Leitsatz (amtlich)
Bei der Prüfung der Zumutbarkeit i.S.v. § 116 S. 1 Nr. 1 ZPO für die Verfolgung eines Schadensersatzanspruchs nach § 71 InsO sind nur die Anspruchsberechtigten, also die absonderungsberechtigten Gläubiger und die Insolvenzgläubiger zu berücksichtigen. Eine Beteiligung der Massegläubiger an den Verfahrenskosten kommt mangels Aktivlegitimation für den Schadensersatzanspruch nicht in Betracht, so dass Masseverbindlichkeiten und Masse bei der Prüfung der Zumutbarkeit nicht zu berücksichtigen sind.
Normenkette
ZPO § 116; InsO § 71
Verfahrensgang
LG Hannover (Beschluss vom 20.02.2008; Aktenzeichen 20 O 239/07) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Antragstellers vom 29.2.2008 gegen den Prozesskostenhilfe versagenden Beschluss der 20. Zivilkammer des LG Hannover vom 20.2.2008 i.d.F. des Nichtabhilfebeschlusses vom 19.3.2008 wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller hat die Kosten des Beschwerdeverfahren zu tragen; eine Erstattung außergerichtlicher Kosten findet nicht statt.
Beschwerdewert: 6.263.861,04 EUR.
Gründe
I. Der Antragsteller begehrt als Insolvenzverwalter die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für eine beabsichtigte Schadensersatzklage gegen Mitglieder eines Gläubigerausschusses.
Die Antragsgegner zu 2 bis 5 sowie der Rechtsvorgänger der Antragsgegnerin zu 1 (im Folgenden: Antragsgegner zu 1) waren Mitglieder des Gläubigerausschusses in dem Insolvenzverfahren über das Vermögen der M. AG. In diesem Verfahren war zunächst der Diplom-Betriebswirt R. M. als Insolvenzverwalter eingesetzt worden. Der Antragsteller ist mit Beschluss vom 30.6.2005 anstelle des Insolvenzverwalters M. zum neuen Insolvenzverwalter ernannt worden, da dieser aus Krankheitsgründen sein Amt nicht mehr ausüben könne. Der ehemalige Insolvenzverwalter M. ist mittlerweile wegen diverser Untreuehandlungen rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von acht Jahren verurteilt worden, wobei sich die abgeurteilten Taten auch auf andere als das vorliegende Insolvenzverfahren bezogen.
Der Betriebswirt M. wurde mit Beschluss vom 13.8.1999 zum Insolvenzverwalter bestellt. Der vorläufige Gläubigerausschuss, der aus den Antragsgegnern zu 1 bis 3 gebildet wurde, bestimmte den Antragsgegner zu 3 in der Sitzung vom 23.8.1999 als Kassenprüfer. Die Gläubigerversammlung wählte am 28.9.1999 die Antragsgegner zu 1 bis 5 zu Mitgliedern des Gläubigerausschusses. In dieser Sitzung wurde der ehemalige Insolvenzverwalter ermächtigt, über das Hinterlegungskonto und die Betriebskonten allein zu verfügen. Die erste Gläubigerausschusssitzung fand am 23.8.1999 statt, die zweite Gläubigerausschusssitzung am 9.11.1999. Insgesamt erfolgten sechs Kassenprüfungen, und zwar am 1.11.2000, am 29.3.2001, am 15.8.2002, am 5.6.2003, am 1.6.2004 und am 31.3.2005. Die in Rede stehenden Abverfügungen vom Insolvenzsonderkonto nahm M. am 16.11.2000 (6 Mio. DM), 12.12.2000 (5.500.000 DM), 20.4.2001 (1.100.000 DM), 16.3.2001 (1.100.000 DM), 29.8.2001 (1.600.000 DM), 23.11.2001 (220.000 DM) und 28.10.2002 (100.000 EUR) vor.
Der Antragsteller begehrt die Bewilligung von Prozesskostenhilfe in Höhe der Summe sämtlicher Abverfügungen abzgl. zwischenzeitlich erfolgter Gutschriften, die durch Rücküberweisungen auf das Insolvenzsonderkonto erfolgten, insbesondere von solchen Konten, auf die der Insolvenzverwalter M. zuvor Geld vom hiesigen Insolvenzkonto transferiert hatte, von insgesamt 5.736.635,04 EUR. Entgangene Zinsen auf dem Insolvenzsonderkonto werden i.H.v. 1.089.647,08 EUR zusätzlich geltend gemacht.
Das LG hat die Bewilligung von Prozesskostenhilfe versagt. Es bestünde der Sache nach - nur - eine hinreichende Erfolgsaussicht in Höhe eines Betrags von 209.972,29 EUR zzgl. ggf. entgangener Anlagezinsen, jedoch sei den am Gegenstand des Rechtsstreits wirtschaftlich Beteiligten zuzumuten, die Kosten der Prozessführung aufzubringen. Auf die Gründe der Beschlüsse vom 20.2. und 19.3.2008 wird Bezug genommen.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Antragstellers, der den Beschluss sowohl im Hinblick auf die überwiegend verneinte hinreichende Erfolgsaussicht als auch wegen der Begründung für die wirtschaftliche Zumutbarkeit anficht.
II. Die zulässige sofortige Beschwerde ist unbegründet. Jedenfalls den an diesem Verfahren beteiligten Großgläubigern ist es zuzumuten, die Prozesskosten vorzuschießen. Der Insolvenzverwalter ist gehalten, diese Prozesskosten bei den Großgläubigern oder jedenfalls einem von ihnen einzutreiben. Hierdurch werden keine unzumutbaren Anforderungen an ihn gestellt.
1. Der Senat stimmt zunächst mit dem LG darin überein, dass in der Sache eine hinreichende Erfolgsaussicht nur in Höhe eines Betrags von 209.972,29 EUR zzgl. ggf. entgangener Anlagezinsen besteht. Hierbei ist von folgenden Grundsätzen auszugehen:
a) Aufgabe des Gläubigerausschusses ist im Wesentlichen eine Zweckmäßigkeitskontrolle in Bezug auf die Amtsführung des Verwalters. Der Gläubigerausschuss hat gem. § 149 Abs. 1 InsO das Bestimmungsrecht bei der Hinterlegung von Geld, Wertpapieren und Kostbarkeiten. D...