Leitsatz (amtlich)

Die Anerkennung einer Vaterschaft ist nach §§ 1597a Abs. 3 Satz 1, 1598 Abs. 1 Satz 2 BGB unwirksam, wenn eine beurkundende Behörde oder eine Urkundsperson die Beurkundung nach § 1597a Abs. 2 Satz 2 BGB ausgesetzt und diese der nach § 85a AufenthG der zuständigen Behörde vorgelegt hat. Insoweit kommt es nicht darauf an, ob der anerkennungswillige Mann oder die zustimmungsbereite Mutter des Kindes die Mitteilung über die Aussetzung der Beurkundung mangels hinreichender Deutschkenntnisse verstehen konnte.

Die Aussetzungsentscheidung ist von den die Beurkundung begehrenden Personen als verwaltungsinterner Vorgang nicht selbstständig anfechtbar und unterliegt auch im Rahmen einer Berichtigung des Eintrags im Geburtenregister nicht der gerichtlichen Überprüfung.

 

Verfahrensgang

AG Hannover (Aktenzeichen 85 III 7/21)

 

Tenor

I. Die Beschwerde der Beteiligte zu 2 gegen den Beschluss des Amtsgerichts Hannover vom 25. Januar 2021 wird zurückgewiesen.

II. Die Kindesmutter trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

III. Der Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 5.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Beteiligten streiten um die Berichtigung des Geburtseintrags für das am . April 2019 geborene Kind A.

Die Beteiligte zu 2 ist die am 8. Mai 1998 geborene Mutter des betroffenen Kindes. Nachdem sie bereits ab August 2013 mehrfach in das Bundesgebiet eingereist war, Asyl- bzw. Asylfolgeanträge gestellt hatte und Mitte 2016 wieder ausgereist war, reiste sie am 16. Februar 2017 erneut in die Bundesrepublik ein und stellte einen Asylfolgeantrag. Mit Bescheid vom 21. Februar 2017 des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge wurden dieser Antrag als unzulässig abgelehnt und die Abschiebung der Beteiligten zu 2 in ihrer Heimat nach Montenegro angedroht. Aufgrund ihrer Schwangerschaft erfolgte zu diesem Zeitpunkt eine Abschiebung nicht. Im April 2019 teilte das niedersächsische Ministerium für Inneres und Sport der Ausländerbehörde des Landkreises P. mit, dass ein Härtefallverfahren durchgeführt werde, für das die Staatsangehörigkeit ihrer Tochter A. von Bedeutung ist.

Nach der Geburt von A. beantragten die Beteiligten zu 2 und 3 die Beurkundung einer Vaterschaftsanerkennung beim Standesamt der Stadt P. Dieses hatte konkrete Anhaltspunkte für eine missbräuchliche Anerkennung der Vaterschaft. Unter dem 29. August 2019 teilte das Standesamt den Beteiligten zu 2 und 3 mit, dass das Beurkundungsverfahren ausgesetzt werde, und legte das Verfahren dem Fachbereich Ordnungswesen - Ausländerangelegenheiten beim Landkreis P. (im folgenden Ausländerbehörde) vor. Dieses führte am 29. Oktober 2019 eine Befragung der Beteiligten zu 2 und 3 durch.

Am 12. März 2020 beantragte die Beteiligte zu 2 durch ihren Verfahrensbevollmächtigten die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis auf der Grundlage von § 28 Abs. 1 Nr. 3 AufenthG. Hierauf teilte der Landkreis P. dem Verfahrensbevollmächtigten unter dem 16. März 2020 mit, dass die Beurkundung der Vaterschaftsanerkennung gemäß § 1597a BGB ausgesetzt sei, sodass die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis danach nicht in Betracht komme.

Bei dem Notar ## S. in P. ließen die Beteiligten zu 2 und 3 am 11. Mai 2020 eine Vaterschaftsanerkennung beurkunden. In der notariellen Urkunde erklärte der Beteiligte zu 3, dass er die Vaterschaft zu dem Kind A., geboren am ##. April 2019, anerkenne (§ 1 der Urkunde). Dieser Erklärung stimmt die Beteiligte zu 2 zu (§ 2 der Urkunde). Die notarielle Vaterschaftsanerkennung legte der Verfahrensbevollmächtigte mit Schreiben vom 28. Mai 2020 der Ausländerbehörde des Landkreises P. vor.

Im Bescheid vom 1. Juli 2020 stellte die Ausländerbehörde des Landkreises P. gegenüber der Beteiligten zu 2 fest, dass die beantragte Vaterschaftsanerkennung der Beteiligten zu 2 und 3 zu der am ##. April 2019 geborenen Tochter A. rechtsmissbräuchlich sei. Als Begründung führte der Landkreis an, dass konkrete Anhaltspunkte i.S.v. § 85a Abs. 2 AufenthG bestünden, weil die Beteiligte zu 2 und der Beteiligte zu 3 zu ihrem Kennenlernen keine übereinstimmenden Angaben gemacht hätten, der Beteiligte zu 3 nicht wusste, wie das gemeinsame Kind heiße, sie widersprüchliche Angaben zu den gemeinsamen Frauenarztterminen und Vorsorgeuntersuchungen gemacht hätten und die Angaben zu ihrer gemeinsamen Zukunftsplanung durch die Suche nach einer gemeinsamen Wohnung bzw. einem Zusammenziehen widersprüchliche gewesen seien. Gegen diesen Bescheid hat die Beteiligte zu 2 beim Verwaltungsgericht B. Klage erhoben und diese mit Schriftsatz vom 7. Januar 2021 begründet. Über die Klage ist noch nicht entschieden.

Beim Standesamt Hannover hat der Beteiligte zu 3 mit Zustimmung der Beteiligten zu 2 am 3. November 2020 nochmals die Anerkennung seiner Vaterschaft zu dem Kind A., geboren am ##. April 2019 beurkunden lassen (Vorgangsnummer 189/20). Nach dieser Anerkennung wurde der Beteiligte zu 3 am 4. November 2020 im Geburtenregister des Standesamt Hannover (G 3771/2020) als Vater des Kindes eingetragen. Der Land...

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