Leitsatz (amtlich)
1. Ein Funkgerät ist ein Mobil- oder Autotelefon im Sinne des § 23 Abs. 1a StVO, wenn hiermit auch eine Kommunikation im öffentlichen Fernsprechnetz möglich ist.
2. Ein Fahrzeugführer verstößt gegen das Verbot nach § 23 Abs. 1a StVO, wenn er zur Benutzung ein solches Funkgerät aufnimmt oder hält. Die tatsächliche Verwendung des Gerätes zur Kommunikation im öffentlichen Fernsprechnetz im konkreten Fall ist hierbei nicht erforderlich.
Tenor
Das angefochtene Urteil wird mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an dieselbe Abteilung des Amtsgerichts H. zurückverwiesen.
Gründe
I.
Das Amtsgericht H. verurteilte den Betroffenen "wegen fahrlässiger Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit innerorts von 30 km/h um 6 km/h sowie des verbotswidrigen Benutzens eines Mobiltelefons bzw. Autotelefons" zu einer Geld-buße von 75 EUR. Nach den getroffenen Feststellungen, die auf der glaubhaften geständigen Einlassung des Betroffenen beruhen, befuhr dieser am 22. Juli 2008 gegen 7:54 Uhr die G.straße in H. mit einem Pkw. Die zulässige Geschwindigkeit betrug an dieser Stelle 30 km/h. Der Betroffene führte das Kraftfahrzeug mit einer Geschwindigkeit von mindestens 36 km/h. Während der Fahrt hielt der Betroffene sich ein Mobil-Funkgerät an das rechte Ohr und kommunizierte damit während der Fahrt. Dieses unterschied sich weder der Größe noch den Bedienungsfunktionen dem äußeren Anschein nach von einem herkömmlichen Handy und war nach Angaben des Betroffenen für den Gebrauch an einer Freisprechanlage nutzbar. Unter Hinweis auf Wortlaut und Sinn und Zweck von § 23 Abs. 1a StVO hat das Amtsgericht das Mobil-Funkgerät des Betroffenen unter den Anwendungsbereich der Norm subsumiert.
Gegen dieses Urteil hat der Betroffene Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde, verbunden mit einem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Erhebung der Rechtsbeschwerde gestellt. Letzterem hat das Amtsgericht am 15. Dezember 2008 stattgegeben. Der Senat hat durch Beschluss vom 2. Juni 2009 die Rechtsbeschwerde zugelassen und die Entscheidung auf den Senat in der Besetzung mit drei Berufsrichtern übertragen.
II.
Die Rechtsbeschwerde ist zulässig und hat zumindest vorläufigen Erfolg.
1. Der Rechtsbeschwerde steht die Versäumung der Frist zu ihrer Erhebung nicht entgegen. Das Amtsgericht hat durch Beschluss vom 15. Dezember 2008 zwar in fehlender Zuständigkeit (§ 46 Abs. 1 StPO), aber mit bindender Wirkung (§ 46 Abs. 2 StPO) Wiedereinsetzung gewährt. Der Begründung der Rechtsbeschwerde ist auch zu entnehmen, dass der Betroffene die Verletzung materiellen Rechts rügt, indem er die Anwendung des § 23 Abs. 1a StVO auf Mobil-Funkgeräte in Frage stellt.
2. Die Rechtsbeschwerde ist begründet. Die Sachrüge deckt durchgreifende Mängel des Urteils auf, was zu dessen Aufhebung und zur Zurückverweisung der Sache führt.
a. Die Feststellungen des Urteils tragen einen Verstoß gegen § 23 Abs. 1a StVO nicht.
aa. § 23 Abs. 1a StVO verbietet zunächst lediglich die Benutzung von Mobil- oder Autotelefonen, nicht aber die Benutzung oder Bedienung von Funkgeräten (vgl. Janker, NZV 2006, 69; Jur. Zentr. des ADAC, DAR 2001, 145; Hentschel, § 23 StVO, Rn. 31). Dies folgt bereits aus dem Wortlaut der Vorschrift. Zwar stammt das Wort "Telefon" von den griechischen Worten "tele" (=fern, weit) und "phone" (=Stimme) ab (Duden, Herkunftswörterbuch, 4. Aufl., S. 842), so dass auch ein Funkgerät als Fernsprechapparat darunter fiele. Im herkömmlichen Sprachgebrauch wird aber zwischen Telefon und Funkgerät in der Form differenziert, dass Telefone ein Fernsprechnetz benötigen, während Funkgeräte außerhalb desselben genutzt werden können. Da der Wortsinn des Gesetzes nach dem allgemeinen Sprachgebrauch der Gegenwart zu bestimmen ist (vgl. Fischer, § 1 StGB, Rn. 10 m.w.N.) und auch der Verordnungsgeber die Nutzung zur Führung von Gesprächen nur "im öffentlichen Fernsprechnetz" bei Schaffung der Verbotsnorm im Auge hatte (vgl. BR-Drs. 599/00, S. 18), sind Funkgeräte grundsätzlich nicht als Auto- oder Mobiltelefone zu qualifizieren. Dass Sinn und Zweck der Regelung wegen der gleichartigen Gefährlichkeit von Telefon und Funkgerät eine Einbeziehung auch letzterer in den Anwendungsbereich zur Folge haben sollten (vgl. Humberg, SVR 2006, 247 (249)), reicht demgegenüber wegen des Wortlauts als äußerste Grenze zulässiger Auslegung (§ 1 StGB) nicht aus, um den Anwendungsbereich des § 23 Abs. 1a StVO zu erweitern (vgl. OLG Bamberg, NJW 2008, 599). Es läge vielmehr beim Verordnungsgeber, insoweit tätig zu werden, um die Nutzung von Funkgeräten beim Führen von Fahrzeugen durch Bußgeldandrohung zu bewehren.
bb. Indessen kann unter Berücksichtigung der oberlandesgerichtlichen Rechtsprechung zur Nutzung von Mobiltelefonen ein Verstoß gegen § 23 Abs. 1a StVO anzunehmen sein, wenn der Betroffene ein Funkgerät nutzt, das nach seinem äußeren Anschein einem Mo...