Entscheidungsstichwort (Thema)
Kostenhaftung des Entscheidungsschuldners gemäß § 24 Nr. 1 FamGKG nicht vor Wirksamwerden der Kostengrundentscheidung
Leitsatz (amtlich)
Die Kostenhaftung des Entscheidungsschuldners gemäß § 24 Nr. 1 FamGKG kann erst geltend gemacht werden, wenn die ihr zugrundeliegende Kostengrundentscheidung wirksam geworden ist. Da Endentscheidungen in Familienstreitsachen (einschließlich der in ihnen enthaltenen Kostengrundentscheidungen) gemäß § 116 Abs. 3 S. 1, 2 FamFG erst mit Rechtskraft oder Anordnung der sofortigen Wirksamkeit wirksam werden, kann auch eine Entscheidungsschuldnerhaftung nach § 24 Nr. 1 FamGKG hierauf erst ab Rechtskraft oder Anordnung der sofortigen Wirksamkeit gestützt werden. Die Inanspruchnahme als Entscheidungsschuldner gemäß § 24 Nr. 1 FamGKG setzt auch voraus, dass die ihr zugrundeliegende Kostengrundentscheidung weiterhin wirksam ist. Mit einem in zweiter Instanz geschlossenen Vergleich, mit dem die erstinstanzliche Kostengrundentscheidung geändert wird, sind Rechtskraft bzw. sofortige Wirksamkeit der erstinstanzlichen Kostengrundentscheidung außer Kraft gesetzt.
Normenkette
FamFG § 116 Abs. 3 Sätze 1-2; FamGKG § 24 Nr. 1
Verfahrensgang
AG Neustadt a. Rbge. (Beschluss vom 15.11.2023; Aktenzeichen 31 F 252/20) |
Tenor
1. Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Neustadt a. Rbge. vom 15.11.2023 geändert. Die Kostenrechnung der Kostenbeamtin des Amtsgerichts - Familiengericht - Neustadt a. Rbge. vom 04.09.2023 wird aufgehoben.
2. Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet (vgl. § 57 Abs. 8 FamGKG).
Gründe
I. Im vorliegenden Unterhaltsverfahren hat das Amtsgericht mit Beschluss vom 22.12.2022 erstinstanzlich abschließend entschieden. Es hat den Antragsgegner unter Ziffer 1 des Tenors zur Zahlung laufenden (monatlich 5.361,00 EUR ab März 2022) und rückständigen (66.909,00 EUR bis einschließlich Februar 2022 abzüglich geleisteter Zahlungen) Trennungsunterhalts an die Antragstellerin verpflichtet, unter Ziffer 2 des Tenors die sofortige Wirksamkeit der Entscheidung angeordnet und unter Ziffer 3 des Tenors bestimmt, dass von den Kosten des Rechtsstreits der Antragsgegner 9/10 und die Antragstellerin 1/10 trägt.
Auf die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss vom 22.12.2022 hat der Senat den Beteiligten - mit Beschluss vom 07.06.2023 - vorgeschlagen, sich dahin zu vergleichen, dass der Antragsgegner der Antragstellerin - bei Aufhebung der Kosten des Verfahrens in beiden Instanzen - laufenden Trennungsunterhalt ab Juli 2023 von monatlich 3.560,89 EUR und rückständigen Trennungsunterhalt bis einschließlich Juni 2023 in Höhe von 31.253,67 EUR zahlt.
Nachdem die Beteiligten diesem Vergleichsvorschlag zugestimmt hatten, ist der entsprechende Vergleichsschluss im schriftlichen Verfahren mit Senatsbeschluss vom 14.06.2023 festgestellt worden.
Mit Kostenrechnung vom 04.09.2023 hat die zuständige Kostenbeamtin des Amtsgerichts dem Antragsgegner sodann aufgegeben, 2.847,07 EUR (9/10 der erstinstanzlichen Gerichtskosten in Höhe von insgesamt 5.205,07 EUR, mithin 4.684,56 EUR, abzüglich eines bereits geleisteten Vorschusses von 1.837,49 EUR) an die Landeskasse zu zahlen.
Mit Schreiben vom 14.09.2023 hat die Kostenbeamtin auf Nachfrage des Antragsgegners mitgeteilt, dass die Kostenrechnung vom 04.09.2023 - trotz des vor dem Senat geschlossenen Vergleichs mit einer anderen Kostenquote für die erste Instanz - Bestand habe. Eine durch gerichtliche Entscheidung begründete Zahlungspflicht erlösche gemäß § 25 FamGKG nur dann, wenn die Entscheidung durch eine andere gerichtliche Entscheidung - nicht durch einen sich anschließenden Vergleich - aufgehoben oder abgeändert werde. Der Vergleich wirke aus kostenrechtlicher Sicht nur im Verhältnis zwischen den Beteiligten selbst.
Der Erinnerung des Antragsgegners gegen den Kostenansatz hat die Kostenbeamtin dann mit Verfügung vom 12.10.2023 nicht abgeholfen.
Mit Schreiben vom 19.10.2023 hat die Bezirksrevisorin bei dem Landgericht Hannover die Zurückweisung der Erinnerung des Antragsgegners beantragt und sich der Argumentation der Kostenbeamtin angeschlossen.
Mit Beschluss vom 15.11.2023 hat der zuständige Richter des Amtsgerichts die Erinnerung des Antragsgegners als unbegründet zurückgewiesen. Als Maßstab für die hier gestellte Kostenrechnung gelte weiter die amtsgerichtliche Entscheidung. Die vor dem Senat geschlossene Vergleichsregelung tauge nicht als neue Kostenregelung. Als Konsequenz hieraus habe der Antragsgegner als Entscheidungsschuldner nach wie vor die Kosten des Verfahrens zu 9/10 gemäß §§ 24, 25 FamGKG zu tragen.
Auf die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss vom 15.11.2023 hat der zuständige Richter des Amtsgerichts die Akten dem Senat vorgelegt.
II. Die Beschwerde des Antragsgegners ist gemäß § 57 Abs. 2 FamGKG statthaft und auch im Übrigen zulässig. Der Wert des Beschwerdegegenstands übersteigt die Wertgrenze des § 57 Abs...