Leitsatz (amtlich)
1.
Die Abstandsermittlung bei Geschwindigkeitsmessungen durch Nachfahren ist tatrichterliche Aufgabe; maßgeblich sind die Besonderheiten des Einzelfalles.
2.
Eine - nur optische - Schätzung des Abstandes ohne weitere Anhaltspunkte ist grundsätzlich auch zur Nachtzeit jedenfalls bei einem Abstand von 100 m möglich.
3.
Etwaige Ungenauigkeiten bei Verwendung eines ungeeichten Tachometers und bei der Abstandsschätzung werden - nach unveränderter Senatsrechtsprechung - durch einen Abzug von 20 % der abgelesenen Geschwindigkeit ausgeglichen.
Tenor
Die Rechtsbeschwerde wird als unbegründet verworfen.
Die Betroffene hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.
Gründe
Das Amtsgericht hat die Betroffene wegen fahrlässiger Geschwindigkeitsüberschreitung außerhalb geschlossener Ortschaften zu einer Geldbuße von 100 EUR verurteilt und zugleich ein Fahrverbot von einem Monat festgesetzt, wobei es von der Regelung des § 25 Abs. 2 a StVG Gebrauch gemacht hat.
Das Amtsgericht hat folgenden Sachverhalt festgestellt:
Am 5. März 2003 kurz vor 23:00 Uhr befuhr die Betroffene mit ihrem Pkw mit dem amtlichen Kennzeichen ... in der Gemarkung ... die Bundesautobahn ... in Fahrtrichtung .... Dort ist durch über der Fahrbahn an so genannten Schilderbrücken angebrachte Verkehrszeichen die zulässige Höchstgeschwindigkeit auf 100 km/h reduziert. Die Betroffene fiel gegen 22:53 Uhr wegen augenscheinlich zu schnellen Fahrens einer Polizeistreife auf, die aus dem Zeugen POM ... und einem Kollegen bestand. Die Beamten führten deswegen eine Geschwindigkeitsmessung mittels des so genannten Nachfahrverfahrens durch. Ihr Polizeifahrzeug hatte einen ungeeichten Tacho mit einem Skalenendwert von 260 km/h. Sie führten die Geschwindigkeitsmessung zwischen den Kilometern 126,5 und 128,0, d. h. über eine Strecke von 1.500 m durch. Zu diesem Zeitpunkt hatte die Betroffene mit ihrem Fahrzeug bereits mehrere der Schilderbrücken passiert. Während des Durchfahrens der beschriebenen Messstrecke hielten die Beamten einen etwa gleich bleibenden Abstand zum vorausfahrenden Pkw der Betroffenen, nämlich ca. 100 m, ein. Dabei orientierten sich die Beamten an den neben der Fahrbahn beidseitig aufgestellten Begrenzungspfosten, die einen Abstand von 50 m zueinander haben. Während der Messstrecke von 1.500 m zeigte der ungeeichte Tacho des nachfolgenden Polizeifahrzeugs durchgehend eine Geschwindigkeit von mindestens 180 km/h an. Sie errechneten eine vorwerfbare Geschwindigkeit von 143 km/h dadurch, dass sie von der vom Tacho abgelesenen Geschwindigkeit von 180 km/h zunächst einen Sicherheitsabschlag von 10 % = 18 km/h vornahmen und ferner einen weiteren Sicherheitsabschlag von 7 %, bezogen auf den Skalenendwert des Tachometers ihres Fahrzeugs von 260 km/h = 18,2 km/h aufgerundet 19 km/h; sie zogen also insgesamt 37 km/h ab. Dieser Berechnung hat sich das angefochtene Urteil angeschlossen.
Das Amtsgericht führt zur Frage der Schuldform aus, dass die Betroffene bei der Aufwendung der zumutbaren und erforderlichen Sorgfalt hätte erkennen können und müssen, dass sie zu schnell fuhr.
Zu der Frage der Verhängung eines Fahrverbots merkt das amtsgerichtliche Urteil an, dass von der Betroffenen nichts vorgetragen bzw. sonst ersichtlich sei, was für sie als Hausfrau eine besondere Härte darstelle. Das Fahrverbot möge zwar einige Unbequemlichkeiten mit sich bringen, existenzgefährdende oder sonst unverhältnismäßige Nachteile seien aber offensichtlich nicht zu befürchten.
Gegen das Urteil wendet sich die Betroffene mit der Rechtsbeschwerde.
Sie rügt die Verletzung sachlichen Rechts, indem sie zum einen vorträgt, dass von dem abgelesenen Geschwindigkeitswert von 180 km/h nur ein Sicherheitsabschlag in Höhe von 10 % vorgenommen sei; erforderlich sei aber ein Abzug von mindestens 12 %; hierzu beruft sie sich auf eine Entscheidung des OLG Hamm. Ferner bemängelt sie angesichts der Tatsache, dass die Geschwindigkeitsmessung zur Nachtzeit mit eingeschränkten Sichtverhältnissen erfolgt sei, ausreichende Feststellungen aber dazu fehlten, welche Beleuchtungsverhältnisse und etwa vorhandene Bezugspunkte vorgelegen hätten, die ergäben, dass ein gleich bleibender Abstand eingehalten worden sei. Schließlich rügt sie noch, dass die Betroffene nicht Hausfrau, sondern Kauffrau sei und Hockeyläden in ..., ... und ... betreibe, womit wohl eine besondere Härte geltend gemacht werden soll.
Das Rechtsmittel ist unbegründet und daher gemäß den §§ 79 Abs. 3 OWiG, 349 Abs. 2 StPO zu verwerfen.
1.
Bei der Ermittlung der vorwerfbaren Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit ist der Sicherheits- oder Toleranzabzug grundsätzlich tatrichterliche Aufgabe. Hierfür sind die Besonderheiten des Einzelfalles maßgebend. In aller Regel sind dem Rechtsbeschwerdegericht Eingriffe insoweit verwehrt, es sei denn, die tatrichterlichen Feststellungen weichen in besonders grober Weise von den allgemein üblichen Toleranzberechnungen ab. Das ist hier nicht der Fall.
Das Amtsgericht hat einen Abschlag von...