Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine VKH für Scheidungsantrag vor Ablauf des Trennungsjahres
Leitsatz (amtlich)
Für ein Scheidungsverfahren, in dem Härtegründe nicht geltend gemacht werden, kommt vor Ablauf des Trennungsjahres eine Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe (VKH) nicht in Betracht.
Normenkette
ZPO § 114; BGB § 1566 Abs. 1
Verfahrensgang
AG Hannover (Beschluss vom 21.11.2013; Aktenzeichen 611 F 2801/13) |
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe
I. Der Antragsteller hat mit Schriftsatz seines Verfahrensbevollmächtigten vom 7.5.2013 um Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe (VKH) für die Scheidung der am ... 2004 geschlossenen Ehe der Beteiligten nachgesucht.
Das AG hat der Antragsgegnerin rechtliches Gehör zum VKH-Gesuch gewährt. Dabei hat diese der Scheidung widersprochen und ausdrücklich die Nichteinhaltung des Trennungsjahres gerügt. Sie hat die vom Antragsteller selbst vorgetragene räumliche Trennung der Beteiligten durch Auszug des Antragstellers aus der bisherigen Ehewohnung zum 1.4.2013 bestätigt, ein von diesem - lediglich pauschal - behauptetes vorheriges Getrenntleben innerhalb der Ehewohnung jedoch - auch unter Hinweis darauf, dass es sich lediglich um eine Zwei-Zimmer-Wohnung handele, die ein Getrenntleben im Rechtssinne bereits technisch nicht zulasse - bestritten. Der Antragsteller hat auch in der Folgezeit die Voraussetzungen für ein früheres Getrenntleben im Rechtssinne nicht weiter dargetan, aber auf einer alsbaldigen Bewilligung der VKH bestanden.
Daraufhin hat das AG mit Beschluss vom 21.11.2013 die nachgesuchte VKH versagt, da derzeit keine Erfolgsaussicht für ein Scheidungsverfahren bestehe.
Gegen diesen, ihm am 26.11.2013 zugestellten Beschluss richtet sich die am 27.12.2013 eingegangene sofortige Beschwerde des Antragstellers, der sein Begehren weiterverfolgt. Er vertritt dabei die Auffassung, dass "eine Gerichtspraxis dahingehend bestehe, dass nach neunmonatiger Trennung bereits ein Scheidungsantrag eingereicht werden darf. Weil noch bis zum Scheidungstermin die üblichen Auskünfte zum Versorgungsausgleich und so weiter eingeholt werden müssen, ist nunmehr die beantragte Prozesskostenhilfe entsprechend zu bewilligen."
Das AG hat mit Beschluss vom 30.12.2013 unter Hinweis auf die Gründe der angefochtenen Entscheidung sowie darauf, dass die Beschwerde verspätet eingelegt sein dürfte, der Beschwerde nicht abgeholfen und dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.
Der originär berufene Einzelrichter hat die Sache auf den Senat übertragen.
II.1. Die Beschwerde des Antragstellers ist zwar zulässig, insbesondere - entgegen der vom AG geäußerten Auffassung - auch fristgerecht eingelegt. Angesichts der am 26.11.2013 erfolgten Zustellung des angefochtenen Beschlusses und der Tatsache, dass es sich bei dem 26.12.2013 um einen allgemeinen Feiertag i.S.v. § 222 Abs. 2 ZPO handelt, war die einmonatige Beschwerdefrist noch nicht abgelaufen, als am 27.12.2013 die Beschwerdeschrift beim AG einging.
2. Die Beschwerde ist jedoch in der Sache nicht begründet. Zutreffend hat das AG dem Antragsteller die nachgesuchte VKH versagt, da - unverändert auch im Zeitpunkt der vorliegenden Beschwerdeentscheidung - der beabsichtigten Rechtsverfolgung aufgrund des noch nicht abgelaufenen Trennungsjahres die hinreichende Erfolgsaussicht fehlt und der vorfristige Scheidungsantrag des Antragstellers zudem im verfahrenskostenhilferechtlichen Sinne mutwillig ist.
Ein Antrag auf - wie vorliegend nach dem ausdrücklichen Widerspruch der Antragsgegnerin gegeben - streitige Scheidung hat nur Erfolgsaussicht, wenn feststeht, dass die Ehe i.S.v. § 1566 BGB unheilbar gescheitert ist. Dies ist selbst im Falle einer einvernehmlichen Scheidung allein nach Ablauf des Trennungsjahres gem. § 1566 Abs. 1 BGB der Fall.
Nach herrschender Auffassung der (neueren) obergerichtlichen Rechtsprechung, der sich der Senat ausdrücklich anschließt, kommt - soweit nicht ausnahmsweise die Voraussetzungen für eine sog. "Härtefallscheidung" substantiiert dargetan sind - eine Bewilligung von VKH erst nach Ablauf des gesetzlich ausdrücklich vorgeschriebenen Trennungsjahres in Betracht, (vgl. OLG Rostock - Beschl. v. 15.6.2006 - 11 WF 103/06, NJW 2006, 3648 f. = OLGReport Rostock 2007, 12 f. = juris; OLG Köln - Beschl. v. 5.11.2003 - 26 WF 258/02, FamRZ 2004, 1117 = juris; OLG Dresden - Beschl. v. 5.12.2001 - 20 WF 794/01, FamRZ 2002, 890 f. = juris; OLG Hamm - Beschl. v. 20.12.1995 - 12 WF 440/95, OLGReport Hamm 1996, 154 f. = juris; etwas weiter noch OLG Hamm - Beschl. v. 18.4.1980 - 2 WF 121/80 - juris, für den Fall des "unmittelbar bevorstehenden" Ablaufs).
Entgegen der vom Antragsteller - allerdings bereits ohne jegliche Substanz - vertretenen Auffassung vermag der Senat auch weder eine vermeintliche "Gerichtspraxis" festzustellen, nach der bereits nach einer neunmonatigen Trennung ein Scheidungsantrag eingereicht werden dürfte, noch wäre eine tatsächliche derartige "Praxis" überhaupt geeignet, die ausdrückliche gesetzliche Regelung außer Kraft zu setze...