Entscheidungsstichwort (Thema)

Beurteilung verfahrenskostenhilferechtlicher Mutwilligkeit im Beschwerdeverfahren nach rechtskräftiger Kostenentscheidung gem. § 243 Satz 2 Nr. 2 FamFG

 

Leitsatz (amtlich)

Bei der für die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe anzustellenden Beurteilung der Mutwilligkeit der Rechtsverteidigung im Hinblick auf unterlassene rechtzeitige Auskunftserteilung durch den Unterhaltsverpflichteten ist das Rechtsmittelgericht nach dem vom BGH (Beschl. v. 7.3.2012 - XII ZB 391/10, FamRZ 2012 964 ff. = NJW 2012, 1964 ff. = MDR 2012, 1247 ff. = juris) entwickelten Grundsatz auch an die inzwischen eingetretene Rechtskraft der nach Erledigung der Hauptsache ergangenen isolierten Kostenentscheidung gebunden, die dem Antragsgegner gem. § 243 Satz 2 Nr. 2 FamFG die gesamten Verfahrenskosten auferlegt.

 

Normenkette

FamFG § 243 S. 2 Nr. 2; ZPO § 114

 

Verfahrensgang

AG Uelzen (Beschluss vom 14.02.2013; Aktenzeichen 3b FH 1027/11)

 

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

 

Gründe

I. Der Antragsgegner ist im vorliegenden Verfahren von seinen beiden minderjährigen, durch das örtliche Jugendamt als Beistand vertretenen Töchtern im sog. Vereinfachten Verfahren auf Festsetzung des Mindestunterhalts in Anspruch genommen worden. Er ist seiner Inanspruchnahme entgegengetreten und hat für das erstinstanzliche Verfahren um Verfahrenskostenhilfe (VKH) nachgesucht. Nach Erteilung von weiteren umfangreichen Auskünften durch den Antragsgegner haben die Beteiligten das Verfahren übereinstimmend für erledigt erklärt.

Das AG hat mit zwei parallelen Beschlüssen vom 14.2.2013 zum einen über die Kosten des Verfahrens entscheiden und diese dem Antragsgegner auferlegt. Zum anderen hat es ihm die nachgesuchte VKH versagt. Beide Entscheidungen sind entscheidend darauf gestützt, dass der Antragsgegner durch unzureichende rechtzeitige Auskunftserteilung Veranlassung für die Antragsteller zur Verfahrenseinleitung gegeben habe, was nach dem in § 243 Satz 2 Nr. 2 FamGKG enthaltenen Grundsatz hier zur Auferlegung der Verfahrenskosten führen müsse und zugleich einer VKH-Bewilligung durchgreifend entgegenstehe.

Gegen beide, ihm jeweils am 20.2.2013 zu Händen seines Verfahrensbevollmächtigten zugestellten Beschlüsse hat der Antragsgegner unter dem Schriftsatzdatum (Donnerstag, den) 7.3.2013 am 11.3.2013 beim AG sofortige Beschwerden eingelegt. Damit begehrt er zum einen die Änderung der Kostenentscheidung hin zur vollständigen Auferlegung der Kosten auf die Antragstellerinnen und verfolgt zum anderen - bezogen auf das vorliegende Beschwerdeverfahren - sein VKH-Gesuch weiter.

Das AG hat der sofortigen Beschwerde mit Beschluss vom 11.3.2013 nicht abgeholfen und sie dem Senat zur Entscheidung vorgelegt. Der originär berufene Einzelrichter hat die Sache auf den Senat übertragen.

Der Senat hat im parallelen Beschwerdeverfahren 10 WF 85/13 die sofortige Beschwerde des Antragsgegners gegen die isolierte Kostenentscheidung mit Beschluss vom heutigen Tage wegen Versäumung der - insoweit gem. § 569 Abs. 1 Satz 1 ZPO zwei Wochen betragenden - Beschwerdefrist als unzulässig verworfen.

II. Die hier zu bescheidende sofortige Beschwerde des Antragsgegners gegen die amtsgerichtliche Versagung der nachgesuchten VKH ist zwar zulässig, insbesondere fristgerecht innerhalb der Monatsfrist gem. § 113 Abs. 1 FamFG i.V.m. §§ 569 Abs. 1 Satz 1, 127 Abs. 2 Satz 3 ZPO eingelegt worden.

Sie kann jedoch in der Sache keinen Erfolg haben.

Denn der Senat ist bei der Prüfung der vom AG für die Versagung der VKH herangezogenen Gesichtspunkte an die zwischenzeitlich rechtskräftig gewordene diesbezügliche Beurteilung im Rahmen der - auf die Regelung der Kosten beschränkten - Hauptsacheentscheidung gebunden.

1. Nach ausdrücklicher Rechtsprechung des Bundegerichtshofes (BGH, Beschl. v. 7.3.2012 - XII ZB 391/10, FamRZ 2012 964 ff. = NJW 2012, 1964 ff. = MDR 2012, 1247 ff. = juris) ist das Rechtsmittelgericht bei der für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) bzw. VKH anzustellenden Beurteilung der Erfolgsaussicht der Rechtsverfolgung oder -verteidigung grundsätzlich an die inzwischen eingetretene Rechtskraft einer Hauptsacheentscheidung gebunden.

2. Nichts anderes kann aber gelten, wenn es für die Entscheidung über PKH/VKH maßgeblich auf die Beurteilung einer vergleichbaren Frage ankommt und über diese eine zwischenzeitlich bestandskräftige Entscheidung vorliegt. Im Streitfall hat das AG für die Bewilligung der nachgesuchten VKH entscheidend darauf abgestellt, dass der Antragsgegner seiner für Unterhaltssachen in § 243 Satz 2 Nr. 2 FamFG ausdrücklich auch unter kostenrechtlicher Sanktionierung statuierten Verpflichtung zur rechtzeitigen und vollständigen Auskunftserteilung nicht nachgekommen ist und die sich daraus ergebene Kostensanktion nicht durch eine Bewilligung von VKH unterlaufen werden darf. Diese grundlegende Erwägung wird auch vom Senat in ständiger Rechtsprechung geteilt (vgl. Beschl. v. 12.8.2011 - 10 WF 299/10, FamRZ 2012, 47 = MDR 2011, 1235 f. = JurBüro 2011, 653 f. =...

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