Entscheidungsstichwort (Thema)
Teilentscheidung auf Abweisung allein des Auskunftsanspruchs bei Verneinung der materiell-rechtlichen Grundlage des Anspruchs insgesamt
Leitsatz (amtlich)
1. Fehlt dem in Form eines Stufenantrages geltend gemachten Anspruch ausnahmsweise unabhängig vom Ergebnis einer etwaigen Auskunft bereits ohne Zweifel die materiell-rechtliche Grundlage (hier: Annahme der vollständigen Verwirkung eines Unterhaltsanspruches), so ist bereits auf der Auskunftsstufe der Antrag insgesamt durch Endbeschluss zurückzuweisen.
2. Eine auf der endgültigen Verneinung der materiell-rechtliche Grundlage beruhende isolierte Zurückweisung allein des Auskunftsanspruches eines Stufenantrages in Form eines Teilbeschlusses stellt eine unzulässige Teilentscheidung dar. Da mit der Entscheidung auf der Auskunftsstufe nicht zugleich eine rechtskräftige Feststellung zum Grund des Leistungsanspruchs erfolgt, besteht die Möglichkeit deren abweichender Beurteilung auf den weiteren Stufen.
3. Zur Verwirkung von Elternunterhaltsansprüchen, die auf Vorgänge außerhalb des Anwendungsbereichs deutschen Rechts gestützt werden soll (hier: Übergabe eines Säuglings nach dem Tod der Mutter an die Großeltern in der Zeit ab 1956 in der damaligen Sowjetunion)
Normenkette
ZPO §§ 354, 301, 538 Abs. 2 Nr. 7; FamFG § 113 Abs. 1 S. 2, § 117 Abs. 2 S. 1; BGB § 1611 Abs. 1
Verfahrensgang
AG Hannover (Aktenzeichen 629 F 1642/14) |
Tenor
1. Der Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren wird vorläufig auf die Gebührenstufe bis 1.500 EUR festgesetzt.
2. Die Beteiligten werden gem. § 117 Abs. 3 FamFG darauf hingewiesen, dass der Senat in der Sache ohne erneut mündliche Verhandlung zu entscheiden beabsichtigt und eine antragsgemäße Verpflichtung des Antragsgegners auf der Auskunftsstufe erwägt. Den Beteiligten wird Gelegenheit für etwaige weitere Stellungnahmen sowie dem Antragsgegner für ein Anerkenntnis des Auskunftsantrages gegeben bis zum 19.9.2014, wobei der Senat eine Entscheidung unmittelbar nach Fristablauf beabsichtigt.
Gründe
I. Die antragstellende Region H. (im weiteren: die Antragstellerin) nimmt im vorliegenden Verfahren den Antragsgegner aus im streitgegenständlichen Zeitraum ab 1.7.2013 durch Leistungsgewährung nach SGB XII an dessen Vater in monatlicher Höhe von 673 EUR übergegangenem Recht auf Elternunterhalt in Anspruch. Der Antragsgegner ist der wiederholten außergerichtlichen Aufforderung zur Auskunftserteilung über seine unterhaltsmaßgeblichen Einkünfte - anders als noch auf seit 2006 regelmäßig erfolgte entsprechende Anfragen - nicht nachgekommen; die Antragstellerin konnte auch unter Inanspruchnahme von Rechtshilfe durch das zuständige Finanzamt, die Rentenversicherungsträger und das JobCenter keine hinreichenden Auskünfte erlangen. Daraufhin hat sie mit am 14.3.2014 eingereichtem Schriftsatz einen entsprechenden Stufenantrag anhängig gemacht, der dem Antragsgegner unter Fristsetzung zur Anzeige der Verteidigungsanzeige binnen zwei Wochen sowie zur Antragserwiderung binnen weiterer zwei Wochen am 4.4.2014 zugestellt worden ist. Abgesehen von einer fristgerechten Verteidigungsanzeige hat der Antragsteller innerhalb der bis zur 6.5.2014 laufenden Erwiderungsfrist keinerlei Schriftsätze eingereicht. Einer ausdrücklichen Auflage unter Fristsetzung bis zum sodann auf den 28.5.2014 anberaumten Anhörungstermin durch das AG zur Vorlage von Einkommensnachweisen für das Kalenderjahr 2013 ist der Antragsgegner nicht nachgekommen. Im Termin hat er einen vom selben Tage datierenden Schriftsatz vorgelegt, in dem er sich gegen seine Verpflichtung bereits zur Auskunftserteilung auf grobe Unbilligkeit beruft und einen Wegfall seiner Unterhaltsverpflichtung gem. § 1611 Abs. 1 Satz 2 BGB geltend macht. Dazu hat er - teils im Schriftsatz, teils im Rahmen seiner persönlichen Anhörung vor dem AG - angegeben, im Oktober 1955 in der damaligen Sowjetunion geboren zu sein. Nach dem Tod seiner Mutter am 28.2.1956 habe sein Vater veranlasst, dass er von seinen in Weißrussland lebenden Großeltern väterlicherseits aufgenommen worden und dort bis zu seinem sechsten Lebensjahr geblieben sei. In der Folgezeit habe er sich zeitweilig "auch ein paar Monate" bei seinem Vater aufgehalten, sei dann aber in den "ebenfalls in St. Petersburg befindlichen" Haushalt seiner Großeltern mütterlicherseits gewechselt. 1993 sei er nach Deutschland gekommen. Erst 2006, als er wegen etwaiger Unterhaltsansprüche seines Vaters angeschrieben worden sei, habe er erfahren, dass dieser ebenfalls in Deutschland lebte.
Der Antragstellerin ist antragsgemäß ein Schriftsatznachlass zu diesem erst im Anhörungstermin erfolgten Vortrag des Antragsgegners eingeräumt worden. Sie hat fristgerecht vorgetragen, der Antragsgegner habe in der Vergangenheit im Hinblick auf die im Kern zutreffend wiedergegebene Vorgeschichte der Familie einen Verwirkungseinwand ausdrücklich nicht geltend gemacht. Der Unterhaltsberechtigte sowie seine nunmehrige Ehefrau hätten zudem im Rahmen der regelmäßig erfolgenden ...