Entscheidungsstichwort (Thema)
Vergleich gem. § 278 Abs. 6 ZPO. notarielle Beurkundung gem. §§ 127a, 2033 Abs. 1 Satz 2 BGB
Leitsatz (amtlich)
Ein Vergleich, dessen Zustandekommen gem. § 278 Abs. 6 ZPO im schriftlichen Verfahren festgestellt wird, wahrt die gem. § 2033 Abs. 1 Satz 2 BGB erforderliche Form einer notariellen Beurkundung jedenfalls dann nicht, wenn die Parteien weder durch ihre Bevollmächtigen noch durch das Gericht im erforderlichen Umfang belehrt worden sind.
Normenkette
BGB §§ 127a, 2033 Abs. 1 S. 2; ZPO § 278 Abs. 6
Verfahrensgang
AG Hannover (Beschluss vom 18.03.2013) |
Tenor
Die Beschwerde der Antragsteller vom 26.3.2013 gegen den Beschluss des AG - Grundbuchamt - Hannover vom 18.3.2013 wird zurückgewiesen.
Die Antragsteller haben die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
Der Wert für das Beschwerdeverfahren wird auf 6.260,23 EUR festgesetzt.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Antragsteller begehren die Eintragung der Übertragung eines Erbteils in das Grundbuch auf der Grundlage eines nach § 278 Abs. 6 ZPO geschlossenen Vergleichs.
Die Antragsteller haben sich in einem Rechtsstreit vor dem LG Hannover zum Az.: 12 O 103/11 über die Auseinandersetzung einer Erbengemeinschaft gestritten. Mit Beschluss vom 22.1.2013 hat das LG Hannover gem. § 278 Abs. 6 ZPO festgestellt, dass sich die Prozessparteien durch ihre übereinstimmenden Erklärungen verglichen haben. Inhalt des Vergleiches ist der Verkauf des Erbteils der Klägerin an ihre Geschwister, der dinglich auf diese übertragen wurde. Gegenstand des Nachlasses ist (u.a.) ein Grundstück.
Das Grundbuchamt hat mit Beschluss vom 18.3.2013 den Antrag auf Grundbuchberichtigung zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die gem. § 2033 Abs. 1 Satz 2 BGB erforderliche Form der notariellen Beurkundung sei durch den Abschluss des Vergleiches nach § 278 Abs. 6 ZPO nicht gewahrt. Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Antragsteller, die insbesondere auf eine Entscheidung des BAG (NJW 2007, 1831 ff.) verweisen.
II. Die gem. § 71 GBO zulässige Beschwerde ist nicht begründet. Das Grundbuchamt hat zu Recht und mit zutreffender Begründung die beantragte Grundbuchberichtigung verweigert. Die gem. § 2033 Abs. 1 Satz 2 BGB erforderliche Form der notariellen Beurkundung für die Erbteilsübertragung ist durch den gemäß § 278 Abs. 6 ZPO festgestellten Vergleich nicht gewahrt.
1. Allerdings wird die Auffassung vertreten, dass entsprechend dem Willen des Gesetzgebers der Vergleich im schriftlichen Verfahren dieselbe Wirksamkeit entfalten soll wie ein in der mündlichen Verhandlung protokollierter Vergleich und dieser die Form der notariellen Beurkundung wahre (vgl. OLG Frankfurt, Beschl. v. 14.12.2010 - 5 UF 105/10, Rz. 4 für eine schriftliche Vereinbarung über den Versorgungsausgleich gem. § 7 Abs. 2 Versorgungsausgleichsgesetz - aus juris). Ebenso hat das BAG in der oben zitierten Entscheidung die Auffassung vertreten, § 127a BGB sei jedenfalls analog anwendbar, um dem Willen des Gesetzgebers, dass der im schriftlichen Verfahren abgeschlossene Vergleich in seinen Wirkungen dem protokollierten Vergleich gleichstehe (vgl. BT-Drucks. 14/4722, 82), gerecht zu werden (BAG NJW 2007, 1831, 1833 f.).
2. Eine vermittelnde Auslegung nimmt offenbar das OLG München (Beschl. v. 28.9.2010 - 12 UF 1153/10, Rz. 5 für § 7 Abs. 2 Versorgungsausgleichsgesetz - aus juris) ein, dass § 127a BGB jedenfalls dann entsprechend anzuwenden sei, wenn die Vereinbarung auf Vorschlag des Gerichts zustande gekommen ist, weil nur so die Beratungsfunktion indirekt erfüllt werde.
3. Abweichend hiervon hält das OLG Brandenburg die Form des § 127a BGB nicht für erfüllt, wenn die Parteien einen Vergleich gem. § 278 Abs. 6 ZPO geschlossen haben (Beschl. v. 9.10.2007 - 10 UF 123/07 - aus juris; ebenso Staudinger/Hertel, BGB, Oktober 2011, § 127a Rz. 48). Zu demselben Ergebnis kommt ein Gutachten des Deutschen Notarinstituts speziell zu der Frage, ob ein im schriftlichen Verfahren nach § 278 Abs. 6 ZPO abgeschlossener Prozessvergleich die notarielle Beurkundung nach § 127a BGB im Sinne einer Erbteilsveräußerung nach § 2033 Abs. 1 Satz 2 BGB ersetze. Hiergegen spreche sowohl der eindeutige Wortlaut des § 127a BGB als auch der Schutzzweck der Beurkundung durch die Beratung der Beteiligten.
4. Für den - hier nicht gegebenen - Fall einer in einem im schriftlichen Verfahren geschlossenen Prozessvergleich erklärten Auflassung hat das OLG Düsseldorf ausgeführt, die erforderliche Form sei nicht gewahrt, weil es an der nach § 925 Abs. 1 Satz 1 BGB für die Auflassung erforderlichen gleichzeitigen Anwesenheit der Beteiligten fehle (NJW-RR 2006, 1609 ff., Rz. 28 - aus juris).
5. Der Senat schließt sich für den zu entscheidenden Fall der unter Ziff. 3 dargestellten Auffassung an. Der Sinn und Zweck einer notariellen Beurkundung, die Parteien vor übereilten Entscheidungen zu schützen und sie auf eventuelle Gefahren hinzuweisen, ist durch einen im schriftlichen Verfahren geschlossenen Vergleich nach § 278 A...