Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Addition der Werte von Zahlungs- und Duldungsklage; keine Bindung an objektiv willkürliche Verweisung
Normenkette
ZPO §§ 5, 36, 281
Verfahrensgang
LG Stade (Aktenzeichen 5 O 395/01) |
AG Tostedt (Aktenzeichen 18 C 157/01) |
Tenor
Das AG Tostedt wird als das zuständige Gericht bestimmt. Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei.
Gründe
Die nach § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO in dem Kompetenzkonflikt mit dem AG T. gebotene Vorlage der Sache durch das LG S. führt zur Bestimmung des AG T. als zuständiges Gericht. Das LG hat im Vorlagebeschluss mit Recht die Annahme des vom AG T. verwiesenen Verfahrens abgelehnt, weil der Verweisungsbeschluss des AG auf offensichtlicher Willkür bei der Festsetzung des Streitwerts auf einen die Wertgrenze übersteigenden Betrag beruht. Ein auf Willkür beruhender Verweisungsbeschluss entfaltet aber keine Bindungswirkung i.S.v. § 281 Abs. 2 ZPO (Zöller/Greger, ZPO, 22. Aufl., § 281 Rz. 17).
Das AG hat den Wert für die Klage auf Zahlung von 10.000 DM und Duldung der Vollstreckung wegen eines erstrangigen Teilbetrags aus der für die Hauptforderung bestellten Grundschuld im Wege der Zusammenrechnung von Hauptantrag (10.000 DM) und Duldungsantrag (3.000 DM) auf 13.000 DM festgesetzt. Nach völlig unbestrittener Auffassung erhöht sich aber der Streitwert einer Zahlungsklage nicht, wenn sie – wie hier – mit der Duldungsklage wegen einer den geltend gemachten Anspruch sichernden Grunddienstbarkeit verbunden wird, eine Zusammenrechnung der Werte findet dann nicht statt; entscheidend ist der Wert der Zahlungsklage (Zöller/Herget, ZPO, 22. Aufl., § 3 Rz. 16 „Duldung” und § 5 Rz. 8; Baumbach/Hartmann, ZPO, 58. Aufl., § 5 Rz. 4 „Duldung”; Schwerdtfeger in MünchKomm/ZPO, § 5 Rz. 4; Stein/Jonas, ZPO, 21. Aufl., § 5 Rz. 9). Obwohl das AG auf eben diese einhellige Auffassung bereits sowohl durch die Klägerin selbst als auch durch Verfügung des Kammervorsitzenden vom 3.8.2001 im Rahmen einer Streitwertbeschwerde hingewiesen worden ist, hat es selbst ohne irgendeine Auseinandersetzung mit der herrschenden Meinung lediglich vermerkt, es halte an seiner Auffassung fest, weil die zusätzliche Sicherung in der Duldung der Vollstreckung auch ein zusätzliches Interesse der Klägerin bedeute, die auch im Streitwert Ausdruck finden müsse. Diese Begründung wird aber weder dem tragenden Grund der herrschenden Auffassung, dass nämlich bei wirtschaftlicher Identität mehrerer in einer Klage verbundenen Ansprüche eine Zusammenrechnung dem Zweck des § 5 ZPO nicht entspreche, gerecht noch hat das AG irgendein Rechtsprechungs- oder Literaturzitat, welches für seine Meinung sprechen könnte, benannt (das könnte es soweit ersichtlich wohl auch nicht). Deshalb handelt es sich bei der vom AG vertretenen Auffassung lediglich um eine „Spezialrechtsprechung” des AG T. Selbst wenn man einmal zugunsten des verweisenden AG unterstellt, dass es seine Auffassung nicht etwa auch subjektiv willkürlich mit der Zielrichtung, eine Sache durch Verweisung „los zu werden” gebildet hat, sondern subjektiv von der Richtigkeit seiner zur Bemessung des Zuständigkeitsstreitwerts vertretenen Auffassung überzeugt ist, ändert dies nichts an Willkür i.S.v. § 281 Abs. 2 ZPO, denn danach kommt es darauf an, ob die Verweisung als objektiv willkürlich erscheint (Zöller/Greger, ZPO, 22. Aufl., § 281 Rz. 17). Objektiv willkürlich ist aber eine entgegen einer einhelligen Meinung in Rechtsprechung und Literatur vertretene Auffassung, für die es an jeder Rechtsgrundlage fehlt (BGH v. 19.1.1993 – X ARZ 845/92, MDR 1993, 576 = NJW 1993, 1273; KG MDR 1999, 439 – letztere Entscheidung betrifft ebenfalls eine willkürliche Festsetzung des Zuständigkeitswerts unter unrichtiger Zusammenrechnung nach § 5 ZPO). Natürlich liegt es im Rahmen unabhängiger Rechtsprechung, auch Außenseitermeinungen zu vertreten, wenn ein Gericht aus ernst zu nehmenden Gründen eine sog. herrschende Auffassung für unrichtig hält. Dieser Fall einer ernsthaft vertretenen Abweichung von einer einhelligen Auffassung liegt hier aber schon deswegen nicht vor, weil sich das AG – außer dem Argument, nach seiner Meinung müsse eben der zusätzliche Duldungsantrag sich den Wert erhöhend auswirken – nicht die geringste Mühe gemacht hat, seine abweichende Auffassung in Auseinandersetzung mit den Argumenten der einhelligen herrschenden Auffassung im Einzelnen zu begründen.
Dass die Klägerin den Verweisungsantrag gestellt hat, rechtfertigt die Verweisung ebenfalls nicht. Eine Fallkonstellation wie z.B. bei einer Schmerzensgeldklage nach zunächst willkürlicher Festsetzung auf einen die Zuständigkeitsgrenze überschreitenden Streitwert, den sich der Kläger dann aber durch den Verweisungsantrag zu Eigen macht (vgl. dazu OLG Celle Nds.Rpfl. 2001, 55), liegt hier nicht vor. Die Klägerin hat ausdrücklich erklärt, sie wolle – nicht zuletzt aus Kostengründen – nur eine Teilklage beim AG i.H.v. 10.000 DM führen. Sie hat ausdrücklich erklärt, dass sie die vom AG vorgenommene Wertfestsetzung für f...