Leitsatz (amtlich)
1. Die für eine deutsche Verfolgung von Auslandstaten im Rahmen des Weltrechtsprinzips nach § 6 Nr. 5 StGB geforderten legitimierenden Anknüpfungstatsachen sind jedenfalls dann gegeben, wenn der Beschuldigte im Inland ergriffen worden ist. Dass der Ergreifung eine Auslieferung vorausging, steht dem nicht entgegen.
2. Weitere Anknüpfungstatsachen ergeben sich daraus, dass im Ausland vertriebenes Rauschgift anschließend in die Bundesrepublik Deutschland eingeführt wurde, dass bei den Auslandstaten eingesetzte Rauschgiftkuriere in Deutschland angeworben wurden, dass sie ihren Kurierlohn in Deutschland erhielten, und schließlich daraus, dass Erlöse aus den ausländischen Rauschgiftgeschäften auch in Deutschland gewaschen wurden.
Tenor
Die Untersuchungshaft dauert fort.
Die weitere Haftprüfung wird für die Zeit bis zum 14. Dezember 2010 dem Landgericht Hannover übertragen.
Gründe
I. 1. Der Angeschuldigte wurde in dieser Sache am 27. Juli 2010 in H. festgenommen und befindet sich seitdem ununterbrochen in Untersuchungshaft aufgrund des Haftbefehls des Amtsgerichts Hannover vom 2. November 2009 - 276 Gs 26/10 -. Durch diesen Haftbefehl wird dem Angeschuldigten unerlaubtes Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in 25 Fällen vorgeworfen. Konkret wird ihm zur Last gelegt, in der Zeit von Dezember 2006 bis Juni 2007 durch verschiedene Rauschgiftkuriere jeweils zwischen 900 g und 6,3 kg Kokain pro Tat, insgesamt rund 42 kg Kokain, nach A./N. eingeführt zu haben, um das Kokain von dort gewinnbringend weiter zu veräußern. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Haftbefehl Bezug genommen.
Der Haftbefehl ist auf den Haftgrund der Fluchtgefahr gemäß § 112 Abs. 2 Nr. 2 StPO gestützt. Der Angeschuldigte wurde auf dem Luftweg von Spanien an Deutschland ausgeliefert, nachdem er aufgrund des Europäischen Haftbefehls der Staatsanwaltschaft Hannover vom 2. Februar 2010, welcher die im vorgenannten Haftbefehl des Amtsgerichts Hannover aufgeführten Taten umfasste, am 14. Juli 2010 in M. festgenommen worden war.
2. Bereits zuvor hatte sich der Angeschuldigte vom 27. März 2009 bis zum 17. August 2009 in Deutschland in Untersuchungshaft befunden, und zwar aufgrund des Haftbefehls des Amtsgerichts Hannover vom 12. Februar 2008 - 176 Gs 6/08-, mit dem ihm unerlaubtes Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in sieben Fällen vorgeworfen worden war. Konkret wurde ihm dort zur Last gelegt, in der Zeit vom 31. Mai 2006 bis zum 4. April 2007 durch die Rauschgiftkuriere K. A. A. und A. V. Kokainmengen zwischen 2 kg und 7,635 kg pro Tat, insgesamt mindestens 23,635 kg Kokain, aus L./T. über T./L. und B./B. nach A./N. eingeführt zu haben, um das Kokain von dort gewinnbringend weiter zu veräußern. Der Angeschuldigte war am 24. Juni 2007 aufgrund eines von den niederländischen Behörden gegen ihn geführten Ermittlungsverfahrens wegen Kokainhandels in seiner Wohnung in A. festgenommen worden und wurde von den Niederlanden zur Verfolgung wegen der im Haftbefehl des Amtsgerichts Hannover vom 12. Februar 2008 - 176 Gs 6/08 - aufgeführten Taten am 27. März 2009 an Deutschland ausgeliefert. Daraufhin erhob die Staatsanwaltschaft am 30. April 2009 Anklage wegen der sieben vorgenannten Taten. Am 6. Juli 2009 eröffnete das Landgericht Hannover das Hauptverfahren. Die Hauptverhandlung begann am 17. August 2009. An diesem Tag hob das Landgericht Hannover den Haftbefehl des Amtsgerichts Hannover vom 12. Februar 2008 - 176 Gs 6/08 - mangels Fortbestehens des dringenden Tatverdachts auf und erließ zugleich einen Haftbefehl zur Sicherung der Rücklieferung des Angeklagten an die Niederlande, welche am 20. August 2009 erfolgte. Ein in den Niederlanden gegen den Angeklagten geführtes Strafverfahren, das sich insbesondere auf die bei der Durchsuchung der Wohnung des Angeklagten in A. xxxxxxxxx, xxxx xx xxxx xxx, am 24. Juni 2007 aufgefundenen, zum Teil noch in "Bodypacks" verpackten ca. 2 kg Kokain bezog, ist bislang nicht rechtskräftig abgeschlossen. Der Angeklagte wurde in der Folgezeit von den Niederlanden nach Spanien abgeschoben.
3. In vorliegender Sache hat die Staatsanwaltschaft wegen der im Haftbefehl des Amtsgerichts Hannover vom 2. November 2009 - 276 Gs 26/10 - aufgeführten Taten am 5. August 2010 Anklage erhoben, welche am 11. August 2010 beim Landgericht Hannover eingegangen ist und der Verteidigerin des Angeschuldigten am 17. August 2010 mit einer Erklärungsfrist von zwei Wochen zugestellt wurde.
4. Mit Beschluss vom 27. August 2010 hat das Landgericht Hannover Haftfortdauer angeordnet und die Akten dem Senat zur Haftprüfung vorgelegt. Die Staatsanwaltschaft und die Generalstaatsanwaltschaft halten die Fortdauer der Untersuchungshaft über die Dauer von sechs Monaten hinaus für erforderlich. Der Angeschuldigte hat durch Schriftsatz seiner Verteidigerin vom 14. September 2010 geltend gemacht, dass die Fortdauer der Untersuchungshaft unzulässig sei.
II. Die besondere Haftprüfung gemäß §§ 121, 122 StPO na...