Entscheidungsstichwort (Thema)
Entstehen von Nachabfindungsansprüchen der weichenden Hoferben gegen den die Eigenbewirtschaftung aufgebenden Hoferben bei Verpachtung an einen Landwirt
Leitsatz (amtlich)
Die Verpachtung zur land- oder forstwirtschaftlichen Nutzung fällt auch dann nicht unter § 13 Abs. 4 Buchst. b HöfeO, wenn der Hoferbe die Eigenbewirtschaftung des Hofes auf Dauer eingestellt hat.
Normenkette
HöfeO § 13 Abs. 4 Buchst. b
Verfahrensgang
AG Gifhorn (Beschluss vom 10.03.2022; Aktenzeichen 60 Lw 37/21) |
Tenor
Auf die Anschlussbeschwerde des Antragsgegners und unter Zurückweisung der Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Amtsgerichts - Landwirtschaftsgericht - Gifhorn vom 10. März 2022 insoweit geändert, als zum Nachteil des Antragsgegners entschieden worden ist.
Der Antrag der Antragstellerin wird insgesamt zurückgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens trägt die Antragstellerin.
Der Verfahrenswert wird für die erste und die zweite Instanz auf die Wertstufe bis zu 40.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die am 19. November 2002 verstorbene Erblasserin, die Mutter der Antragstellerin, war Eigentümerin des im Grundbuch von E. Blatt 327 eingetragenen und mit einem Hofvermerk - der am 6. November 2015 gelöscht wurde - versehenen landwirtschaftlichen Grundbesitzes. Mit notariellem Übergabe-, Altenteil- und Abfindungsvertrag vom 13. Dezember 1997 übertrug sie den Grundbesitz im Wege vorweggenommener Erbfolge auf ihre mittlerweile ebenfalls verstorbene weitere Tochter, B.S. (Hoferbin), die von dem Antragsgegner als befreitem Vorerben beerbt worden ist. Die Hoferbin war am 16. Juli 1999, der Antragsgegner am 13. Februar 2019 als Eigentümer in das Grundbuch eingetragen worden. Die Antragstellerin ist zu 1/8 Pflichtteilsberechtigte nach der Erblasserin.
Nach Abschluss des Hofübergabevertrages hatte die Antragstellerin die Feststellung begehrt, dass der Grundbesitz kein Hof im Sinne der Höfeordnung sei. Mit Beschluss vom 19. Juni 2000 (Az. 7 W 42/99) wies der Senat den Antrag zurück und stellte die Hofeigenschaft zum 13. Dezember 1997 fest. Seine Entscheidung stützte der Senat unter anderem darauf, dass die Wiederaufnahme der Bewirtschaftung als Pferdezucht durch die Tochter der Hoferbin, Frau Dr. S., möglich sei. Für die Einzelheiten der Begründung wird auf den Beschluss (Bl. 94 ff.) verwiesen.
Die Erblasserin und ihr Ehemann hatten die Eigenbewirtschaftung des Hofes 1991 eingestellt und die Flächen für jeweils 3-9 Jahre verpachtet. Die Hoferbin führte die Verpachtung des Hofes fort und schloss in der Folge eigene Pachtverträge ab. Die Antragstellerin forderte den Antragsgegner zur Auskunft über die Pachtverträge seit Eintragung der Hoferbin auf. Der Antragsgegner erteilte Auskunft für die Zeit vom 6. November 2015 bis zum 15. Juli 2019 - also von der Löschung des Hofvermerks bis zum Ablauf der 20-Jahres-Frist - über fünf Pachtverträge und errechnete aus den Einnahmen einen Abfindungsanspruch der Antragstellerin von 5.623,09 EUR, den er auch zahlte.
Die Antragstellerin hat behauptet, dass weder bei der Hoferbin noch ihrer Tochter Dr. S. die Absicht bestanden habe, den Hof wieder anzuspannen. Eine Wiederaufnahme des Betriebs sei angesichts des Zustands der Gebäude ausgeschlossen.
Der Antragsgegner hat behauptet, dass bis zur Löschung des Hofvermerks die Möglichkeit bestanden habe, dass Dr. S. den Betrieb als Pferdezucht aufgenommen hätte. Bis auf wenige Ausnahmen seien die Hofgebäude durch die Hoferbin teils umfangreich erneuert worden.
Das Landwirtschaftsgericht, auf dessen Beschluss sowohl wegen der näheren Einzelheiten des Sachverhalts, der tatsächlichen Feststellungen und der Entscheidungsgründe verwiesen wird, hat den Antragsgegner zur Zahlung von 2.649,07 EUR verpflichtet und den Zahlungsantrag im Übrigen sowie den Stufenantrag zurückgewiesen. Aufgrund der Entscheidung des Senats vom 19. Juni 2000 stehe fest, dass ein Hof zunächst vorhanden war. Erst ab 2012 habe das Oberlandesgericht in der Sache 7 W 5/12 (L) seine Rechtsprechung geändert und strengere Anforderungen gestellt. Danach sei nicht mehr von einer Eigenbewirtschaftung auszugehen.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Antragstellerin, mit der sie ihre Anträge weiterverfolgt. Für die Einzelheiten wird auf die Beschwerdebegründung Bezug genommen.
Sie beantragt,
1. den Antragsgegner zu verurteilen, an sie 6.789,05 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 20. April 2021 zu zahlen;
2. im Wege der Stufenklage
a. den Antragsgegner zu verurteilen, ihr Auskunft zu erteilen, welche Pachtverträge Frau B.S. über die im Grundbuch von E. des Amtsgerichts Gifhorn Blatt 327 eingetragenen Grundstücke in dem Zeitraum vom 15. Juli 1999 bis einschließlich 30. September 2012, mit Ausnahme des Pachtvertrages vom 24. April 2014 mit Herrn R.B. über die Flurstücke Flur 5 Flurstück 41/1 und Flur 4 Flurstücke 68, 55, 39 und 56, abgeschlossen hat und welche jährlichen Einnahmen daraus erzielt wurden;
b. den Antragsgegner zu verurteilen, d...