Leitsatz (amtlich)
Zu der Frage, auf welcher während des Verkaufsvorgangs angezeigten Webseite die Kündigungsschaltfläche gemäß § 312k Abs. 2 BGB vorhanden sein muss.
Beim Abschluss eines auf die Begründung eines Dauerschuldverhältnisses gerichteten Vertrags im elektronischen Geschäftsverkehr ist die Kündigungsschaltfläche gemäß § 312k Abs. 2 BGB zumindest auch auf derjenigen Webseite vorzuhalten, auf der aus der Sicht der Verbraucher der Bestellprozess beginnt. Hieran ändert es nichts, wenn diese Verkaufsseite von einem Dritten - als Beauftragtem des Verkäufers im Sinne von § 8 Abs. 2 UWG, § 2 Abs. 1 Satz 2 UKlaG - betrieben wird und der Verbraucher während des Bestellvorgangs auf eine eigene Webseite des Verkäufers weitergeleitet wird.
Normenkette
BGB § 312k Abs. 2; UKlaG § 2 Abs. 1 S. 2; UWG § 8 Abs. 2
Verfahrensgang
LG Hildesheim (Urteil vom 09.01.2024; Aktenzeichen 3 O 109/23) |
Tenor
1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Hildesheim vom 9. Januar 2024 gemäß § 522 Abs. 2 ZPO durch einstimmigen Beschluss zurückzuweisen.
Die Beklagte erhält Gelegenheit zur Stellungnahme binnen zwei Wochen nach Zustellung dieses Beschlusses.
2. Der Senat beabsichtigt, den Streitwert für die Berufungsinstanz auf 2.500 EUR festzusetzen.
Gründe
I. Die Berufung der Beklagten hat offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg.
Das angefochtene Urteil beruht weder auf einem Rechtsfehler (§ 513 Abs. 1, 1. Alt., § 546 ZPO) noch rechtfertigen die nach § 529 ZPO zugrundezulegenden Tatsachen eine andere Entscheidung (§ 529 Abs. 1, 2. Alt. ZPO).
Zu Recht hat das Landgericht die Beklagte antragsgemäß zur Unterlassung verurteilt, weil auf der Webseite www...de, auf der die von der Beklagten verkauften Gitarrenkurse angeboten werden, keine Kündigungsschaltfläche gemäß § 312k Abs. 2 BGB vorhanden ist.
Die beiden von der Beklagten hiergegen in ihrer Berufungsbegründung erhobenen Einwendungen greifen nicht durch.
1. Das Landgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Beklagte sich die Zuwiderhandlung zurechnen lassen muss, die von der ... als Betreiberin der Webseite www...de beim Angebot des Gitarrenkurses begangen wurde.
Die ... ist insoweit Beauftragte der Beklagten im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 2 UKlaG.
a) Diese Vorschrift zur Haftungszurechnung entspricht der Regelung in § 8 Abs. 2 UWG und ist wie diese auszulegen (Köhler/Bornkamm/Feddersen/Köhler/Alexander, 42. Aufl. 2024, UKlaG § 2 Rn. 93).
Dem Inhaber eines Unternehmens werden hiernach Zuwiderhandlungen seiner Beauftragten wie eigene Handlungen zugerechnet, weil die arbeitsteilige Organisation des Unternehmens die Verantwortung für die geschäftliche Tätigkeit nicht beseitigen soll (BGH, Urteil vom 26. Januar 2023 - I ZR 27/22 - Haftung für Affiliates, Rn. 23). Der Unternehmensinhaber, dem die Geschäftstätigkeit seiner Beauftragten zugutekommt, soll sich bei seiner Haftung nicht hinter den von ihm abhängigen Dritten verstecken können. Der innere Grund für die Zurechnung der Geschäftstätigkeit des Beauftragten liegt vor allem in einer dem Betriebsinhaber zugutekommenden Erweiterung des Geschäftsbetriebs und einer gewissen Beherrschung des Risikobereichs durch den Betriebsinhaber. Deshalb ist es unerheblich, wie die Beteiligten ihre Rechtsbeziehungen ausgestaltet haben. Beauftragter kann auch ein selbständiges Unternehmen sein, etwa eine Werbeagentur. Entscheidend ist, dass der Werbepartner in die betriebliche Organisation des Betriebsinhabers in der Weise eingegliedert ist, dass der Erfolg der Geschäftstätigkeit des beauftragten Unternehmens dem Betriebsinhaber zugutekommt und der Betriebsinhaber einen bestimmenden, durchsetzbaren Einfluss auf diejenige Tätigkeit des beauftragten Unternehmens hat, in deren Bereich das beanstandete Verhalten fällt. Dabei kommt es nicht darauf an, welchen Einfluss sich der Betriebsinhaber gesichert hat, sondern welchen Einfluss er sich sichern konnte und musste. Der Unternehmensinhaber haftet daher gegebenenfalls auch für ohne sein Wissen und gegen seinen Willen von einem Beauftragten begangene Rechtsverstöße (aaO).
b) Danach ist die ...in Bezug auf den von ihr auf www...de angebotenen Gitarrenkurs Beauftragte der Beklagten im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 2 UKlaG. Die Beklagte fungiert nach ihrem Geschäftsmodell bei Abschluss der Gitarrenkurse als Vertragspartnerin der Verbraucher. Die G., deren Gitarrenkurse die Beklagte im eigenen Namen verkauft, ist in den Verkaufsprozess der Beklagten vollständig eingebunden. Die Beklagte unterhält gar keine eigene Verkaufsplattform für den Gitarrenkurs, sondern lässt diesen von der G. anbieten. Die G. tritt aus Sicht der Verbraucher zunächst selbst (irreführend) wie ein Anbieter des Gitarrenkurses auf ("Bereits hunderte Schüler haben erfolgreich unsere Online-Kurse absolviert", "Bei uns findest du keinen Quatsch! Es gibt keine versteckten Kosten! Wir wollen, dass unsere Mitglieder bei uns bleiben, weil wir gut sind und nicht wegen intransparenter Verträge!"). Sodann...