Entscheidungsstichwort (Thema)
Voraussetzungen einer vorsätzlichen Obliegenheitsverletzung
Verfahrensgang
LG Hannover (Urteil vom 15.03.2004; Aktenzeichen 21 O 113/03) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das am 15.3.2004 verkündete Urteil der 21. Kammer für Handelssachen des LG Hannover wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung von 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Klägerin macht aus übergegangenem Recht gepfändete Ansprüche der Versicherungsnehmerin der Beklagten gegen diese aus einem Haftpflichtversicherungsvertrag geltend.
Am 25.1.1999 erhielt die R. GmbH, die bei der Klägerin eine Bauwesenversicherung unterhält, von der Presswerk W. GmbH & Co. KG den Auftrag, diverse Hochbauarbeiten an einer zu errichtenden Halle in M./Sieg auszuführen, in der durch die X. GmbH ein Lager für Lacke unterhalten werden sollte. Zur Durchführung eines Teils dieser Arbeiten bediente sich die R. GmbH der H. GmbH, die bei der Beklagten gem. Versicherungsschein vom 24.2.1998 eine Haftpflichtversicherung für Baubetriebe (Anl. B 1) unterhält. Dem Vertrag liegen die Allgemeinen Versicherungsbedingungen für Betriebs- und Privathaftpflichtversicherung der Beklagten zugrunde (Anl. B 2). Diese bestimmen in § 16 u.a.:
"2. Jeder Versicherungsfall ist dem Versicherer unverzüglich, spätestens innerhalb einer Woche, schriftlich anzuzeigen. ...
3. Wird gegen den Versicherungsnehmer ein Anspruch gerichtlich geltend gemacht, ... so hat er außerdem unverzüglich Anzeige zu erstatten. ...
5. Kommt es zum Rechtsstreit über den Haftpflichtanspruch, so hat der Versicherte die Prozessführung dem Versicherer zu überlassen, dem von dem Versicherer bestellten oder bezeichneten Anwalt Vollmacht und alle von diesem oder dem Versicherer für nötig erachteten Aufklärungen zu geben. ...
9. Wird eine Obliegenheit verletzt, die nach § 16 dem Versicherer ggü. zu erfüllen ist, so ist der Versicherer von der Leistung frei; es sei denn, dass die Verletzung weder auf Vorsatz noch auf grober Fahrlässigkeit beruht. Bei grob fahrlässiger Verletzung bleibt der Versicherer zur Leistung insoweit verpflichtet, als die Verletzung weder Einfluss auf die Feststellung des Versicherungsfalles noch auf die Feststellung oder den Umfang der dem Versicherer obliegenden Leistung gehabt hat."
Nach Durchführung der Arbeiten der H. GmbH, die darin bestanden, in die aus Beton bestehende Bodenplatte Sägeschnitte einzubringen, um den vorgesehenen späteren Einbau von Lackablaufrinnen zu gewährleisten, trat (nach dem Vortrag der Klägerin) ein Schadensfall ein, weil unter der Bodenplatte vorhandene Leitungen für flüssiges Kohlendioxid, welches im Brandfall zum Löschen dienen sollte, beschädigt worden waren, Gas austrat und es zu Beschädigungen der Bodenplatte, von Türen etc. kam (Bl. 3 f. d.A.). Die H. GmbH zeigte der Beklagtem den Schaden in einer nur an wenigen Stellen ausgefüllten Schadensanzeige vom 26.11.1999 an (Anl. B 3). Die Beklagte bat die H. GmbH mit Schreiben vom 28.1.2000 um weitere Auskünfte (vgl. Anl. B 4), ohne von dieser eine Antwort zu erhalten.
In der Folgezeit kam es im Jahr 2000 zu einem umfangreichen Schriftwechsel zwischen der R. GmbH und der Klägerin einerseits sowie der Beklagten andererseits (vgl. Anl. K 8-18). Mit Schreiben vom 7.7.2000 wies die Beklagte eine Einstandspflicht mangels Verschuldens ihrer Versicherungsnehmerin zurück (Anl. K 14.) In einem Schreiben vom 18.10.2000 schlug die Klägerin der Beklagten einen Vergleich vor und kündigte widrigenfalls die Erhebung einer Klage an (Anl. K 16). Mit Schreiben vom 27.12.2000 lehnte die Beklagte eine Eintrittspflicht ab und stellte eine gerichtliche Klärung anheim (Anl. K 18).
Die Klägerin regulierte den ihrer Versicherungsnehmerin und der Presswerk W. GmbH & Co. KG entstandenen Schaden und ließ sich weiter gehende Ansprüche der Geschädigten am 5.3.2002 abtreten (Anl. K 3). Mit Klage vom 11.3.2002 nahm die Klägerin sodann die H. GmbH aus übergegangenem und abgetretenem Recht auf Schadensersatz i.H.v. 110.377,37 Euro nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz nach DÜG seit dem 8.7.2000 vor dem LG Siegen in Anspruch. Die Zustellung der Klage erfolgte durch Niederlegung am 12.6.2002 (Bl. 65 d.A., LG Siegen - 6 O 26/02). Gegen die H. GmbH erging am 3.7.2002 Versäumnisurteil im schriftlichen Verfahren (Bl. 69 d.A., LG Siegen - 6 O 26/02), welches ihr durch Niederlegung am 16.7.2002 zugestellt wurde (Bl. 73 f. d.A., LG Siegen - 6 O 26/02). Das Urteil ist rechtskräftig.
Die Klägerin erwirkte am 30.9.2002 einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss des AG Berlin-Tiergarten, mit dem die angeblichen Forderungen der H. GmbH aus dem Haftpflichtversicherungsvertrag mit der Beklagten gepfändet wurden (Anl. K 5). Die Beklagte erkannte d...