Entscheidungsstichwort (Thema)
Ausgleich von nicht volldynamischen Versorgungsanrechten, deren Wertentwicklung sowohl im Anwartschafts- als auch im Leistungsstadium vergleichbar ist
Leitsatz (amtlich)
1. Haben beide Parteien nur Versorgungsanrechte erworben, die nicht volldynamisch sind, deren Wertentwicklung aber sowohl im Anwartschafts als auch im Leistungsstadium vergleichbar ist, können die Anrechte ohne Umwertung in die Gesamtausgleichsbilanz eingestellt werden.
2. Die Realteilung nach § 1 Abs. 2 VAHRG und die erweiterte Realteilung nach § 3b Abs. 1 Nr. 1 VAHRG finden auf der Grundlage der Nominalwerte der zum Ausgleich herangezogenen Anwartschaften statt. Zu verrechnende Anrechte des Berechtigten brauchen nur dann umgewertet zu werden, wenn sie in ihrer Dynamik nicht mit den auszugleichenden Anrechten des Verpflichteten vergleichbar sind. Das Gleiche gilt für die im Wege erweiterter Realteilung auszugleichenden Anwartschaften des Verpflichteten.
3. Der Antrag nach § 1587b Abs. 4 BGB kann auch vom ausgleichspflichtigen Ehegatten gestellt werden.
Normenkette
VAHRG § 1 Abs. 2, § 3b Abs. 1 Nr. 1; BGB § 1587b Abs. 4
Verfahrensgang
AG Hannover (Beschluss vom 08.07.2005; Aktenzeichen 617 F 1647/01) |
Tenor
Auf die Beschwerde der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder und die Anschlussbeschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des AG - FamG - Hannover vom 8.7.2005 unter Zurückweisung der weiter gehenden Rechtsmittel geändert und wie folgt neu gefasst:
Zu Lasten der Versorgungsanwartschaften des Antragstellers bei der ... Architektenversorgung werden für die Antragsgegnerin bei der ... Architektenversorgung im Wege der Realteilung Versorgungsanwartschaften von monatlich 505,92 EUR und im Wege der erweiterten Realteilung Versorgungsanwartschaften von monatlich 41,31 EUR, jeweils bezogen auf den 30.4.2001, begründet.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden zwischen den Parteien gegeneinander aufgehoben.
Beschwerdewert: 1.000 EUR.
Gründe
I. Die Parteien haben am 3.9.1993 miteinander die Ehe geschlossen und wurden auf den am 15.5.2001 zugestellten Antrag des Ehemannes durch Urteil des AG Hannover vom 10.12.2002 geschieden. Mit dem angefochtenen Beschl. v. 8.7.2005 hat das AG den aus dem Verbund abgetrennten Versorgungsausgleich durchgeführt. Es ist davon ausgegangen, dass beide Parteien in der Ehezeit - d.h. hier in der Zeit vom 1.9.1993 bis zum 30.4.2001 (§ 1587 Abs. 2 BGB) - ausschließlich Versorgungsanwartschaften erworben haben, die im Anwartschaftsstadium nicht volldynamisch und im Leistungsstadium volldynamisch sind, und zwar der Ehemann bei der ... Architektenversorgung und bei der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL), die Ehefrau nur bei der ... Architektenversorgung. Das AG hat sämtliche Anrechte gem. § 1587a Abs. 3 Nr. 2 BGB i.V.m. der BarwertVO in insgesamt volldynamische Rentenanwartschaften der gesetzlichen Rentenversicherung umgerechnet und nach der Saldierung der umgewerteten Anrechte einen Gesamtausgleichsanspruch der Ehefrau von (nur) monatlich 163,87 EUR ermittelt. Es hat im Wege der Realteilung zu Lasten der Versorgungsanwartschaften des Ehemannes bei der ... Architektenversorgung ebensolche Anwartschaften für die Ehefrau i.H.v. monatlich 151,50 EUR - bezogen auf die Ehezeit - begründet. Ferner hat es zu Lasten der Versorgungsanwartschaften des Ehemannes bei der VBL für die Ehefrau Rentenanwartschaften i.H.v. monatlich 12,37 EUR - ebenfalls bezogen auf die Ehezeit - "auf einem bei der ges. Rentenversicherung einzurichtenden Versicherungskonto" begründet.
Gegen diese Entscheidung hat die VBL Beschwerde erhoben und diese damit begründet, dass weder im Tenor noch in den Gründen der Entscheidung ein Träger der gesetzlichen Rentenversicherung genannt worden sei, bei dem die Anwartschaften für die Ehefrau zu Lasten der Anwartschaften des Ehemannes bei der VBL zu begründen seien. Außerdem hat die VBL angeregt, die Anwartschaften des Ehemannes bei der VBL im Wege erweiterter Realteilung zu Lasten der Anwartschaften des Ehemannes bei der ... Architektenversorgung auszugleichen, da sich die Begründung von gesetzlichen Rentenanwartschaften mangels Erfüllung der Mindestwartezeit von 60 Monaten (§ 52 SGB VI) nicht zugunsten der Ehefrau auswirken würde.
Der Ehemann hat ebenfalls mit der Begründung, dass die Ehefrau die Mindestwartezeit in der gesetzlichen Rentenversicherung nicht erfüllen werde, den Antrag gestellt, "den Versorgungsausgleich wegen der Anwartschaften bei der VBL gem. § 1587b Abs. 4 BGB auszuschließen".
II.1. Das Rechtsmittel der VBL richtet sich lediglich gegen den Ausgleich der vom Ehemann bei der VBL erworbenen Versorgungsanwartschaften nach § 1 Abs. 3 VAHRG. Nur insoweit ist die VBL durch die angefochtene Entscheidung betroffen. Allerdings wird die Höhe des nach § 1 Abs. 3 VAHRG durchgeführten Ausgleichs auch durch die Bewertung der von beiden Parteien bei der ... Ärzteversorgung erworbenen Anwartschaften beeinflusst, da das AG die von der Ehefrau erworbenen Anrechte quotenmäßi...