Entscheidungsstichwort (Thema)
Anforderungen an die richterliche Ermessensausübung bei der Verhängung eines Fahrverbots infolge eines Verstoßes gegen § 24a StVG
Leitsatz (amtlich)
1. Angesichts des erhöhten Unrechtsgehalts und der Gefährlichkeit einer Ordnungswidrigkeit nach § 24a Abs. 2 StVG versteht sich die Angemessenheit der Anordnung eines Fahrverbots von selbst. Anhand der Ausführungen des Tatrichters muss sich allerdings zumindest konkludent nachvollziehen lassen, dass er die Möglichkeit des Absehens vom Fahrverbot in Ausnahmefällen erkannt und ausgeschlossen hat.
2. In Fällen, in denen das Ermessen des Tatrichters ersichtlich auf Null reduziert ist - etwa, weil der Grenzwert im Rahmen des § 24a StVG um ein Vielfaches überschritten wurde oder es sich um einen unbelehrbaren Wiederholungstäter handelt - erscheint es ausnahmsweise als vertretbar, wenn die Prüfung des Vorliegens eines Ausnahmefalles in den Urteilsgründen nicht zum Ausdruck kommt.
Normenkette
StVG § 24a Abs. 2, § 25 Abs. 1 S. 2
Verfahrensgang
AG Buxtehude (Entscheidung vom 18.07.2019) |
Tenor
1. Die Sache wird auf den Senat in der Besetzung mit drei Richtern übertragen, weil es geboten ist, das Urteil zur Fortbildung des Rechts nachzuprüfen (§ 80 a Abs. 3 OWiG).
2. Das angefochtene Urteil wird im Rechtsfolgenausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben. In diesem Umfang wird die Sache zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde, an dieselbe Abteilung des Amtsgerichts Buxtehude zurückverwiesen.
Gründe
I.
Das Amtsgericht hat den Betroffenen des fahrlässigen Führens eines Fahrzeuges im Straßenverkehr unter Rauschmitteleinwirkung schuldig gesprochen und diesen mit einer Geldbuße von 500,- € sowie einem Fahrverbot von einem Monat belegt.
Der Betroffene wurde nach den Feststellungen des Amtsgerichts am 25. November 2017 nach einer Fahrt mit seinem Pkw auf öffentlichen Straßen an seiner Wohnanschrift kontrolliert. Ein durchgeführter Drogenvortest mittels Urinabgabe habe eine positive Testung auf Kokain ergeben. Bei der anschließenden Blutentnahme habe der Betroffene angegeben, ein ephedrinhaltiges Grippemittel konsumiert zu haben. Die Testung durch die das Blut entnehmende Ärztin habe lediglich ergeben, dass er beim Stehen auf einem Bein geschwankt und zittrig gewirkt habe. Die Ärztin sei zu dem Ergebnis einer leichten Beeinflussung, möglicherweise durch Medikamente, gekommen. Die toxikologische Untersuchung durch die Medizinische Hochschule H. habe als Untersuchungsbefund keinen unmittelbaren Befund für Kokain ergeben, allerdings für Benzoylecgonin 117 ng/ml und Ecgoninmethylester s.n. ≪ 5.0 ng/ml. Das Amtsgericht kommt auf der Grundlage eingeholter Sachverständigengutachten zu dem Ergebnis, dass der Betroffene 10 bis 15 Stunden vor der Blutentnahme vorsätzlich Kokain konsumiert habe.
Den festgestellten Sachverhalt hat das Amtsgericht als fahrlässiges Führen eines Kraftfahrzeuges im Straßenverkehr unter Rauschmitteleinwirkung gemäß § 24a Abs. 2 und Abs. 3 StVG gewertet. Bei der Rechtsfolgenentscheidung ist das Amtsgericht von einem Regelfall gemäß Nr. 242 BKat, § 4 Abs. 3 BkatV ausgegangen und hat gegen den Betroffenen ein Bußgeld in Höhe von 500,- € sowie ein Fahrverbot von einem Monat festgesetzt.
Gegen dieses Urteil wendet sich der Betroffene mit seiner Rechtsbeschwerde, mit der er die Verletzung materiellen Rechtes rügt. Er ist der Auffassung, dass die tatsächlichen Feststellungen sowohl zum vorsätzlichen Konsum als auch zu der fahrlässigen Begehungsweise nicht tragfähig seien.
Der Betroffene sei stets dabei geblieben, nie Kokain zu sich genommen zu haben. Es dränge sich nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme auf, dass ihm die Substanz heimlich verabreicht worden sein müsse.
Auch der Fahrlässigkeitsvorwurf sei nicht tragfähig. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme könne nicht davon ausgegangen werden, dass der Betroffene hätte erkennen können und müssen, dass er unter der Wirkung berauschender Mittel gestanden habe.
Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, die Rechtsbeschwerde des Betroffenen als unbegründet zu verwerfen.
II.
1. Die Rechtsbeschwerde war zur Fortbildung des materiellen Rechts auf den Senat in der Besetzung mit drei Richtern zu übertragen (§ 80 a Abs. 3 OWiG). Die Frage, inwieweit auch im Falle eines Verstoßes gegen § 24a Abs. 2 StVG eine Ermessensausübung dahingehend erforderlich ist, ob von der Verhängung eines Fahrverbots ausnahmsweise abgesehen werden kann, ist in der Rechtsprechung bislang nicht abschließend geklärt.
2. Die zulässige Rechtsbeschwerde hat in der Sache den aus dem Tenor ersichtlichen - zumindest vorläufigen - Erfolg und führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils im Rechtsfolgenausspruch und in diesem Umfang zur Zurückverweisung der Sache an die Vorinstanz zur erneuten Verhandlung und Entscheidung.
a) Die Feststellungen des angefochtenen Urteils tragen den Schuldspruch wegen fahrlässigen Führens eines Kraftfahrzeugs unter Einwirkung von Rauschmitteln.
aa) Das Amtsgericht hat zunächst zu...