Leitsatz (amtlich)

Zum Begriff des Kennzeichens im Sinne des § 20 Abs.1 S.1 Nr.5 VereinsG.

Der fehlende Verweis auf § 9 Abs.3 VereinsG in § 20 Abs.1 S.2 VereinsG steht einer Strafbarkeit wegen öffentlichen Verwendens von Kennzeichen eines verbotenen Vereins nicht entgegen, wenn identische Kennzeichen von verbotenen und nicht verbotenen Vereinen benutzt werden.

Die Verwechselungsgefahr mit identischen verbotenen Kennzeichen (§ 9 Abs.2 S.2 VereinsG) wird durch Zusätze nur dann ausgeschlossen, wenn diese Zusätze zwangsläufig zusammen mit dem Kennzeichen wahrgenommen werden müssen und ohne weiteres erkennen lassen, dass gerade nicht auf den verbotenen Verein hingewiesen werden soll.

 

Tenor

Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts H. vom 21. August 2006 wird nach § 349 Abs. 2 StPO mit der Maßgabe als unbegründet verworfen, dass die Liste der angewendeten Strafvorschriften zur Klarstellung geändert wird und wie folgt lautet: §§ 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 5, Satz 2; 9 Abs. 2 VereinsG.

Der Angeklagte hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.

 

Gründe

I.

Das Amtsgericht H. hat den Angeklagten wegen öffentlichen Verwendens des Kennzeichens eines verbotenen Vereins gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 5 VereinsG zu einer Geldstrafe von 10 Tagessätzen zu je 190 EUR verurteilt.

Nach den Feststellungen des Amtsgerichts ist der Angeklagte Präsident der Ortsgruppe Hannover des Motorradclubs "Hells Angels MC Germany". Dieser Motorradclub ist in Deutschland in Ortsgruppen, sog. "Charter", gegliedert, die einen regional beschränkten und genau definierten Einzugsbereich haben und rechtlich selbstständig sind. Bei dem Charter Hannover handelt es sich nicht um einen verbotenen Verein; zwei andere selbstständige Charter sind jedoch in Deutschland verboten.

So hat das Bundesministerium des Inneren mit rechtskräftiger Verfügung vom 21. Oktober 1983 den Verein "Hells Angels Motorclub e.V. Hamburg" verboten. Als äußeres Kennzeichen des verbotenen Vereins wurde in der Verfügung das Vereinswappen benannt, das nach der dortigen Beschreibung einen stilisierten, weißen, behelmten Totenkopf mit rechtsseitigen Engelsflügeln auf rotem Grund zeigt und auf der Kleidung der Mitglieder einheitlich zusammen mit den Schriftzügen "Hells Angels" und "Germany" sowie den Buchstaben "MC" angebracht war.

Das Innenministerium des Landes Nordrhein-Westfalen hat mit rechtskräftiger Verfügung vom 11. Dezember 2000 auch den Verein "MC Hells Angels Germany Charter Düsseldorf" verboten. Diese sich auch auf die Verwendung seiner Kennzeichen beziehende Verfügung wurde hinsichtlich der Kennzeichen mit einer ergänzenden Bekanntmachung vom 5. August 2002 näher konkretisiert. Darin heißt es: "Das Vereinswappen des MC Hells Angels Germany Charter Düsseldorf zeigt einen stilisierten weißen behelmten Totenkopf mit rechtsschwingenden Engelsflügeln sowie den Schriftzug "Hells Angels".... Die dort dargestellte, von den Vereinsmitgliedern getragene Lederweste weist auf der Rückseite den roten Schriftzug auf weißem Grund "Hells Angels" auf. Darunter befindet sich der so genannte "Deadhead", ein behelmter Totenkopfschädel in den Farben weiß, schwarz, rot mit einem rechtsschwingenden, gelbfarbenen Engelsflügel. Es ist deutlich erkennbar, dass es keinen Hinweis auf den Charter Düsseldorf gibt..."

Der Angeklagte war am 24. Juni 2005 im Besitz einer Lederweste, die mit verschiedenen Aufnähern versehen war. Auf der Vorderseite der Weste befanden sich im Brustbereich kleinere Aufnäher mit den Schriftzüge "HELLS ANGELS", "RED LIGHT CREW", "PRESIDENT" und "HANNOVER", zudem im linken unteren Bereich ein großes Banner mit dem Schriftzug "HANNOVER". Auf der Rückseite war oben bogenförmig in großen roten Buchstaben auf weißem Grund der Schriftzug "HELLS ANGELS" aufgenäht, in der Mitte befand sich der sog. "Deadhead", ein stilisierter weißer Totenkopf mit rechtsschwingenden gelb-roten Engelsflügeln auf weißem Grund, darunter ein kleiner Aufnäher "MC" und ein großer, wiederum bogenförmiger Banner mit dem Schriftzug "GERMANY". Dem Angeklagten war bekannt, dass das Tragen dieser Motorradweste möglicherweise gegen das Vereinsgesetz verstoßen könnte und dass die Rechtslage insoweit unklar war. Es hatte deshalb eine auch noch am 24. Juni 2005 geltende Absprache zwischen dem Hells Angels Charter Hannover unter Mitwirkung des Angeklagten und der Polizei gegeben, dass die Mitglieder des Charters bis zur endgültigen Klärung der Rechtslage diese Kutten in Niedersachsen nicht trügen.

Am Vormittag des 24. Juni 2005 traf sich der Angeklagte gegen 10.00 Uhr mit anderen Mitgliedern des Charters in der Sch.straße vor dem Club "S.", um zu einem Motorradtreffen nach T. aufzubrechen. Der Angeklagte trug zwar die oben beschriebene Lederweste, hatte sie aber unter seinem Oberhemd verborgen. Als es ihm in der Sommersonne zu heiß wurde, zog er jedoch sein Oberhemd aus, so dass die Motorradkutte etwa fünfzehn Minuten lang für jedermann in der Sch.straße sichtbar war, bis der Angeklagte die Weste auf Aufford...

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