Entscheidungsstichwort (Thema)
Auslieferung nach Bulgarien: Nichtfeststellbarkeit von den völkerrechtlichen Mindeststandards entsprechenden Haftbedingungen
Leitsatz (amtlich)
Gegenwärtig kommt eine Auslieferung nach Bulgarien, soweit der Verfolgte in der Vollzugsanstalt von Varna inhaftiert werden würde, nicht in Betracht, solange nicht gewährleistet ist, dass die im Bericht des Ausschusses zur Verhütung von Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe des Europarates vom 4. Dezember 2012 (CPT/Inf (2012) 33) aufgezeigten Verstöße gegen die EMRK behoben worden sind.
Normenkette
IRG § 73; EMRK Art. 3
Tenor
1. Die Auslieferung des Verfolgten ist unzulässig.
2. Der Haftbefehl des Senats vom 12. August 2014 wird aufgehoben.
Gründe
I.
Die bulgarischen Justizbehörden betreiben auf der Grundlage eines Europäischen Haftbefehls der Bezirksstaatsanwaltschaft D. vom 28. Mai 2014 (Aktenzeichen: 11-D/2014) die Auslieferung des Verfolgten zum Zwecke der Strafvollstreckung. Danach ist der Verfolgte durch Urteil des Militärgerichts B. vom 16. November 2012 (Az.: 131/2012), das seit dem 16. Januar 2014 rechtskräftig ist, zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt worden, die noch vollständig zu vollstrecken ist.
Die der Verurteilung zugrunde liegende Tat wird in dem Europäischen Haftbefehl wie folgt beschrieben:
"In dem Zeitraum vom 28.06.2010 bis 16.07.2010 hat T. M. T. als Täter unter den Bedingungen einer Dauerstraftat nach einem vorherigen Tatplan mit vier anderen Personen, davon eine im Wehrdienst einberufen, im Dorf K., Gem. A., Kreis V., Stadt D. und im Dorf M. S., Gem. D., durch Zerstörung besonders gesicherter Grundstücksschutzvorrichtungen, durch die Verwendung eines Kraftfahrzeugs und technischer Mittel fremde bewegliche Sachen verschiedener Bürger weggenommen, wie folgt;
Der Angeklagte T. M. hat in dem Zeitraum 28.06.2010 bis 30.06.2010 im Dorf K., gem. A., Kreis V. nach einem vorherigen Tatplan mit dem ehemaligen Rekrut I Klasse P. S. P. aus W.F. 3. V. und mit der Zivilperson E. V. I. durch den Einstieg durch ein vorher geöffnetes Fenster und durch die Verwendung des Kraftfahrzeugs - Postkraftwagen mit der Marke "Volkswagen", Model "Golf 3", mit Kennzeichen No. ... - fremde bewegliche Sachen mit einem Gesamtwert von 2818.42 (zweitausend achthundertundachtzehn) Leva und 42 St. aus dem Vermögen von K. S., ohne seine Einwilligung, mit Zueignungsabsicht weggenommen;
T. M. hat am 08.07.2010 im Dorf M. S., Kreis D. nach einem vorherigen Tatplan mit dem ehemaligen Rekrut I Klasse P. S. P. von der Militärbasis 3. - V. und mit den Zivilpersonen J. S. E., E. V. I. und I. N. T., der Beihilfe geleistet hat, wobei die Tat keinen minderschweren Fall darstellt, durch Zerstörung besonders gesicherter Grundstücksschutzvorrichtung den Verschlussmechanismus eines Fensters unter Verwendung technischen Werkzeuges - ein Dietrich, ein Schraubenzieher und ein Hammer - beschädigt, und durch die Verwendung eines Kraftfahrzeugs - Postkraftwagen mit der Marke "Honda", Model "Civik", mit Kennzeichen No. ... - fremde bewegliche Sachen mit einem Gesamtwert von 634,91 (sechshundert vierunddreißig) Leva und 91 St., aus dem Gewahrsam des Eigentümers T. K. F., ohne seine Einwilligung, mit Zueignungsabsicht weggenommen, wobei Gegenstand des Diebstahls eine Handfeuerwaffe ist;
T. M. hat am 16.07.2010 in der Stadt D., nach einem vorherigen Tatplan mit dem ehemaligen Rekrut I Klasse P. S. P. von der Militärbasis 3. - V. und mit den Zivilpersonen J. S. E., E. V. I. und I. N. T., der Beihilfe geleistet hat, wobei die Tat keinen minderschweren Fall darstellt, durch Zerstörung besonders gesicherter Grundstücksschutzvorrichtung unter Verwendung technischen Werkzeugs - eine Säge und ein Dietrich - eine Eingangstür am Haus mit Anschrift D., "P." Straße No. 3 zerschlagen, und durch die Verwendung eines Kraftfahrzeugs - Postkraftwagen mit der Marke "Honda", Model "Civik", mit Kennzeichen No. ... - fremde bewegliche Sachen mit einem Gesamtwert von 1860,41 (eintausend achthundertundsechzig) Leva und 41 St., aus dem Gewahrsam des Eigentümers D. V. K. aus D., ohne ihre Einwilligung, mit Zueignungsabsicht weggenommen."
Der Verfolgte wurde am 8. August 2014 in Stade vorläufig festgenommen. Der Verfolgte hat sich nicht mit seiner vereinfachten Auslieferung einverstanden erklärt und die Tat bestritten. Er lebe seit April 2010 in Deutschland und sei seit eineinhalb Jahren zusammen mit seiner Freundin unter der Anschrift F.straße in C. wohnhaft. Familie habe er nicht in Deutschland. Sein Arbeitsverhältnis als Hafenarbeiter sei ihm zum 18. August 2014 gekündigt worden. Das Urteil sei ihm nicht bekannt. Er sei seit April 2010 nicht mehr in Bulgarien gewesen.
Der Senat hat unter dem 12. August 2014 gegen den Verfolgten die förmliche Auslieferungshaft angeordnet. Am selben Tag hat die Generalstaatsanwaltschaft mitgeteilt, dass sie nicht beabsichtige, Bewilligungshindernisse geltend zu machen. Die Entscheidung ist dem Verfolgten am 28. August 2014 zugest...