Entscheidungsstichwort (Thema)

Verfahrenskostenhilfe: Berücksichtigung von zu leistenden Ratenzahlungen auf eine Geldbuße bei der Einkommensermittlung

 

Leitsatz (amtlich)

Die vom BGH (Beschl. v. 12.1.2011 - XII ZB 181/10 - zur Veröffentlichung vorgesehen) aufgestellten Grundsätze zur fehlenden Berücksichtigungsfähigkeit von auf eine Geldstrafe zu zahlenden Raten bei der Einkommensermittlung gem. § 115 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 ZPO gelten entsprechend für Raten auf eine Geldbuße.

 

Normenkette

ZPO § 115 Abs. 1 S. 3 Nr. 4

 

Verfahrensgang

AG Hannover (Beschluss vom 04.11.2010; Aktenzeichen 602 F 4947/10)

 

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

 

Gründe

I. Dem Antragsgegner ist für das vorliegende Verfahren vom AG mit Beschluss vom 4.11.2010 die nachgesuchte Verfahrenskostenhilfe (VKH) unter Beiordnung seiner Verfahrensbevollmächtigten bewilligt worden; zugleich ist ihm ab Januar 2011 die Zahlung monatlicher Raten auf die Verfahrenskosten i.H.v. 115 EUR aufgegeben worden.

Mit seiner fristgerecht eingelegten sofortigen Beschwerde erstrebt der Antragsgegner eine Herabsetzung der Raten auf monatlich 15 EUR und beruft sich dafür auf die vermeintliche Berücksichtigungsnotwendigkeit weiterer Positionen; dabei handelt es sich zum einen um Monatsraten von 209 EUR auf einen - erst im laufenden Verfahren aufgenommenen - Kredit sowie um einen weiteren Betrag von monatlich 100 EUR (nicht wie in die eigene Berechnung eingestellt 117,88 EUR als einmalig im Dezember 2010 zu leistender Betrag), die er für eine wegen einer Trunkenheitsfahrt gegen ihn festgesetzte Geldbuße von 1.000 EUR sowie die entsprechenden Verfahrenskosten zu leisten hat.

Das AG hat der Beschwerde teilweise abgeholfen und die monatliche Ratenzahlungsverpflichtung auf 60 EUR herabgesetzt; dabei ist es insofern von einem verringerten einzusetzenden Einkommen ausgegangen, als es zusätzliche Darlehensaufwendungen i.H.v. 175,96 EUR berücksichtigt hat, die der Antragsgegner zuvor als Zinszahlungen für sein überzogenes Girokonto zu erbringen hatte (wobei das AG versehentlich von einer monatlichen Belastung in der genannten Höhe ausgeht, obwohl es sich tatsächlich um den vierteljährlich geleisteten Betrag handelt). Die Zahlungen auf die Geldbuße hat das AG dagegen - auch unter Hinweis auf eine OLG-Entscheidung - als nicht berücksichtigungsfähig erachtet und die verbliebene Beschwerde mit Verfügung vom 11.1.2011 dem Senat vorgelegt.

II. Die sofortige Beschwerde ist zulässig, kann in der Sache aber keinen Erfolg haben.

1. Zutreffend hat das AG eine Berücksichtigung vom Antragsgegner auf eine Geldbuße zu leistender Zahlungen bei der Berechnung der von ihm auf die Verfahrenskosten zu leistenden Raten abgelehnt.

a. Die in Rechtsprechung wie Literatur bislang nicht einheitlich beurteilte Frage einer derartigen Berücksichtigungsfähigkeit von Geldstrafen ist durch eine zwischenzeitlich ergangene Leitsatzentscheidung des BGH (Beschl. v. 12.1.2011 - XII ZB 181/10 - veröffentlicht bislang nur auf der Internetseite des BGH; vgl. dort zum bisherigen Meinungsstand Tz. 10 f.) geklärt; der BGH hat dahin erkannt, dass es grundsätzlich nicht angemessen ist, die auf eine Geldstrafe zu zahlende Rate bei der Einkommensermittlung gem. § 115 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 ZPO zu berücksichtigen (a.a.O., Leitsatz 1); er hat zugleich festgestellt, dass insofern durch die in § 42 StGB i.V.m. § 459a StPO eröffnete Möglichkeit von Zahlungserleichterungen sichergestellt ist, dass dem Bedürftigen nicht der Zugang zu den Gerichten versperrt wird (a.a.O., Leitsatz 2).

b. Nichts anderes kann aber für eine - wie vorliegend in Rede stehende - Geldbuße gelten, die bereits in der bisherigen Rechtsprechung (soweit ersichtlich) durchgehend als nicht berücksichtigungsfähig angesehen wurde (vgl. Beschluss des OLG Brandenburg vom 3.9.2003 - 9 WF 153/03, FamRZ 2004, 646 und Beschluss des OLG Koblenz vom 10.7.1996 - 13 WF 567/96, JurBüro 1997, 30); die gegen die Berücksichtigungsfähigkeit einer Geldstrafe maßgeblichen Erwägungen in der aktuellen Entscheidung des BGH gelten insofern gleichermaßen.

Im Hinblick auf eine Geldbuße ist zudem ebenso wie bei einer Geldstrafe sichergestellt, dass das Unterbleiben der Berücksichtigung entsprechender Raten bei der Einkommensermittlung nach § 115 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 ZPO dem Bedürftigen den Zugang zu den Gerichten nicht faktisch versperrt: den bei Geldstrafen den Zugang zu den Gerichten sichernden Regelungen in §§ 42 StGB, 459a StPO entsprechen bei Geldbußen die - im Wesentlichen sogar wortgleichen - Regelungen in §§ 18, 93 OWiG. Im Übrigen unterstreicht vorliegend auch der vom Antragsgegner vorgelegte Stundungs-/Ratenzahlungsbescheid der Vollstreckungsbehörde vom 4.11.2010, in dem er eigens auf seine Mitteilungspflicht hingewiesen wird, falls die fristgerechte Zahlung eines Teilbetrages nicht möglich sein sollte, dass für ihn die Möglichkeit einer weitergehenden Stundung und Herabsetzung der Raten besteht.

2. Eine - weitergehend als bereits vom AG vorgenommene - Herabsetzung der auf die Verfahrenskost...

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