OLG Düsseldorf: Online-Kündigung von Verbraucherverträgen

Laufzeitgebundene Online-Verträge müssen online auf möglichst einfache Weise gekündigt werden können. Eine 3-stufige Kündigungsprozedur entspricht nicht den gesetzlichen Anforderungen und ist daher unzulässig.

Bei laufzeitgebundenen Onlineverträgen gilt seit dem 1.7.2022: Die Vertragskündigung muss für den Verbraucher möglichst einfach gestaltet und durch Klick auf einen Kündigungsbutton möglich sein. Dies gilt für Streamingdienste, für Abonnementverträge, für Mobilfunk- oder Stromlieferverträge auch dann, wenn die Verträge bereits vor dem 1.7.2022 abgeschlossen wurden. Der Kündigungsbutton soll Verbrauchern die Kündigung durch einfachen Klick ermöglichen, ohne dass sie eine Kündigung selbst formulieren müssen. Mit den Anforderungen dieser Verbrauchervorschrift hat sich das OLG Düsseldorf in einem aktuellen Urteil ausführlich auseinandergesetzt.

Online-Angebot von Strom- und Gasverträgen

Das beklagte Versorgungsunternehmen bot Verbrauchern online den Abschluss von Strom- und Gasverträgen an. Auf der Website des Unternehmens befand sich am unteren Ende der Rubrik „Kontakt“ eine

  • Schaltfläche „Verträge kündigen“.
  • Durch Anklicken dieser Schaltfläche gelangten Verbraucher zu einer Anmeldemaske, mit der sie sich unter Angabe ihres Benutzernamens und dem zugehörigen Passwort anmelden konnten.
  • Nicht registrierte Kunden mussten zum Zwecke ihrer Legitimierung zunächst ihre Vertragskontonummer und die Postleitzahl der Verbrauchsstelle angeben.
  • Durch Betätigung des Buttons „Anmelden“ gelangten die Verbraucher dann in den Kündigungsbereich, in dem sie über einen Klick auf die Kündigungsschaltfläche ihren Vertrag kündigen konnten.

Verbraucherschutzverband klagte auf Unterlassung

Der gemäß § 4 UKlaG klagebefugter Verbraucherschutzverband sah in diesem Vorgehen einen Rechtsverstoß. Es fehle eine Möglichkeit, den Vertrag direkt über eine Kündigungsschaltfläche zu kündigen, ohne sich vorher auf einer separaten Seite anmelden zu müssen. Er mahnte das Unternehmen vergeblich ab und nahm den Anbieter anschließend gerichtlich auf Unterlassung in Anspruch. Das zuständige OLG gab dem Unterlassungsantrag statt. Nach Auffassung des OLG hat die Beklagte die Kündigungsmöglichkeit für Verbraucher auf ihrer Internetseite entgegen den Vorgaben des § 312k Abs. 2 BGB zu kompliziert gestaltet und damit unnötig erschwert.

Die gesetzliche Regelung

Gemäß § 312k Abs. 2 BGB hat ein Unternehmer, der Verbrauchern den Abschluss eines laufzeitgebundenen Vertrages im elektronischen Geschäftsverkehr über eine Webseite ermöglicht, sicherzustellen, dass der Verbraucher auf der Webseite eine Erklärung zur ordentlichen oder außerordentlichen Beendigung des Vertrages über eine Kündigungsschaltfläche abgeben kann.

Klick auf die Kündigungsschaltfläche

Nach Auffassung des OLG wird die von der Beklagten eingerichtete Kündigungsprozedur den gesetzlichen Anforderungen an eine möglichst unkomplizierte Kündigungsmöglichkeit nicht gerecht. Entgegen den Vorgaben des § 312k Abs. 2 Satz 3 BGB werde der Kunde nach Bestätigung der „Kündigungsschaltfläche“ nicht auf eine einzige Website geführt, die die vorgeschriebenen Angaben einschließlich der Bestätigungsschaltfläche für die Durchführung der Kündigung enthalte. Der Kunde werde vielmehr erst nach Ausfüllen der für seine Identifizierung vorgesehenen Felder auf eine gesonderte Webseite geführt, von der aus er dann die Kündigungsschaltfläche anklicken könne. Die Bestätigungsseite sei also aufgespalten in eine Seite zur Identifizierung des Kunden durch Benutzernamen bzw. Vertragskontonummer sowie eine weitere Seite für die eigentliche Kündigung.

3-stufige Kündigungsprozedur ist zu kompliziert

Der Kunde wird nach der Bewertung des Senats damit im Ergebnis gezwungen, zur Absendung einer Kündigung einen 3-stufigen Prozess zu durchlaufen:

  • Zunächst müsse der Kunde die Kündigungsschaltfläche auf der Website anklicken,
  • anschließend gelange er auf die Bestätigungsseite, auf der er die vorgeschriebenen Angaben zu seiner Identifizierung machen müsse
  • und erst im 3. Schritt gelange er auf die Seite, die die Betätigung des Kündigungsbuttons ermögliche.

Dieser Ablauf läuft nach Einschätzung des OLG dem Bestreben des Gesetzgebers entgegen, dem Verbraucher eine möglichst einfache Kündigung zu ermöglichen.

Deutsche Kündigungsregelung verstößt nicht gegen EU-Recht

Ergänzend wies das OLG darauf hin, dass die Vorschrift des § 312 k BGB nicht gegen EU-Recht verstößt. Die Verbraucherrichtlinie der EU 2023/2673 regle lediglich den Widerruf von online geschlossenen Verträgen per Widerrufsbutton sowie eine auf Gewährleistungsrechte begründete Vertragsbeendigung, nicht aber die reguläre, vertragsmäßige Beendigung von Verträgen durch Kündigung. Die gemäß § 312k Abs. 2 BGB geregelte reguläre Vertragsbeendigung durch einen Klick auf den Kündigungsbutton gehöre daher nicht zum Regelungsbereich der EU-VO.

Unterlassungsantrag begründet

Im Ergebnis verstößt nach der Entscheidung des OLG die vorgesehene Kündigungsprozedur damit gegen die Vorgaben des § 312k Abs. 2 BGB und ist daher unzulässig. Damit war der von dem Verbraucherschutzverein eingereichte Unterlassungsantrag begründet.

Entscheidung noch nicht rechtskräftig

Da höchstrichterliche Vorgaben zur Gestaltung der Kündigungsprozedur bisher fehlen, hat der Senat die Revision zum BGH ausdrücklich zugelassen.

(OLG Düsseldorf, Urteil v. 23.5.2024, 20 UKl 3/23)


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Schlagworte zum Thema:  Verbraucherschutz, Kündigung