Normenkette
VVG § 6 Abs. 1; SGB 7 § 15 Abs. 1 S. 1
Verfahrensgang
LG Bückeburg (Beschluss vom 20.01.2010) |
Tenor
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Einzelrichters der 1. Zivilkammer des LG Bückeburg vom 20.1.2010 wird zurückgewiesen.
Die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Antragsteller.
Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens wird (für die Anwaltsgebühren) auf bis zu 65.000 EUR festgesetzt.
Gründe
Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Einzelrichters der 1. Zivilkammer des LG Verden ist unbegründet. Die beabsichtigte Klage besitzt keine hinreichende Aussicht auf Erfolg i.S.v. § 114 ZPO.
Nach Prüfung der Sach- und Rechtslage steht dem Antragsteller kein Anspruch gegen die Antragsgegnerin auf Gewährung von Deckungsschutz gem. §§ 1 Satz 1, 49 VVG a.F. in Verbindung mit Teil III, Abschnitt 1, § 7 des Allgemeinen Teils-/Sach-, Inhalts- und Betriebsunterbrechungs-, Betriebsschließungs-, Elektronik-, Autoinhalts und Glasversicherung (nachfolgend: AVB) zu.
Der Antragsteller verstieß gegen seine vorvertraglichen Obliegenheiten mit der Folge, dass die Antragsgegnerin gem. Ziff. III.1§ 4 Ziff. 2 AVB i.V.m. § 6 Abs. 1 VVG a.F. von der Leistung frei ist.
Der Brandsachverständige kam in seinem Gutachten vom 12.7.2007 zu dem Ergebnis, dass die Entstehung des Brandes in einem hinter der Theke befindlichen Mülleimer als gesichert angesehen werden könne (Bl. 168 d.A.). Dies ergebe sich aus dem vom Antragsteller geschilderten zeitlichen Ablauf der Aufräumarbeiten und aus dem vorgefundenen Schadensbild. Diese Feststellungen werden vom Antragsteller nicht in Zweifel gezogen. Vielmehr geht auch der Antragsteller davon aus, dass sich im Mülleimer aufgrund der hierin entleerten Zigarettenreste ein Brand entwickelte (Bl. 4 d.A.). Das sei möglich gewesen, weil der Deckel des Mülleimers auch nicht mehr aufklärbaren Umständen vor dem Verlassen des Restaurants nicht von Hand verschlossen worden sei. Der Antragsteller räumt darüber hinaus ein, dass der ursprünglich selbstschließende Deckel des Mülleimers aufgrund einer vor einigen Jahren erfolgten Reparatur nur noch von Hand geschlossen werden konnte.
Dieser Umstand begründet eine Verletzung von Obliegenheitspflichten gem. Ziff. III.1§ 4 Ziff. 1a) AVB i.V.m. § 6 VVG a.F. Danach verstößt der Versicherungsnehmer gegen seine Obliegenheiten, wenn er gesetzliche, behördliche oder in dem Versicherungsvertrag vereinbarte Sicherheitsvorschriften verletzt.
Der Einzelrichter hat zutreffend darauf hingewiesen, dass die von der Antragsgegnerin vorgelegte Verordnung über die Verhütung von Bränden nur für das Bundesland Bayern gilt und eine entsprechende niedersächsische Bestimmung nicht existiert. Auch unterfällt das versicherte Restaurant nicht dem Anwendungsbereich der niedersächsischen Versammlungsstättenverordnung. Diese Bestimmung ist gem. § 1 Abs. 1 NVStättVO vielmehr erst bei Versammlungsräumen mit einer Kapazität von mehr als 200 Besuchern anwendbar.
Allerdings stellen die bereits vom Antragsteller zitierten Unfallverhütungsvorschriften eine gesetzliche Sicherheitsvorschrift im Sinne von Ziff. III.1§ 4 Ziff. 1a) AVB dar. Mit dem Begriff der gesetzlichen Sicherheitsvorschriften sind Gesetze im materiellen Sinne gemeint, m.a.W. jede generell-abstrakte Regelung mit Außenwirkung (vgl. Martin, Sachversicherungsrecht, 3. Aufl., Abschnitt M I, Rz. 19). Hierunter fallen neben Gesetzen im formellen Sinne auch Verordnungen und Satzungen. Erfasst werden damit auch die berufsgenossenschaftlichen Unfallverhütungsvorschriften. Diese Vorschriften werden gem. § 15 SGB VII von den Unfallversicherungsträgern als Körperschaften öffentlichen Rechts erlassen und vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales genehmigt. Sie regeln die erforderlichen Maßnahmen u.a. zur Verhütung von Arbeitsunfällen, Berufskrankheiten und arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren. Unfallverhütungsvorschriften stellten gem. § 15 Abs. 1 Satz 1 SGB VII autonomes Satzungsrecht dar (vgl. Ossenbühl in: Isensee/Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts, § 66 Rz. 10). Autonomes Satzungsrecht ist aber Recht im Sinne materieller Gesetze, steht deshalb u.a. unter Gesetzesvorbehalt und unterliegt der Staatsgarantie sowie der Rechtsweggarantie (vgl. BVerfG NJW 1981, 2239; BVerfG BVerfGE 33, 125; Ossenbühl, a.a.O., Rz. 35).
Im vorliegenden Fall verstieß der Antragsteller gegen die berufsgenossenschaftlichen Regeln "Arbeiten in Gaststätten" (BGR 110), die anders als die von der Antragsgegnerin zitierte BGR 111 einschlägig sind. Entgegen der vom Antragsteller geäußerten Rechtsauffassung handelt es sich in Ziff. 3.3.2 um eine Brandverhütungsvorschrift, wie sich bereits aus der Überschrift zu Ziff. 3.3. ergibt. In dem insoweit bereits vom Sachverständigen K. in Bezug genommenen Abschnitt der BGR 110 (vgl. Bl. 168 d.A.) heißt es hierzu:
"Abfallbehälter für leicht entzündliche, selbstentzündliche oder ähnliche Stof...