Leitsatz (amtlich)
1. Der Insolvenzverwalter hat zur Darlegung der wirtschaftlichen Voraussetzungen im Rahmen eines Prozesskostenhilfeantrags dazu vorzutragen, wie hoch die Insolvenzmasse ist, um welchen Betrag sie sich vermehren würde, wenn der beabsichtigte Prozess gewonnen würde, und zu berechnen, welcher Gläubiger ggf. welchen Betrag erhalten würde. In Schadensersatzprozessen nach § 71 InsO gegen Mitglieder des Gläubigerausschusses wegen einer Pflichtverletzung des Insolvenzverwalters kommt eine Ausnahme hiervon wegen eines vermeintlichen Versagens der staatlichen Aufsicht nicht in Betracht.
2. Das Erfordernis der Unzumutbarkeit der Kostenaufbringung durch wirtschaftlich Beteiligte gilt auch für den Steuerfiskus.
Normenkette
ZPO § 116; InsO § 71
Verfahrensgang
LG Hannover (Beschluss vom 06.03.2008; Aktenzeichen 18 O 2/08) |
Tenor
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss der 18. Zivilkammer des LG Hannover vom 6.3.2008 i.V.m. deren Berichtigungsbeschluss vom 28.3.2008 und deren Nichtabhilfebeschluss vom 15.4.2008 wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller hat die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Beschwerdewert: 312.399,56 EUR.
Gründe
I. Der Antragsteller ist an Stelle des zuvor bestellten Insolvenzverwalters M. zum Insolvenzverwalter über das Vermögen der Gemeinschuldnerin bestellt worden. M. hatte in großem Umfang in diesem wie anderen Insolvenzverfahren Veruntreuungen von Massegeldern begangen und ist deswegen zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt worden. Der Antragsgegner war Mitglied des Gläubigerausschusses und Kassenprüfer. Der Antragsteller beabsichtigt, den Antragsgegner nach § 89 InsO auf Schadensersatz i.H.v. 312.399,56 EUR in Anspruch zu nehmen, weil der Antragsgegner die ihm obliegenden Pflichten bei der Kassenprüfung verletzt habe. Dafür beantragt er Prozesskostenhilfe. Der Antragsgegner ist dem Antrag entgegen getreten. Die Parteien streiten um die Erfolgsaussichten der beabsichtigten Klage sowie weitere Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe.
Das LG hat den Antrag zurückgewiesen, weil die separate Klagerhebung gegen Mitglieder des Gläubigerausschusses im Sinne der Verursachung überhöhter Kosten mutwillig sei; eine streitgenössische Klage insbesondere in Verbindung mit einer Klage gegen die Commerzbank hätte auf der Seite des Antragstellers und des Gerichts die Kosten erspart, für die er jetzt Prozesskostenhilfe aus der Staatskasse begehrt. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den angefochtenen Beschluss Bezug genommen.
Mit der Beschwerde bekämpft der Antragsteller die Begründung des LG: Es sei sachgerecht, die Klagen gegen Gläubigerausschussmitglieder von Klagen gegen die Commerzbank zu trennen, weil wegen unterschiedlicher Sachverhalte die Verfahren sonst unübersichtlich wären und ganz anders strukturiert werden müssten. In erster Instanz hatte er sich ferner auf den - vom LG auf der Grundlage seiner Rechtsauffassung folgerichtig nicht für erheblich und deshalb auch nicht beschiedenen - Standpunkt gestellt, den Gläubigern sei grundsätzlich nicht zuzumuten, irgendwelche Kosten für die Klagen gegen Mitglieder des Gläubigerausschusses vorzuschießen, denn hier gehe es nicht um die Einklagung ausstehender Forderungen eines Gemeinschuldners, sondern um die Wiederbeschaffung von Geldern, die einmal in der Masse vorhanden waren, vom früheren Insolvenzverwalter aber veruntreut worden seien. Es werde grundsätzlich die Auffassung vertreten, dass es Gläubigern nicht zuzumuten sei, eine Vorschussleistung auf die Prozesskosten zu leisten, wenn es um Ansprüche aufgrund von veruntreuenden Handlungen des vom Gericht eingesetzten Konkursverwalters bzw. gegen die diesen nicht überwachenden aber dafür gewählten Gläubigerausschussmitglieder gehe. Aus diesem Grunde hatte er vor dem LG zur Frage der Zumutbarkeit der Kostenaufbringung gem. § 116 Nr. 1 ZPO nicht detailliert vorgetragen. Der Senat hat durch Verfügung des Vorsitzenden vom 17.7.2008 die Parteien auf die in einer anderen Sache vertretene Auffassung des Senats hingewiesen, dass er diese Auffassung von grundsätzlicher Unzumutbarkeit nicht teile; der Antragsteller müsse daher zu Vorteilen des Prozesserfolges für Gläubiger vortragen. Im Zusammenhang mit der vom Antragsteller begehrten und gewährten Fristverlängerung für solchen Vortrag hat der Senatsvorsitzende die Parteien ferner durch weitere Verfügung vom 13.8.2008 auf die Problematik der durch § 71 InsO nur geschützten Gläubiger hingewiesen. Binnen der gesetzten Frist hat darauf der Antragsteller mit Schriftsatz vom 28.8.2008 die Auffassung vertreten, dass angesichts der Konkurseröffnung nach altem Recht auch die Haftung der Mitglieder des Gläubigerausschusses sich nach § 89 KO - und nicht nach § 71 InsO - richte und daher alle Gläubiger geschützt seien. Er hat ferner im Einzelnen zu den Vorteilen eines Prozesserfolgs vorgetragen, was wie folgt zusammengefasst wird: Bei einem Prozesserfolg in Höhe der begehrten...