Entscheidungsstichwort (Thema)

SkyECC. EncroChat. zu erwartende Verfahrensverzögerung. Zeitraum für einen Eröffnungsbeschluss

 

Leitsatz (amtlich)

1. Zur Verwertbarkeit von bei TKÜ-Maßnahmen erlangten Chat-Protokollen des Anbieters "SkyECC".

2. Eine bevorstehende, aber schon jetzt deutlich absehbare Verfahrensverzögerung steht nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts einer bereits eingetretenen Verfahrensverzögerung gleich. Erfordert die Prüfung des hinreichenden Tatverdachts bzgl. einer Vielzahl von Taten die Auswertung von Chatprotokolle sowie Protokollen von Abhör- und Observationsmaßnahmen ist jedenfalls ein Zeitraum von gut einem Monat zwischen dem Ablauf der Stellungnahmefrist der Angeschuldigten zur erhobenen Anklage (§ 201 StPO) und dem avisierten Termin für die Fassung des Eröffnungsbeschlusses und etwa eines weiteren Monats bis zum beabsichtigten Beginn der Hauptverhandlung nicht zu beanstanden.

 

Normenkette

StPO §§ 121-122

 

Tenor

Die Fortdauer der Untersuchungshaft über neun Monate hinaus wird angeordnet.

Die Haftprüfung für die nächsten drei Monate wird dem nach den allgemeinen Vorschriften dafür zuständigen Gericht übertragen.

 

Gründe

I.

Die Angeschuldigten A, B und C wurden am 23.03.2022 aufgrund Haftbefehls des Amtsgerichts Köln vom 07.03.2022 festgenommen und befinden sich seit diesem Tag ohne Unterbrechung in Untersuchungshaft. Die Angeschuldigte D wurde ebenfalls am 23.03.2022 festgenommen und befindet sich aufgrund Haftbefehls des Amtsgerichts Gelsenkirchen vom selben Tag in Untersuchungshaft.

Mit den Haftbefehlen wird den Angeschuldigten folgendes zur Last gelegt:

a) dem Angeschuldigten A in 28 Fällen unerlaubtes Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (§ 29 a Abs. 1 Nr. 2 BtMG, 53 StGB), davon

- in einem Fall in Tateinheit mit unerlaubtem Vertrieb und Umgang mit explosionsgefährlichen Stoffen (§§ 22 Abs. 1 S. 2, 27 Abs. 1, 40 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 Nr. 3 a) SprengG, 52 StGB),

- in einem weiteren Fall in Tateinheit mit unerlaubtem Erwerb sowie Besitz von Munition (§§ 2 Abs. 2, 52 Abs. 3 Nr. 3 b) WaffG, 52 StGB),

- in einem weiteren Fall in Tateinheit mit unerlaubtem Erwerb und Besitz von halbautomatischen Kurzwaffen (§§ 2 Abs. 2 , 52 Abs. 1 Nr. 2 b) WaffG, 52 StGB),

- in einem weiteren Fall in Tateinheit mit unerlaubtem Handeltreiben mit einer Schusswaffe sowie mit unerlaubtem Besitz einer Schusswaffe (§§ 2 Abs. 2, 52 Abs. 1 Nr. 2 c), Abs. 3 Nr. 2 a) WaffG, 52 StGB) sowie in zwei Fällen unerlaubter Erwerb und Besitz einer Schusswaffe (§§ 2 Abs. 2, 52 Abs. 3 Nr. 2 a) WaffG, 52, 53 StGB) und in drei Fällen unerlaubter Erwerb und Besitz halbautomatischer Kurzwaffen, davon in zwei Fällen in Tateinheit mit unerlaubtem Erwerb und Besitz von Munition (§§ 2 Abs. 2, 52 Abs. 1 Nr. 2 b), Abs. 3 Nr. 2 b) WaffG, 52, 53 StGB);

b) den Angeschuldigten A und C gemeinschaftlich in einem Fall unerlaubter Vertrieb in Tateinheit mit unerlaubtem Umgang mit explosionsgefährlichen Stoffen (§§ 22 Abs. 1 S. 2, 27 Abs. 1, 40 Abs. 1 Nr. 3, Nr. 3 a) SprengG, 25 Abs. 2, 52, 53 StGB) sowie in einem weiteren Fall unerlaubte Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (§§ 29 a Abs. 1 Nr. 2, 30 Abs. 1 Nr. 4 BtMG, 25 Abs. 2, 27 Abs. 1, 52, 53 StGB);

c) den Angeschuldigten A und B gemeinschaftlich in zwei Fällen unerlaubte Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (§§ 29 a Abs. 1 Nr. 2, 30 Abs. 1 Nr. 4 BtMG, 25 Abs. 2, 27 Abs. 1, 52, 53 StGB);

d) dem Angeschuldigten B in drei Fällen Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (§§ 29 a Abs. 1 Nr. 2, 27 Abs. 1, 53 StGB);

e) der Angeschuldigten D Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (§§ 29 a Abs. 1 Nr. 2, 27 Abs. 1, 52, 53 StGB) sowie unerlaubter Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (§ 29 a Abs. 1 Nr. 2 BtMG, 25 Abs. 2, 53 StGB).

Die Haftbefehle sind auf den Haftgrund der Fluchtgefahr (§ 112 Abs. 2 Nr. 2 StPO) und bezüglich des Angeschuldigten A zusätzlich auf den Haftgrund der Wiederholungsgefahr (§ 112 a Abs. 1 Nr. 2 StPO) gestützt. Wegen der weiteren Einzelheiten der den Angeschuldigten zur Last gelegten Taten sowie der Gründe für das Vorliegen von Fluchtgefahr und Wiederholungsgefahr wird auf die Haftbefehle des Amtsgerichts Köln vom 07.03.2022 (Az. 501 Gs 547-549/22) und des Amtsgerichts Gelsenkirchen vom 23.03.2022 (Az. 326 Gs 15/22) Bezug genommen (SB OLG-Vorlage, Bl. 1 ff., Bl. 25 ff.).

Mit Beschluss vom 30.03.2022 hat das Amtsgericht Gelsenkirchen u.a. bezüglich der Angeschuldigten D die Zuständigkeit für weitere gerichtliche Entscheidungen nach § 126 Abs. 1 S. 3 StPO auf das Amtsgericht Köln übertragen. Dieses hat am 15.08.2022 festgestellt, dass die Voraussetzungen zur Aufrechterhaltung der Untersuchungshaft aus den Haftbefehlen über sechs Monate hinaus be...

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