Entscheidungsstichwort (Thema)
Bestimmung des Kindergeldberechtigten; Anwaltsbeiordnung
Leitsatz (amtlich)
1. In Unterhaltsverfahren nach § 231 Abs. 2 FamFG (hier: Bestimmung des Kindergeldberechtigten nach § 64 Abs. 2 Satz 3 EStG), die gem. § 112 Nr. 1 FamFG keine Familienstreitsachen sind, ist die Vertretung durch einen Rechtsanwalt nicht vorgeschrieben.
2. In Unterhaltsverfahren nach § 231 Abs. 2 FamFG ist eine Anwaltsbeiordnung gem. § 78 Abs. 2 FamFG nicht bereits deswegen erforderlich, weil die Familienkasse aufgrund widersprüchlicher Angaben der Eltern zu einer überwiegenden Betreuung der Kinder durch einen von ihnen den Kindergeldberechtigten nicht feststellen kann; die - ggf. durch Beweisaufnahme - zu treffende Feststellung der tatsächlichen Betreuungsanteile gebietet regelmäßig keine Anwaltsbeiordnung.
Normenkette
FamFG § 321 Abs. 2, § 78 Abs. 2
Verfahrensgang
AG Hannover (Beschluss vom 22.02.2011; Aktenzeichen 620 F 772/11) |
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe
I. Die weiteren Beteiligten zu 1. und 2. sind getrennt lebende Eheleute und Eltern der beiden betroffenen Kinder; zwischen ihnen sind bereits verschiedene Verfahren vor dem AG - Familiengericht - Hannover anhängig - eines betreffend den Trennungs- und Kindesunterhalt (620 F 773/11), eines betreffend die elterliche Sorge (620 F 5821/10), eines betreffend den Umgang (620 F 4102/10) sowie ein Scheidungsverfahren (620 F 3778/10) - bzw. vor kurzem abgeschlossen worden - ein einstweiliges Anordnungsverfahren betreffend den Umgang (620 F 6147/10) sowie ein einstweiliges Anordnungsverfahren betreffend die elterliche Sorge (620 F 5221/10).
Im vorliegenden, am 15.2.2011 eingeleiteten Verfahren erstrebt die Kindesmutter (Antragstellerin), sie gem. § 64 Abs. 3 EStG als Kindergeldberechtigte zu bestimmen, und hat um Verfahrenskostenhilfe (VKH) sowie Beiordnung ihrer Verfahrensbevollmächtigten nachgesucht. Hintergrund ist, dass sich die Kinder abwechselnd jeweils mehrere Tage im Haushalt eines der beiden Elternteile aufhalten, wobei die genaue Aufteilung zwischen den Eltern streitig ist. Die Oberfinanzdirektion Niedersachsen - Landesfamilienkasse - sieht sich aufgrund der widersprüchlichen Angaben der Eltern nicht in der Lage festzustellen, wer von ihnen vorrangig kindergeldberechtigt ist.
Die für das vorliegende Verfahren zuständige Rechtspflegerin hat - ohne allerdings aus der Akte ersichtlich dem Antragsgegner zuvor Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben - mit Beschluss vom 22.2.2011, auf den ergänzend Bezug genommen wird, VKH bewilligt, die Beiordnung der Verfahrensbevollmächtigten dagegen versagt.
Gegen diesen, ihr am 25.2.2011 zugestellten Beschluss richtet sich die am 24.3.2011 eingelegte sofortige Beschwerde der Antragstellerin, die das Ziel der Anwaltsbeiordnung weiter verfolgt und vorträgt, im vorliegenden Fall stritten sich die Kindeseltern um die Kindergeldberechtigung, insbesondere darum, wo der Schwerpunkt der Betreuung liege; diese Frage sei "so hoch zerstrittten und unklar", dass die Familienkasse den Antrag der Antragstellerin abgelehnt habe, obwohl diese den Schwerpunkt der Betreuung in ihrem Haushalt dargelegt habe. Die Sach- und Rechtslage sei mithin so schwer, dass die Beiordnung eines Rechtsanwaltes erforderlich sei.
Das AG hat der Beschwerde nicht abgeholfen. Der Einzelrichter hat die Sache dem Senat zur Entscheidung übertragen.
II. Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde der Antragstellerin kann in der Sache keinen Erfolg haben. Zutreffend geht das AG davon aus, dass im Streitfall die Voraussetzungen für eine Anwaltsbeiordnung weder ersichtlich noch von der Antragstellerin dargetan sind.
1. Anders als vom AG angenommen sind für die Frage einer etwaigen Anwaltsbeiordnung vorliegend allerdings nicht §§ 113 FamFG, 121 Abs. 2 ZPO maßgeblich, sondern vielmehr § 78 Abs. 2 FamFG.
Gemäß § 231 Abs. 2 Satz 1 FamFG sind Unterhaltssachen auch Verfahren nach § 3 Abs. 2 Satz 2 BKiGG und § 64 Abs. 2 Satz 3 EStG; allerdings handelt es sich insofern nicht zugleich auch um Familienstreitsachen, denn laut § 112 Nr. 1 FamFG sind dies nur Unterhaltssachen nach § 231 Abs. 1 FamFG, also nicht - wie vorliegend - Unterhaltssachen nach § 231 Abs. 2 FamFG; insofern ist für Verfahren der vorliegenden Art auch § 113 Abs. 1 FamFG nicht einschlägig und führt insofern nicht zur Verdrängung von §§ 76 ff. FamFG hinsichtlich der Vorschriften über die Verfahrenskostenhilfe.
Lediglich der Vollständigkeit halber weist der Senat darauf hin, dass anderenfalls - also bei dem vom AG angenommenen Vorliegen einer Familienstreitsache - gem. § 114 Abs. 1 FamFG die Vertretung durch einen Rechtsanwalt vorgeschrieben wäre, so dass im Falle der Bewilligung von VKH gem. § 121 Abs. 1 ZPO zugleich die Beiordnung eines vertretungsbereiten Rechtsanwaltes zwingend erfolgen müsste.
2. Nach der seit September 2009 - also auch für das vorliegende Verfahren - maßgeblichen Regelung in § 78 Abs. 2 FamFG erfolgt für Verfahren, in denen - wie vorliegend - die Vert...