sachentscheidung - nur insoweit abgeändert, als sie inhaltlich von der Vorentscheidung abweicht ..."
Der Bundesgerichthof hat damit wie auch die obergerichtliche Rechtsprechung (vgl. OLG Naumburg Beschl. v. 18.3.2002 - 11 W 115/01; OLG Hamburg, JurBüro 1989, 388; OLG Zweibrücken, JurBüro 1995, 427; OLG Karlsruhe, JurBüro 1997, 426; a.A. z.B. OLG Düsseldorf, JurBüro 1985, 304; OLG München, JurBüro 1982, 447: danach aber Verzinsung immer erst ab Entscheidung der zweiten Instanz) deutlich gemacht, dass in derartigen Fällen das Bestehenbleiben der lediglich geänderten erstinstanzlichen Kostengrundentscheidung entscheidend ist (vgl. auch Musielak a.a.O.: wird ein erstinstanzlicher Kostentitel im Rechtsmittelverfahren abgeändert, beginnt die Verzinsung des Kostenerstattungsanspruchs, soweit der Erstattungsanspruch von Bestand geblieben ist, mit der Einreichung des ersten Festsetzungsantrages; ebenso von Eicken/Hellestab-Mathias, Die Kostenfestsetzung, 20. Aufl., Rz. B 113).
3. An einer bloßen Abänderung der danach noch teilweise fortbestehenden Kostengrundentscheidung der ersten Instanz fehlt es aber, wenn wie hier die Klage in zweiter Instanz zurückgenommen wird. Dann wird gem. § 269 Abs. 3 S. 1 HS 2 ZPO das Urteil erster Instanz und damit auch die darin getroffene Kostengrundentscheidung wirkungslos. Eine Kostenfestsetzung kann dann nicht - wie in dem vom BGH zu entscheidenden Fall - auf einer in zweiter Instanz bloß geänderten Kostengrundentscheidung der ersten Instanz fußen, sondern nach wirkungsloser Entscheidung in erster Instanz ausschließlich auf einer Kostenentscheidung der zweiten Instanz in einem Beschluss nach § 269 Abs. 4, Abs. 3 S. 2 ZPO.
4. Das entspricht auch der Situation, in der die Kostengrundentscheidung in einem Urteil erster Instanz dadurch entfällt, dass die getroffene Entscheidung aufgehoben und die Sache zu erneuten Entscheidung zurückverwiesen wird. Auch dann kommt ...